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Ernährung

Echte Liebe: Dieser Typ isst ein ganzes Jahr lang nur Kartoffeln

Die Kartoffel—ein viel zu oft unterschätztes und zu Unrecht verteufeltes Gemüse. Andrew Taylor aus Melbourne ernährt sich seit drei Monaten ausschließlich von Kartoffeln und fühlt sich besser als je zuvor.
Foto von Tom Woodward via Flickr

Seit mittlerweile drei Monaten isst Andrew Taylor, 36 Jahre alt, verheiratet und aus Melbourne in Australien, nur noch Kartoffeln. Am Ende will er sich ein ganzes Jahr von Kartoffeln ernährt haben.

Keine Butter, keine Zwiebeln, kein Grünzeug, kein Fleisch. Nur Kartoffeln. Und das ein oder andere Bier.

Das hört sich nach einem ziemlich schrecklichen Vorhaben an. Aber vielleicht nur, weil wir in unserer modernen Ernährungswelt vergessen haben, dass die Kartoffel ein ziemlich wertvolles Gemüse sein kann. Die unscheinbare Knolle ist zu einer Art Schreckensgespeist mutiert. Eine Art Strohmann für Eltern, die sich fragen, warum ihr Kind so dick geworden ist.Aber das Problem ist nicht die Kartoffel als solche, sondern die Art der Zubereitung. Und gerade in den USA schmeißt man die Erdäpfel entweder in kochend heißes Öl oder zerstampft sie zusammen mit Sahne, Butter und Kartoffeln zu Brei. Immerhin dachte man hier auch in den 80er-Jahren, dass ein Haufen frittierter Kartoffeln in gezuckerte Tomatensauce getaucht gesund sein würde. Aber nur weil Kartoffeln absichtlich ungesund zubereitet werden, heißt das nicht, dass sie das auch sind.

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Nur weil wir, wenn wir Kartoffeln hören, an fetttriefende Pommes frites denken, klingt Andrew Taylors Plan so verstörend.

Wir haben uns mit ihm über seine Knollen-Diät unterhalten.

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Foto mit freundlicher Genehmigung von Andrew Taylor

MUNCHIES: Wie läuft es mit der Diät? Andrew Taylor: Ich fühle mich fabelhaft. Es läuft ganz gut und alles fügt sich irgendwie zusammen. Ich bin voller Energie, schlafe besser und habe viel abgenommen.

Wie viel denn bis jetzt? Hmm … ungefährt 29 Kilo.

Warum hast du dich bei deiner Ein-Jahres-Diät ausgerechnet für Kartoffeln und nicht für etwas anderes entschieden? Die Vorteile von Kartoffeln sind wissenschaftlich und historisch belegt. Die Iren haben sich jahrhundertelang bis zur Großen Hungersnot fast nur von Kartoffeln ernährt, genauso die Holländer. Außerdem gibt es einige Naturvölker weltweit, die sich fast ausschließlich von Kartoffeln ernähren und die sehr gesund sind. Wissenschaft und Geschichte beweisen es also, deshalb dachte ich, dass das klappen sollte.

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Hast du jetzt neue kreative Kartoffelkreationen erfunden? Na ja, ich wollte damit meine Essenssucht bekämpfen. Jemand, der drogen- oder alkoholabhängig ist, sollte am besten komplett mit Drogen oder Alkohol aufhören. Und genau das wollte ich mit dem Essen machen.

Dazu gehört auch, das eigene Essen so langweilig wie möglich zu gestalten, sodass es nicht mehr zu einer Art Seelentröster wird. Ich mache mein Essen bewusst uninteressant, weil ich meine Freude aus anderen Dingen ziehen möchte. Die Kartoffeln koche ich, mache Püree draus oder backe sie im Ofen.

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Du sprichst von Essenssucht, nicht davon, dass du zu viel isst. Wo liegt da für dich der Unterschied? Übermäßiges Essen ist eine Folge der Sucht. Jeder, der übergewichtig ist, ist meiner Meinung nach süchtig nach Essen. Deshalb nenne ich das so. Man kann langfristig nicht abnehmen und schlank bleiben, wenn man nicht die Ursache bekämpft, die Essenssucht. Allein die Symptome zu bekämpfen hilft nicht.

Was sagt dein Arzt dazu? Ich habe vorher mit ihm gesprochen und er hat mir die Diät nicht direkt empfohlen. Aber als ich ihm meinen Plan erklärt habe, hat er mich unterstützt. Er sah keine Gesundheitsbedenken. Er hätte mir diese Art Diät zwar nicht verordnet, aber war einverstanden, mich auf meinem Weg zu begleiten, zu beobachten und Bluttest, Kontrollen und so weiter zu machen.

Musst du irgendwelche Nahrungsergänzungsmittel nehmen? Nur Vitamin B12, sonst nichts. Den Rest der Nährstoffe decke ich durch meine Ernährung. Ende der Woche gibt's die nächsten Ergebnisse des Bluttests, dann weiß ich mehr. Aber ich fühle mich gut und das ist schon mal ein gutes Zeichen.

Bei welchem Essen fiel es dir am schwersten, das von deinem Plan zu streichen? Ich habe kein so richtiges Lieblingsessen, hauptsächlich habe ich Junk Food gegessen. Am besten für meine Gesundheit war, glaube ich, dass ich die Fette von meinem Plan gestrichen habe. Ich esse nichts Fettiges mehr.

Wie viele Kilo Kartoffeln isst du pro Tag? Isst du sie zum Frühstück, zum Mittag und zum Abendessen? Da gibt es keinen strikten Plan. Ich esse so viel, wie ich Lust habe und wann ich Lust habe. Eine feste Struktur habe ich nicht. Ich zähle keine Kalorien und auch nicht, wie viele Kartoffeln ich esse.

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In den ersten Wochen habe ich die Kartoffeln noch abgewogen. Aber nur, weil ich sie in Zwei-Kilo-Säcken gekauft habe und wissen wollte, wie viele Säcke ich brauche. Damals habe ich so 3,5 Kilo pro Tag gegessen, das ist aber mittlerweile wahrscheinlich anders, weil ich es nicht mehr aufschreibe. Jetzt habe ich einen Sponsor, der mir die Kartoffeln liefert. Die kommen jetzt in großen Kartons und ich weiß nicht, wie viel genau ich esse.

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Foto mit freundlicher Genehmigung von Andrew Taylor

Du hast also einen Kartoffel-Sponsor? Ja, genau. Seit Februar werden mir alle Kartoffeln von einem Obst- und Gemüseladen hier aus der Gegend geschickt.

Du bist im Netz unter dem Pseudonym Spudfit unterwegs. Ist das für dich mittlerweile eine Marke oder ein Lifestyle geworden? Hmm, schwer zu sagen. Das haben mir schon viele Leute gesagt, aber ich sehe das nicht so. Ich wollte einfach nur meine Probleme in den Griff bekommen und meine Erfahrung mit den Menschen da draußen teilen. Eigentlich mache ich nur mein Ding. Es wäre toll, wenn ich damit auch Geld verdienen könnte, aber ich wüsste nicht wirklich wie.

Na ja, die Kartoffelindustrie ist groß und so ein Typ wie du ist schon etwas Außergewöhnliches. Viele meinten, ich sollte doch ein Buch oder so schreiben. Aber da würde ja nur ein Satz drinstehen: Iss Kartoffeln.

Vielen Dank für das Gespräch.