FYI.

This story is over 5 years old.

Vegan

Diese Veggie-Burger sind blutig

Eine neue Generation von Veggie-Burgern steht in den Startlöchern. Und die sind so authentisch, dass sogar an (fast echtes) Blut gedacht wurde. Kein Wunder eigentlich, denn die Food-Industrie befindet sich im Umbruch, was sich positiv auf unsere Umwelt...
Hilary Pollack
Los Angeles, US
Photo courtesy of Impossible Foods

Selbstgefällige Omnivoren lassen Vegetarier nur allzu gerne wissen, dass Fleischersatzprodukte echtes Fleisch nicht annähernd ersetzen können. Diese würden schließlich zu zäh oder künstlich, zu trocken oder schleimig schmecken. Außerdem werde es niemals möglich sein, durch sie dasselbe sinnlich-fleischliche Erlebnis wie beim Essen eines saftigen Cheeseburgers oder Steaks zu erfahren.

Aber Obacht, Fleischesser, denn jetzt kommt die neue Generation Veggie-Burger. Und die sind blutig.

Anzeige

Impossible Foods—ein Start-up aus dem Silicon Valley unter der Leitung von Patrick Brown, einem ehemaligen Biologie-Professor an der Stanford University—erforscht innovative Herangehensweisen zu pflanzlichem Fleisch- und Käseersatz. Das Team um Professor Brown hat es sich laut eigener Website zur Aufgabe gemacht, „den Leuten den großartigen Geschmack und den ernährungsphysiologischen Nutzen von tierischem Essen zu bieten, jedoch ohne seine negativen Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt." Was dieses Start-up von seinen zahlreichen Konkurrenten unterscheidet—darunter Tofurky, Gardein, Daiya, Morningstar Farms und Boca—ist sein Entschluss, das Esserlebnis bei Fleisch- und Käseimitaten so authentisch wie möglich zu gestalten. Dafür haben sie sogar blutrünstige Details bei ihrer Entwicklung berücksichtigt, was den Einsatz von hochmoderner Technik nötig macht.

Das kalifornische Unternehmen beabsichtigt, bei jedermann, also nicht nur bei Fast-Vegetariern, die Lust auf weniger Fleisch zu wecken, was vor allem unserer Umwelt zugute kommen würde. Denn in der heutigen Zeit, die geprägt ist von einer stetig wachsenden Weltbevölkerung, glauben immer weniger Menschen daran, dass in Viehzucht der Schlüssel zum Thema Welternährung liegen kann—vor allem aufgrund der katastrophalen Umweltschäden, die mit ihr einhergehen. Brown hat gegenüber dem Wall Street Journal gewarnt: „Unser heutiges System der Fleisch- und Käseherstellung ist alles andere als nachhaltig und so nicht länger tragbar."

Anzeige

Umso besser, dass die pflanzenbasierten Burger von Impossible Foods dem Original verblüffend ähnlich sehen. Das liegt auch an den Spezialeffekten, an die in Browns Laboren gedacht wurden. So sehen die Veggie-Burger genauso blutig aus (und schmecken auch so) wie echte Burger. Nur dass dafür kein Tier umgebracht werden musste.

Das ohne Blutvergießen gewonnene Blut wird durch Isolierung eines Moleküls produziert, das in Hämoglobin vorkommt. Das ist hauptverantwortlich für den angenehm fleischigen Geschmack, den wir mit einem Steak oder Hamburger assoziieren. Brown und sein Team mussten zudem auch subtile Geschmacksnoten aus echtem Fleisch isolieren. Dabei haben sie Wert darauf gelegt, dass ihr „Fleisch" sowohl von Weitem als auch von Nahem der Textur und Beschaffenheit echter Muskel-, Fett- und Gewebestrukturen täuschend nahe kommt. Dafür war es jedoch erforderlich, so ziemlich bei Null anzufangen. Und das, obwohl Fleischersatzprodukte auf Seitan- und Sojabasis äußerst beliebt sind—und immer beliebter werden. Fest steht aber auch, dass vor allem eiweißsüchtige Sportverrückte Veggie-Burgern bisher oft nicht viel abgewinnen konnten.

Auch wenn man den Burger von Impossible Foods noch nicht kaufen kann (was sich wohl auch—aufgrund von hoher Produktionskosten und anstehender Rezeptverbesserungen—bis Ende nächsten Jahres nicht ändern wird), gab es schon erste Vorkoster, deren Urteil wie folgt lautete: „Es kommt zwar geschmacklich nicht an einen Klasse-Burger ran, hat aber dafür was von einem Truthahn-Patty." Klingt doch eigentlich ganz vielversprechend.

Die Food-Technologie erfährt im Silicon Valley einen Bedeutungswandel, da Firmen wie Hampton Creek und Beyond Meat—dank ihrer eifreien Mayo und ihren sehr nach Hühnchen aussehenden Hühnchenersatzprodukten—zunehmend in den Märkten Fuß fassen können. (Bill Gates hat in beide Unternehmen Geld gepumpt und dazu fast 60 Millionen Euro an Risikokapital für Impossible Foods aufgebracht.) Fleisch aus dem Reagenzglas, das unter Laborbedingungen aus Stammzellen gezüchtet wird, sorgt schon seit vielen Jahren für Gesprächsstoff. Denn immer mal wieder verkündet irgendwo ein Wissenschaftler lauthals: „Ich hab's! Die Produktion kann endlich beginnen!" Doch Verbrauchern bleibt In-vitro-Fleisch weiterhin vorenthalten, was vor allem an den astronomisch hohen Herstellungskosten liegt.

Wie dem auch sei, die Industrie für veganes Essen befindet sich im Umbruch. Seine Macher sind nicht mehr zwangsläufig unternehmerisch denkende Hippies oder Gesundheitsgurus, sondern zunehmend labor-affine Wissenschaftler und Technologie-Mogule.