Haarige Krabben haben China fest in der Hand

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krabben

Haarige Krabben haben China fest in der Hand

Die Chinesische Wollhandkrabbe hat Ostchina mit ihren stacheligen, fellbesetzten Scheren fest im Griff. Dort gilt sie als Delikatesse während sie in Europa als Schalentier-Äquivalent einer Ratte angesehen wird.

Eriocheir sinensis—bekannter unter dem Namen Chinesische Wollhandkrabbe—hat ihre stachligen, mit Fell gezierten Scheren fest um Ostchina gekrallt. Es scheint, die krabbelnden Süßwassertiere, die auf Mandarin da zha xie heißen, sind einfach überall. Du findest sie in jedem Supermarkt und jedem Fischhändler—schön aufgereiht oder im Wassertank umherschwirrend—und ihre unverwechselbare Silhouette klebt in jedem Schaufenster.

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Das liegt am glücklichen Zufall, dass der Reifezeitpunkt der wertvollen Rogen—die schleimigen, orangen Eier—der Krabben mit der jährlichen Goldenen Woche um den Nationalfeiertag am ersten Oktober zusammenfällt. Der weibliche Rogen ist ungefähr zwei Wochen vor der Goldenen Woche im Oktober reif und deshalb sind die zwei Dinge so untrennbar miteinander verbunden wie Truthahn und Weihnachten in Großbritannien.

Alle Fotos von Jamie Fullerton.

Anders als aber das trockene Truthahnfleisch, wird diese Verbindung durch ihre unglaubliche Köstlichkeit bestärkt. Während der Truthahn nur aus Tradition und nicht wegen des leckeren Geschmacks überlebt (oder auch nicht …), sind die Wollhandkrabben mit ihren tollen/angsteinflößenden haarigen Beinen wirkliche Delikatessen.

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In Europa sind sie weniger beliebt und werden gar als schädliche Plage angesehen. In Schottland wurden Anfang des Jahres einige Tiere dieser Art gesichtet und die Schotten befürchteten, dass diese hartnäckigen und gefräßigen Kreaturen sich über den heimischen Lachsbestand hermachen. „Sie können so groß wie ein Teller werden und gehören zu den 100 schlimmsten gebietsfremden Arten", verkündete die BBC in einem Bericht. „Sie fressen einheimische Arten, zerstören Flussufer und fressen Fischeier."

Im Jahr 2012 waren diese Krabben scheinbar für die Beschädigung von Staudämmen in Deutschland verantwortlich, was einen Schaden von mehreren Millionen Euro verursachte. Letztes Jahr exportierte Deutschland die kontroversen Krebstiere nach China, weil deren Bestand vermutlich aufgrund der Umweltverschmutzung in letzter Zeit geschrumpft ist.

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Die Verkaufszahlen sind dieses Jahr in China zurückgegangen, was sich wahrscheinlich auf das harte Durchgreifen des Präsidenten Xi Jinping gegen den Konsum von Luxusgütern für Regierungsangestellte zurückführen lässt. Viele, die den Rückgang spürten, sind um den Yangcheng-See angesiedelt, der sich eine kurze Autofahrt von der Shanghaier Satellitenstadt Kunshan entfernt befindet und hunderte von Krabbenfarmern und Gastronomen versorgt. Trotz der rückläufigen Verkaufszahlen wimmelt es in der Gegend nur so von Großhändlern und Touristen, die an die Quelle der Delikatesse reisen wollen.

Ich wollte unbedingt mehr über diese unheilvollen und gleichzeitig geliebten Kreaturen erfahren (und natürlich massenhaft davon essen) und deshalb machte ich mich auf den Weg zum Zentrum der Krabbenfarmer in der Nähe des Sees. Yao Jinliang vom Krabbenfang-Unternehmen Xiao Yao Xie zeigte mir gerne seine Beute.

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Die Krabben wurden im nahegelegenen See gefangen und dann in ihre blauen Gefängnisse geworfen. Dort knabberten die haarigen Dinger friedlich an Fischköpfen und hangelten sich an den Decken ihrer geschlechtergetrennten Käfige entlang. Yao sagte, er hätte letztes Jahr ungefähr 40 000 bis 50 000 Wollhandkrabben verkauft und obwohl er sich Sorgen über die Berichte über die niedrigeren Verkaufszahlen mache, sei es zu früh, um zu sagen, ob 2014 ein schlechtes Jahr für ihn wird.

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Er erklärte mir, dass die weiblichen Tiere größer als die männlichen sind und einen anderen Geschmack haben. Außerdem haben sie derzeit mehr Rogen, weil sie früher ausgewachsen sind, als die männlichen. Oben, eine weibliche Krabbe.

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Und das ist eine männliche Krabbe.

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Nachdem ich mir für 130 Yuan (16,50 Euro) eine männliche und eine weibliche ausgesucht hatte, klappte Yao deren extrem scharfe Beine und Scheren zusammen …

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…und schnürte sie fachmännisch fest, bereit für den Transport.

Two-tied-uncooked

Von da aus machte ich mich weiter zur Restaurantmeile der Gegend. Bis vor kurzem gab es auf dem Yangcheng-See noch einige schicke schwebende Restaurants, aber ihre negative ökologische Auswirkung auf den See führte dazu, dass sie schließen mussten. Stattdessen wurden sie von unansehnlichen Betonbauten ersetzt.

Die Köche des Xin Qian Xi Restaurants erklärten sich bereit, meinen Fang zu kochen. Die Kellnerin empfahl mir eine beliebte minimalistische Zubereitung, bei dem die Krabben nur gedünstet und mit Essig und Ingwer serviert werden, damit der Fokus auf dem Fleisch liegt und nicht auf irgendeiner überflüssigen Sauce.

Glaubt man der chinesischen Tradition, ist das Fleisch der Wollhandkrabben kühlend und deshalb sollte es mit einem warmen Nahrungsmittel kombiniert werden, deshalb Ingwer.

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Es gibt verschiedene Techniken, eine gekochte Krabbe in der Schale in Angriff zu nehmen, aber es ist immer am besten, zuerst vorsichtig die Vorderseite aufzubrechen. Bei einer Wollhandkrabbe, die gerade in Saison ist, wird dadurch der goldene, schleimige Rogen freigelegt. Es schmeckte ausgezeichnet: reichhaltig und angenehm klebrig.

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Nachdem du die Rogen verzehrt hast, ist jede Technik erlaubt, um an den Rest des zarten weißen Fleischs zu gelangen. Zusammen mit dem Ingwer und dem Essig schmeckte es wunderbar.

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Die extreme Beliebtheit in China wird dafür sorgen, dass die Wollhandkrabbe als charakteristisches Essen für die Goldene Woche erhalten bleiben wird. Schottland und Deutschland können sie so viel hassen, wie sie wollen, aber nachdem ich diese Rogen probiert habe, begrüße ich die Wollhandkrabbe mit offenen Armen.

Oder vielleicht halte ich sie eher vorsichtig an der Schale fest, damit sie mir meine Finger nicht abbeißt.