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High, flachgelegt und ausgeraubt: Erlebnisse eines Pizzalieferanten

„Ich war 17, hatte Angst und wusste nicht, wie ich mit der Situation umgehen soll. Letztendlich waren es aber auch nur betrunkene, nackte Erwachsene, die eine Pizza haben wollten.“

Willkommen zurück zu den Restaurant Confessionals, wo wir den Leuten aus der Gastronomie eine Stimme geben, die ansonsten viel zu selten zu Wort kommen. Hier erfährst du, was sich hinter den Kulissen in deinen Lieblingsrestaurants so alles abspielt.

Ich war 16, als ich anfing, als Pizzalieferant zu arbeiten. Das habe ich dann mehr oder weniger neun Jahre lang gemacht. Meine Kunden bestanden fast zu 100 Prozent aus Studenten, weil sich das Lokal mitten auf dem Campus einer großen Universität befand. Im Vergleich zu den normalen Pizzaketten war es ganz anders—sowohl was die Lage als auch was die Öffnungszeiten anbelangt: Wir hatten jeden Tag bis 3:30 Uhr geöffnet. Und das führte zu ein paar ausschweifenden Situationen.

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Mir wurden Shots und Bier angeboten. Wenn ich ein Bier in vier Sekunden exen konnte, bekam ich 20 Dollar Trinkgeld. Je mehr ich mitmachte, desto mehr Trinkgeld bekam ich.Meistens dauerten meine Schichten von sieben Uhr abends bis fünf Uhr am nächsten Morgen—wir lieferten durchgehend aus. Je nachdem wie viel los war, bemühten wir uns, jede Bestellung in 15 bis 20 Minuten zuzustellen, aber es gab keine bestimmte Zeit, an die wir uns halten mussten. Wenn jemand mal eine Pause machen wollte, ließen wir das durchgehen, weil es so viele Fahrer gab. Und da jeder sein eigenes Trinkgeld behalten durfte, waren alle zufrieden.

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Einmal bestellte meine Freundin eine Pizza und sorgte dafür, dass ich ihr Zusteller war. Ich fuhr zu ihr rüber und wir machten eine Stunde lang rum. Es war nur ein Vorwand, um mich zu ihr zu locken. Aber verrückte Erlebnisse waren keine Seltenheit, besonders nach Mitternacht.

Ich war 17, hatte Angst und wusste nicht, wie ich mit der Situation umgehen sollte. Letztendlich waren es aber einfach ein paar betrunkene, nackte Erwachsene, die eine Pizza wollten.

Ein anderes Mal—ich war noch ganz neu—stellte ich der „Cougar-Community", wie wir sie nannten, eine Pizza zu. Das waren ein paar einsame Hausfrauen, die immer in ihrem Whirlpool tranken. Ich erreichte das Haus und sah ein Schild an der Tür, auf dem stand: „Komm nach hinten". Ich ging also um das Haus herum und sah zwei Typen—wahrscheinlich so Mitte 20—und diese 40-jährigen Damen, die alle nackt im Whirlpool saßen. Sie versuchten, mich zu überreden, mit ihnen in den Whirlpool zu steigen. Ich solle doch nach der Arbeit vorbeikommen und mit ihnen abhängen. Ich war 17, hatte Angst und wusste nicht, wie ich mit der Situation umgehen sollte. Letztendlich waren es aber einfach ein paar betrunkene, nackte Erwachsene, die eine Pizza wollten.

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Ich kann das zwar nicht überprüfen, aber einer meiner Arbeitskollegen stellte eine Pizza zu und bekam von der Kundin seinen ersten Blowjob. Das Mädchen bot ihm an, ihm einen zu blasen, wenn sie im Gegenzug die Pizza gratis bekommt. Das klingt verrückt, aber die Geschichte war ziemlich überzeugend, besonders sein Grinsen im Gesicht, als er zurückkam.

Versaute Witze hören wir ständig und Leute bestellen „extra viel Wurst". Das sind alles Studenten, die denken, sie wären wahnsinnig lustig. Manchmal werden wir gebeten, pornographische Bilder auf die Boxen zu zeichnen. Zum Glück gab es ein paar Künstler in unserem Laden, die das meistens übernommen haben. Aber die Porno-Anspielungen waren nicht immer nur scherzhaft gemeint.

Eines der verrücktesten Erlebnisse als Pizzalieferant war, als ich eine Verbindungsparty belieferte. Ich öffnete die Tür und ein Mädchen stand vor mir, das mich ins Haus hineinzog. Sie nahm mir den Hut ab und fing an, meinen Gürtel aufzumachen. Ein Typ stand mit einer dieser Handkameras daneben. Ein anderes Mädchen lief oben ohne an uns vorbei, zerrte mich dann in ein Zimmer und bat mich, mit ihr die Fantasie nachzuspielen, die sie schon so lange hatte. Ich hatte damals eine Freundin und war einfach nur geschockt. Es war so surreal. Ich gab mein Bestes, freundlich zu bleiben, und da wegzukommen. Die hatten da auf jeden Fall irgendeine Amateur-Pornosache am Laufen, bei der ich nicht mitmachen wollte—andere Leute vielleicht schon.

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Das waren die guten Erlebnisse. Einmal wurde ich aber angegriffen. Ich fuhr in eine zwielichtige Gegend im Industriegebiet, die gerade noch in unserem Lieferradius lag. Weil die Straßen nicht beleuchtet waren, konnte ich das Haus des Typen nicht finden. Er sagte, er würde mir den Weg zu sich erklären und ich würde ein großzügiges Trinkgeld bekommen, wenn ich seine Pizza trotz der Schwierigkeiten zustellte. Irgendwann stand ich schließlich vor der richtigen Adresse und das Haus sah wie eine heruntergekommene Fabrik aus. Sofort dachte ich mir, Scheiße, das ist nicht gut. Auf dem Parkplatz saßen zwei Typen unter einem Licht. Ich ging zu ihnen, um ihnen die Pizza zu geben und das erste, was einer der beiden Typen sagt: „Bist du schon mal angegriffen worden?" Er packte mich von hinten im Würgegriff, während mir der andere Typ die Pizza aus der Hand riss. Nachdem sie mich ein bisschen verprügelt hatten, sagte der eine zum anderen, er sollte aufhören und sie ließen mich gehen. Wir lieferten uns noch ein übles Wortgefecht, aber dann zog ich so schnell ab, wie ich konnte und rief die Polizei. Von da an beschloss ich, immer einen Taser und einen Baseball-Schläger mitzunehmen, aber natürlich passierte danach nie mehr etwas.

Falls du es noch nicht wusstest: Fast alle deine Pizzalieferanten sind high.

Richtig knapp war es, als ich einem Typen eine Pizza zustellte, der voll auf Meth war und dachte, ich käme, um ihn umzubringen. Als er realisierte, dass ich ihm nur seine Pizza bringe, hörte er gar nicht mehr auf, sich zu entschuldigen. Nach diesem Vorfall setzten wir ihn auf unsere schwarze Liste.

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Manche meiner Kollegen verdienten sich noch ein bisschen etwas dazu, indem sie auch andere Sachen als Pizza zustellten, wenn du weißt, was ich meine. Ein Typ vertickte mit fast jeder Bestellung Gras. Eigentlich war es ein Geheimnis, aber die Leute, die sich mit ihm bekifften, waren eingeweiht. Falls du es noch nicht wusstest: Fast alle deine Pizzalieferanten sind high. Irgendwann entwickelte sich auch so etwas wie ein Taxi-Geschäft. Wenn ich gerade durch die Innenstadt fuhr, wo die ganzen Bars waren, winkte mich manchmal jemand raus, als wäre ich ein Taxi. Manchmal fragte ich dann die Person, wohin sie wollte und wenn es auf meiner Route lag, nahm ich sie mit. Ein Typ bezahlte einem Fahrer einmal 100 Dollar für eine Strecke von gut 3 km.

Ich habe auch schon Sandwiches zugestellt, chinesisches Essen, alles—aber aus irgendeinem Grund ist Pizza das Schlimmste. Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, dass 75 Prozent meiner Kunden betrunken waren, oder zumindest auf dem besten Weg dahin. Die verrückten Dinge passierten immer nur, wenn ich Pizza zustellte und nie mit anderem Essen.

Aufgezeichnet von Tove Danovich

MUNCHIES präsentiert: Der Pizzakönig