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Genuss

Wer leckeres Street Food will, muss zur amerikanisch-mexikanischen Grenze

Trotz Stau und sengender Hitze lässt sich der Rückweg in die USA gut aushalten – dank eines mexikanischen Street-Food-Menüs mit vier Gängen.
Der Stau auf dem Weg zum Grenzübergang und eine Tüte voller Churros
Alle Fotos: bereitgestellt von der Autorin

Der Grenzübergang zwischen dem mexikanischen Tijuana und dem amerikanischen San Diego gehört zu den geschäftigsten Grenzübergängen der Welt. Jeden Tag reisen dort 70.000 Fahrzeuge und 20.000 Fußgänger in die USA ein. Wegen des Andrangs dauert die Überfahrt im Auto um die viereinhalb Stunden. In der sengenden Hitze Mexikos ist das eine regelrechte Qual – eine Qual, die noch viel schlimmer ist, wenn ein Autofenster fehlt, weil es von einem Langfinger eingeschlagen wurde, der dir all dein Hab und Gut geklaut hat. Genau das ist bei uns der Fall.

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Während die heiße Julisonne den Innenraum unseres Autos so aufheizt, dass selbst die Klimaanlage nichts mehr bringt, frage ich mich zusammen mit meinem drei Mitfahrern, wie wir ohne Pässe am besten durch die Grenzkontrolle kommen. Währenddessen laufen verschiedene mexikanische Street-Food-Verkäufer durch die Autoreihen, lehnen sich runter zu den offenen Fenstern und preisen ihre Waren an. Die noch dampfenden Churros sehen richtig verlockend aus. "Frisches Obst!", rufen sie, während sie dazu ihre Körbe voller Agua-Fresca-Getränke balancieren.

Anstatt uns über den zähfließenden Verkehr und den Diebstahl aufzuregen, geben wir lieber unsere letzten 300 Pesos [gut 13 Euro] für Street Food aus. Eine der besten Entscheidungen des ganzen Trips, wie sich herausstellen soll.


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Als Vorspeise holen wir uns Obstsalat mit Mango, Wassermelone, Banane und Papaya. Für den Geschmack hat der Verkäufer das Obst mit Tajín bestreut. Dabei handelt es sich um eine süchtig machende Würzmischung aus getrockneten Chilis, Salz und Limettensaft. Kostenpunkt für den leckeren und abkühlenden Snack? 100 Pesos.

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Als nächstes stehen frisch zubereitete Kartoffelchips auf der Speisekarte. Sie werden uns in einer fast überquellenden Plastiktüte mit scharfer Soße und Limettensaft serviert. Die Chips sind noch warm und fettig. Und fast schon ein bisschen weich. In anderen Worten: echt geil. Bei einem Preis von nur 35 Pesos (rund 1.50 Euro) geraten wir direkt in Versuchung, vier weitere Portionen zu kaufen.

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Um uns vermischen sich die Musik und die Gespräche aus den anderen Autos. Die Leute lehnen sich aus ihren Fenstern, um zu schauen, wie weit der Stau in den Horizont reicht. Irgendwie muss man die Zeit ja totschlagen. Ich steige aus und mache mich auf den Weg zur einzigen Toilette am Grenzübergang. Zwischen den Autoreihen sind so viele Menschen unterwegs, dass ich mir wie bei einem Straßenfest vorkomme. Nach zehn Minuten bin ich wieder zurück bei meinen Freunden. Für die gleiche Strecke werden wir im Auto Stunden brauchen.

"Und was wird jetzt aus unseren Churros?", fragt einer meiner Begleiter besorgt.

Der nächste Gang besteht aus Tamales. Am Stand, der die gedämpften Maisfladen mit verschiedenen Füllungen verkauft, werfe ich einen Blick in den großen Metallbottich. Dampf steigt mir ins Gesicht und ich rieche keine Autoabgase mehr, sondern nur noch Mais und Gewürze. Soll ich die Variante mit Hühnchenfleisch oder doch die mit Schweinefleisch kaufen? Die Verkäuferin lacht und sagt: "Nimm Hühnchen, vertrau mir!" Zur Sicherheit bestelle ich aber noch einen der mit Käse gefüllten Maisfladen.

"Ist jeden Tag so viel los?", frage ich und deute auf die Autoschlangen. "Jeden Tag", antwortet die freundliche Verkäuferin, "inzwischen ist es vielleicht sogar noch schlimmer." Ich will wissen, ob sie mit "inzwischen" die Zeit seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump meint. Die Mexikanerin nickt eindringlich: "Jeden Tag lange Staus." Ich bedanke mich und gehe zurück zum Auto, in dem es endlich etwas kühler geworden ist. Ohne Tisch sind die Tamales nicht ganz so einfach zu essen, aber der perfekt gewürzten Maisteig ist dennoch das Highlight unserer Rückfahrt.

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tamales

Jetzt fehlt nur noch die Nachspeise. Plötzlich kommt jedoch Bewegung in den Stau. "Und was wird jetzt aus unseren Churros?", fragt einer meiner Begleiter besorgt. Ich springe schnell aus dem Auto, um noch eine Tüte der frittierten Teigstangen zu besorgen. Zimt und Zucker fliegen durch die Gegend. Der Fahrer hinter uns hupt wütend, so als ob die zusätzlichen zehn Sekunden Wartezeit noch etwas ausmachen würden. Als wir wieder anhalten, machen wir uns über die Tüte her. Das sind die besten Churros, die ich je gegessen habe. Und mit dem Grenzübergang endlich in greifbarer Nähe schmeckt unser Dessert direkt doppelt so gut.

Kurz darauf stehen wir bei der Passkontrolle. Der Beamte will unsere Papiere sehen. "Nun … die haben wir nicht mehr", antworten wir und erzählen ihm von dem Diebstahl. Er macht den Eindruck, als hätte er die gleiche Geschichte schon unzählige Male gehört. Schließlich gibt er unsere Namen in seinen Computer ein. Schon dürfen wir die Grenze passieren – viel einfacher, als wir erwartet haben. Wahrscheinlich hatten wir von vornherein gute Karten, weil wir alle weiß sind.

Und so brausen wir wieder über einen amerikanischen Highway. Morgen haben wir erstmal die leidige Aufgabe, unsere geklauten Dokumente neu zu beantragen. Heute lassen uns der Zucker auf unseren Fingern und der Tamales-Duft im Auto allerdings jegliche Reue über unseren Trip nach Mexiko vergessen.

Dieser Artikel erschien ursprünglich bei MUNCHIES US.

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