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Fleischindustrie

Schockierende Videoaufnahmen von Schweizer Schlachthöfen gipfeln in Anzeige

Die Stiftung Tier im Recht klagt die betroffenen Betriebe wegen qualvoller Tötung an.
Kälber in einem Schweizer Schlachthof

Dieser Artikel stammt aus unserer Redaktion in Zürich.

"Im Schlachthof Zürich, einem der grössten Schlachthöfe der Schweiz, wird alle 15 Sekunden ein Tier ermordet", steht auf dem Flyer, den ich beim Spaziergang auf einer Parkbank gefunden habe. Er wurde von der Tierrechtsgruppe Zürich herausgegeben und ruft dazu auf, die Fleischindustrie zu enteignen und Kapitalismus abzuschaffen. Ein frommer Wunsch, denn in der Schweiz wird jährlich pro Person rund 50 Kilo Fleisch konsumiert, insgesamt waren das 2016 431.760 Tonnen. Zur Demo am 13. Oktober, die mit dem gefundenen Flugblatt angekündigt wurde, kamen laut Veranstalter bloss 150 Personen.

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In der Sonntagszeitung lese ich kurz darauf von den Vorwürfen der Misshandlung und qualvoller Tötung von Tieren gegen zwei kleine Schlachtbetriebe im Kanton Waadt, dem französisch sprechenden Teil der Schweiz. Ich sehe mir die Videoaufnahmen aus diesen Betrieben an, die zwischen März und Oktober 2017 gefilmt und anschliessend anonym an die Stiftung Tier im Recht weitergeleitet wurden.


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Ein Kalb liegt zuckend und verstört im frischen Blut seiner Artgenossen, bevor ihm der Kopf mit einem Messer abgetrennt wird. Der Bolzenschuss ins Gehirn zuvor scheint nicht "gewirkt" zu haben. In einer anderen Szene wird ein Schaf mehrmals mit einem Elektroschockgerät malträtiert. Eigentlich sollte ein einmaliger Schock das Tier komplett betäuben. Im gleichen Raum befinden sich panische Tiere, die dabei zusehen müssen, bevor sie an die Reihe kommen.

Diese verstörenden Videos sind nun Beweismittel in einem Strafverfahren. Tier im Recht hat die beiden betroffenen Schlachtbetriebe in Avenches und Moudon wegen Misshandlung, unsachgemässem Einsatz von Betäubungsgeräten und qualvoller Tötung angezeigt. Laut Rechtsanwältin Christine Künzli wurden von den Mitarbeitern der Schlachthöfe "gravierende Verstösse gegen das Schweizer Tierschutzgesetz begangen", wie sie in der Sonntagszeitung zitiert wird. Die Tierschutzorganisation wirft den Betrieben auch "unsachgemässen Einsatz von Betäubungsgeräten" vor. Das führe "zu erheblichen und unverhältnismässigen Schmerzen, Leiden und Schäden" und erfülle den Tatbestand der Misshandlung.

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Auch das kantonale Veterinäramt Waadt habe die Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet und ein Verfahren in die Wege geleitet, wie es weiter heisst. So seien die Kontrollen bereits verschärft worden, im Betrieb in Avenches habe man ausserdem bereits gemeinsam mit dem Veterinäramt verschiedene Massnahmen ergriffen, unter anderem gebe es dort nun einen Verantwortlichen für Tiersicherheit. Ein sehr seltsamer Begriff, denkt man daran, dass sich Tod und Sicherheit eher selten vereinbaren lassen. Vor allem wenn das frühzeitige Ableben eigentlich unerwünscht wäre (aus Sicht des Tieres zumindest). Welche Bereiche oder Aufgaben diese neu geschaffene Stelle nun in dem Schlachthaus verantwortet, wird nicht kommuniziert.

Beide Schlachthäuser, die von Tier im Recht sowie vom Veterinäramt Waadt angezeigt wurden, sind nach wie vor in Betrieb.

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