FYI.

This story is over 5 years old.

Hühner

Vegetarisch ist nicht immer weniger grausam

Konsumenten gefällt die Vorstellung, dass ihre Hühner mit biologischem, vegetarischem Futter ernährt wurden. Die Hühner sind darüber aber weniger erfreut—und ihre Gesundheit könnte darunter leiden.

Es ist nicht einfach, ein bewusster Konsument zu sein. Zuerst heißt es, dass Quinoa die Antwort auf alles Schlechte in deinem Leben ist—Rückenfett, Akne, ewige Einsamkeit—und dann erfährst du plötzlich, dass deine Besessenheit von diesem Pseudogetreide das Leben zahlreicher Peruaner und Bolivianer ruiniert. Oder vielleicht fühlst du dich gut, weil du öfter mal zu den vegetarischen Würstchen statt der normalen greifst, bis du herausfindest, das die „gesunden" Veggie-Würstchen nur so vor hochindustriell verarbeiteten Chemikalien und Natrium strotzen. Aber zumindest kann man sich auf die Basics verlassen: Weiderind und Freilandeier von vegetarisch ernährten Hühner. Stimmt's?

Anzeige

In einem aktuellen Artikel in der Washington Post argumentiert der Autor, dass wir uns zwar vielleicht besser fühlen, wenn wir wissen, dass unsere Eier von vegetarischen Hühnern stammen, weil es nur allzu einfach ist, davon auszugehen, dass fleischfressende Hühner in Massentierhaltungsbetrieben ihre Brüder, Schwester und Babys in Pulverform vorgesetzt bekommen. Die Hühner selbst sind aber nicht ganz so erfreut, auch wenn die Hersteller von Bio-Eiern gerne auf die scheinbar gesündere und ethischere fleischlose Ernährung ihres Geflügels hinweisen.

Hühner sind nämlich Allesfresser, die gerne die kleinen Würmer und Insekten mit ihren Krallen aus der Erde klauben. Wie viele andere Vögel mögen auch Hühner Fleisch eigentlich ganz gerne. Es geht aber hier nicht nur um Geschmacksvorlieben, ohne Fleisch können Hühner krank werden.

Ernährungstechnisch gesehen brauchen Hühner eine essentielle Aminosäure mit dem Namen Methionin, die Menschen beispielsweise durch Nüsse, Samen, Fisch, Fleisch und eben Eier zu sich nehmen. Methionin ist in der Geflügelzucht als Nahrungsergänzungsmittel erlaubt, aber nicht alle Farmen verwenden es in ihrem Futter und wenn sie es tun, ist es normalerweise eine synthetische Version, die nur einen sehr geringen Prozentsatz des Futters ausmacht, weil gesetzliche Richtlinien den Einsatz regulieren. Bauern sagten gegenüber der Washington Post, dass die mit Soja und Mais ernährten Hühner ohne die Aminosäure gewalttätig und wild werden und anfangen, sich gegenseitig zu picken. Freilandhühner können einfach im Erdboden nach Käfern suchen, Hühner in Kleingruppenkäfighaltung beispielsweise haben diesen Luxus nicht.

Das Problem ist so ernstzunehmend geworden, dass Bauern neue Bestimmungen im Hinblick auf das Hühnerfutter fordern.

Ernie Peterson von Cashton Farm Supply in Wisconsin sagte zur Washington Post: „Es ist einfach nicht richtig, dass wir ihnen diese Ernährung aufzwingen … Es gibt Leute, die sich scheinbar um Tierschutz kümmern. Wo sind die? Das ist Tierquälerei." Ein anderer Bauer zog den Vergleich mit Zoobesuchern, die sagen, „sie wollen nur den vegetarischen Tiger sehen".

Für Bauern, deren Hühner sich auf Wiesen aufhalten, wo sie nach Belieben in der Erde herumgraben können, ist das Methionin-Problem keine so große Sorge. Aber für die vielen Bauern, deren Hühner im Winter drinnen bleiben müssen—oder wenn es nicht genug Platz gibt, die Vögel draußen zu beherbergen—ist eine vegetarische Ernährung vielleicht gar nicht so gut für die Hühner, wie für das Gewissen der Konsumenten.