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Kochshow

"Geile Muscheln!“ – Was dabei rauskommt, wenn Noobs von Profi-Köchen ferngesteuert werden

In der ZDF-Show 'Koch im Ohr' kochen Laien auf Anweisung von richtigen Köchen Gerichte, von denen sie keine Ahnung haben. Warum man dafür ruhig mal die zweite Halbzeit eines schlechten Fußballspiels sausen lassen kann, erfährst du hier.
TV-Koch Horst Lichter moderiert etliche Kochshows beim ZDF, darunter auch „Koch im Ohr“. Foto via imago

Das deutsche Fernsehprogramm besteht aus zwei Sachen: Fußball und Kochshows. Doch was ist das Faszinierende daran? "Die Leute gehen zum Fußball, weil sie nicht wissen, wie es ausgeht", das wusste schon der ehemalige Bundestrainer Sepp Herberger. Und bei Kochshows? Vermutlich ist es das gleiche Herberger'sche Prinzip.

Auch in der neuen ZDF-Show Koch im Ohr ist das nicht anders. Die Sendung läuft seit Oktober dieses Jahres und füllt 43 Minuten Sendezeit am Samstagnachmittag. Horst Lichter, die dauerpräsente, rheinische Frohnatur mit der runden Brille und dem markanten Schnauzbart, moderiert. Er preist die Sendung als "Deutschlands ausgefallenste Kochshow" an und spricht vom "härchtesten Kochwettkampf Deutschlands". Ansonsten hält er sich im Hintergrund, was aber durchaus angenehm für den Zuschauer ist.

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Die Regeln von Koch im Ohr sind einfach: Es gibt zwei Teams, die gegeneinander antreten. Jedes Team besteht jeweils aus einem ahnungslosen Laien am Herd und einem TV-Koch in einer abgeschotteten Kabine. Der Laienkoch ist per Knopf im Ohr mit dem Profi verbunden, der dem Kandidaten so Anweisungen geben kann. Die TV-Köche können über zwei Kameras sehen, was ihre Schützlinge fabrizieren. Die Aufgabe lautet heute: Muscheln Rheinische Art – frei interpretierbar, eine Stunde Zeit.

Sterne- und Fernsehkoch Ali Güngörmüş leitet Team Grün mit Kandidatin Daniela Ziegner aus Bonn, Mitte 30, blonde Haare, Perlenohrringe. Sie outet sich direkt zu Anfang: "Ich kann nicht kochen!" Ali ist dennoch zuversichtlich und sagt: "Ich bin ein Siegertyp!" In Team Rot gehen Kochmuffel Steffen Rücker aus Ofterdingen und der österreichische TV-Koch Alexander Kumptner an den Start. Auch Steffen ist, na klar, absoluter Laie: "Eier kochen traue ich mir zu. Alles Andere: Keine Chance!", schwäbelt der 47-Jährige mit dem schütteren Haar.

Der Countdown läuft – die Partie ist ausgeglichen

Dann geht's an die Kochplatten, der Countdown läuft. Die Teams erweisen sich von Anfang an als ausgeglichen. Daniela ist etwas hektisch und tollpatschig in der Hektik schubst sie beinahe mit dem Ellbogen ihre Risottopfanne vom Herd; Ali, ihr Gegenpol, redet sanft auf sie ein. In Team Rot das umgekehrte Bild: Alex trippelt und springt in seiner Kabine herum, gibt hektisch Anweisungen; Steffen führt unbeeindruckt die Befehle aus. Der kooperative Schwabe zeigt keine Nerven: "Erschtma ganz ruhig."

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Die Kandidaten kochen auf Anweisungen ihrer Coaches Muscheln und dazu Risotto – für blutige Anfänger kein leichtes Unterfangen. Koch im Ohr lebt davon, wie gut die TV-Köche ihr Wissen und ihre Techniken über Funk beschreiben und weitergeben können. Hiermit steht und fällt, ob das Gekochte am Ende gelingt oder voll in die Hose geht. Die Ahnungslosigkeit der Kochlaien erzeugt zusätzliche Spannung: Man kann sich mit den Amateuren am Herd identifizieren, manchmal will man ihnen aber auch zurufen: "Du Idiot, nicht so viel Pfeffer!" – fast so wie beim Fußballschauen: "Spiel ab, du Griepe!"

Die Köche werden nervös: "Du musst Gas geben!"

Der Druck steigt. Daniela und Steffen haben Probleme beim Öffnen und Zerlegen der Jakobsmuschel. Die TV-Köche werden nervös und auch als Zuschauer wird man hibbelig. Hand aufs Herz: Wer weiß schon auf Anhieb, wie man eine Jakobsmuschel verarbeitet? Steffen zerfetzt das Muschelfleisch. Sein Koch im Ohr befiehlt: "Mach Ceviche draus!"—"Cevi-was?" Steffen checkt gar nix, aber er folgt einfach den Anweisungen. Auch der sonst so sanftmütige Ali Güngörmüş wird laut, denn Daniela kommt nicht aus den Puschen: "Du musst Gas geben, Daniela! Das muss mal klappen langsam."

Dann ist die Zeit abgelaufen. Der Juror betritt das Studio. Durch eine Schiebetür schreitet Restaurantfachmann Ralf Bos hinein. Im Hintergrund läuft der "Imperial March" aus Star Wars. Auch Horst Lichter kommt wieder hervor und ruft: "Die Teams haben Großartiges geleistet!" Was für ein Drama!

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Ali und Daniela kredenzen Thymian-Lauch-Risotto mit Jakobsmuscheln und Kirschtomaten an Safransoße, Alexander und Steffen servieren ein tomatisiertes Risotto mit dreierlei Muscheln. Nicht unbedingt ein tägliches WG-Essen. Ralf Bos probiert zunächst Danielas Risotto: "Auf den Punkt." Und die Muscheln? "Wunderbar braun gebraten! Das Schnittbild der Muschel glänzt. Perfekt." Bos ist entzückt. Dann probiert er Steffens Ergebnis. Besonders die Miesmuscheln haben es ihm angetan: "Oh schön! Ah, wenn die so schön weich und wabbelig sind—mmmh, das haste aber schön gemacht!"

"Geile Muscheln!"—Lobeshymnen auf Laienrisotto

Das Urteil fällt Bos schwer: "Beides auf den Punkt, beides derselbe Schwierigkeitsgrad." Mit hauchdünnem Vorteil kürt der Experte Team Rot zum Sieger. "Yeah! Cool, ich hab g'wonne!", ruft Steffen, „War 'ne wahnsinnig geile Show!" Daniela hingegen ist etwas geknickt: „Wer verliert schon gerne? Aber ich habe viel dazu gelernt!" Einen Preis gibt es nicht..

Fazit: In dieser Show zeigen die TV-Köche nicht nur, wie ein Gericht gelingt, sondern auch, dass es gelingen kann, wenn du es als Laie zubereitest. Und das ist ja immerhin ganz tröstlich. Man kann samstags guten Gewissens die knappe Dreiviertelstunde für Koch im Ohr investieren. Zum Beispiel als Alternative zur Bundesliga, aber nur wenn dein Lieblingsverein zur Halbzeit mal wieder hoffnungslos zurückliegt …

Horst Lichter verabschiedet sich derweil: "Tschüss! Geile Muscheln!"

Der Link zur Sendung.