Mein Job an der Garderobe war perfekt, um Pillen an die Reichen von Manhattan zu verkaufen

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Restaurant Confessionals

Mein Job an der Garderobe war perfekt, um Pillen an die Reichen von Manhattan zu verkaufen

„Die Arbeit in dem Restaurant hat mir mehr über das Leben in New York beigebracht als alles andere: Nimm die Dinge wie sie sind, bau dir ein kleines Nebengeschäft auf und hab immer ein Arsenal an Medikamenten zu Hause, denn du weißt nie, wann dir das...

Willkommen zurück zu den Restaurant Confessionals, wo wir den Leuten aus der Gastronomie eine Stimme geben, die ansonsten viel zu selten zu Wort kommen. Hier erfährst du, was sich hinter den Kulissen in deinen Lieblingsrestaurants so alles abspielt.

Direkt nach meinem College-Abschluss kam ich aus dem Mittleren Westen nach New York und fing sofort an, in einem Restaurant zu arbeiten. Ich habe den Leuten die Garderobe abgenommen und sie einem Tisch zugewiesen. Ich hatte null Erfahrung und hätte den Job eigentlich nicht bekommen sollen. Aber meine Mitbewohnerin, die in einem der anderen Restaurants dieses Kochs arbeite, hat alles gegeben, mir einen Job zu beschaffen, als sie hörte, dass ich nur ein unbezahltes Praktikum hatte und keinen Plan hatte, wie ich an mehr Geld kommen sollte.Eines Tages erzählte mir der Barkeeper nach der Arbeit, wie all diese reichen Mamas aus Tribeca ihn ständig nach Pillen wie Xanax oder Klonopin fragten.

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Zufälligerweise bekomme ich seit dem College Klonopin auf Rezept und habe daher einen großen Vorrat zu Hause gehabt. Also hat der Barkeeper alle Kundinnen, die ihn nach Medikamenten gefragt haben, zu mir rübergeschickt und ich habe ihnen ein paar Pillen in die Jackentaschen gepackt. Sie hatten keine Ahnung, wie viel so etwas kosten sollte, und Geld war ihnen irgendwie auch egal. Meinem Kollegen habe ich 10 Prozent abgegeben. So entstand ein ziemlich florierendes Geschäft.

Er hat den Frauen nur gesagt, dass eine 2-mg-Tablette 20 Dollar kostet—was einfach nur Wucher ist. Normalerweise kosten die maximal 10 Dollar das Stück und das wären schon New Yorker Preise. Aber denen war es egal, wie viele Tabletten sie bekommen, sie gaben mir einfach nur einen Batzen Geld, damit sie das nächste Mal noch mehr Stoff ohne großes Gerede bekommen. Oft habe ich 60 bis 100 Dollar Trinkgeld bekommen und ihnen im Gegenzug ein paar Klonopin in die Taschen gepackt.

Wenn du keine Ahnung hast, wie Clonazepam, der Wirkstoff hinter Klonopin, wirkt, stell dir einfach vor, du hast einen Hund, der einfach nicht aufhört zu bellen und du willst, dass er verdammt noch mal chillt. Also gibst du ihm ein Beruhigungsmittel.

Sie kamen einfach nur an und sagten: „Der Barkeeper meinte, Sie könnten mir einen Tisch besorgen und mir meine Garderobe abnehmen." Das war der Code für Tabletten. Nicht alle meiner Kunden waren weiblich, aber gut 80 Prozent. Diese ganzen Muttis haben es dann ihren Freundinnen weitererzählt und so wuchs unser Geschäft. Sie gaben mir ihre Jacke, holten sich ein Glas Wein, um dann 20 Minuten später ihre Garderobe wieder abzuholen und mir einen Batzen Geld zu geben.

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Ich habe 18 Dollar die Stunde verdient, obwohl ich eigentlich nichts machte außer rumzusitzen und zu rauchen, die Jacken aufzuhängen und den Leuten ihre Tische zuzuweisen. OK, und Drogen zu verkaufen. Ich weiß nicht genau, wie viel die Kellner verdient haben, aber es war fast nichts und sie mussten sich ihr Trinkgeld auch noch teilen. Wahrscheinlich habe ich durch mein kleines Nebengeschäft sogar mehr verdient als alle Kellner zusammen.

Wenn du keine Ahnung hast, wie Clonazepam, der Wirkstoff hinter Klonopin, wirkt, stell dir einfach vor, du hast einen Hund, der einfach nicht aufhört zu bellen und du willst nur, dass er verdammt noch mal chillt. Also gibst du ihm ein Beruhigungsmittel. Genau so wirkt Clonazepam: Erst bist du absolut energiegeladen, dann auf einmal total abgestumpft, vor dir kann jemand ermordet werden und du denkst dir einfach nur: „Oh ja, das war verrückt." Dir ist alles komplett egal. Diese ganzen Mütterchen hatten alle Kinder, auf die die Nannys aufpassten, und sie wollten einfach ihrem schicken Leben entfliehen.

Zum Glück hatten wir nie Probleme mit dem Nachschub. Auf dem College hatte ich von diesem Arzt gehört, dem man einfach nur sagen musste, was man braucht und der dir sofort ein Rezept ausstellt. Also haben wir uns manchmal tagelang mit einer Pulle Sangria und ein paar Klonopin ausgeschaltet. Wenn du Klonopin mit Alkohol kombinierst, drehst du quasi völlig ab. Nach Tagen kommst du wieder zu Bewusstsein und alle um dich rum meinen nur: „Oh mein Gott, gestern Nacht war so abgefahren. Ich kann immer noch nicht glauben, dass du an der Stange getanzt hast." Und du sagst daraufhin nur: „Ha ha, ja ich erinner' mich noch voll dran." Es löscht dir jegliche Erinnerung aus.

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Ich habe mehr Geld mit dem Pillenverkauf verdient als mit jedem meiner drei richtigen Jobs danach. Manchmal schickten mir die Leute auch Weihnachtskarten mit ein bisschen Geld als Dank dafür, dass ich ihnen das Zeug beschafft habe.

Irgendwann wurde ich dann immer süchtiger danach und der Arzt erhöhte meine Dosis einfach weiter. So viele Rezepte sollte kein Arzt irgendeinem Patienten verschreiben. Als ich dann in den Nachrichten gesehen habe, wie alle möglichen Stars wie Stevie Nicks von Klonopin abhängig waren, hat mir das richtig Schiss gemacht, also habe ich aufgehört. Aber das Rezept hab ich mir immer wieder verschreiben lassen, das erschien mir nur klug.

Und am Ende hat es sich finanziell ziemlich gelohnt. Das Geschäft lief gut acht Monate, im Sommer wurde es etwas komisch, aber wer das Zeug unbedingt wollte, der fand auch einen Weg: Sie trugen dann dünne, modische Jacken, selbst Mitte Juli. Genauso komisch war es, wenn meine Chefs vom Praktikum vorbeischauten.Ich habe das New Yorker Leben gelebt: Tagsüber Praktikantin in einem High-Fashion-Unternehmen und nachts in einem High-End-Restaurant gearbeitet. Meine Chefs kamen ab und zu vorbei, ich war nur die kleine Praktikantin, der es voll peinlich war, dass sie als einzige einen Zweitjob brauchte—aber eigentlich verkaufte vor ihren Augen ich Drogen.

Ich habe mehr Geld mit dem Pillenverkauf verdient als mit jedem meiner drei richtigen Jobs danach. Manchmal schickten mir die Leute auch Weihnachtskarten mit ein bisschen Geld als Dank dafür, dass ich ihnen das Zeug beschafft habe. Der Leiter eines großen New Yorker Kunstmuseums hat mir jedes Jahr zu Weihnachten einen Scheck in Höhe von 100 Dollar geschickt, selbst noch Jahre nachdem ich in dem Restaurant aufgehört habe. Irgendwie war ich immer auf seiner Weihnachtsliste.

Es lief richtig gut, dank mir kamen noch mehr Gäste ins Restaurant, was aber auch gleichzeitig meinen Untergang bedeutete. An der Garderobe war so viel los, dass wir noch jemanden einstellen mussten und damit wurde es schwieriger mit dem Nebengeschäft. Irgendwann hörte dann auch das auf, weil ich für vier Wochen in den Urlaub ging und sie am Ende meinen Job an jemanden anderes gegeben hatten. Doch alle Gäste fragten die ganze Zeit nach mir, es schien so, als liebten sie mich einfach. Nachdem sie mich also gefeuert hatten, versuchten sie, mich wieder zurückzugewinnen, aber ich war echt angepisst, dass sie meinen Job überhaupt weggegeben haben. Ich habe dann bei einer Schuh-Unternehmen gearbeitet und später meine eigene Modefirma gegründet. Aber bis heute kann in dem Restaurant immer noch gratis Essen bekommen.

Das war der witzigste Job, den ich je hatte, bei dem ich aber auch gleichzeitig die verrücktesten Dinge erlebt habe. Der Besitzer hat immer mal wieder Stars aus seiner Heimat eingeladen und wir mussten dann mit den Typen feiern, flirten und einfach eine gute Zeit verbringen. Außerdem sollte ich meine hübschen Freundinnen immer an die Tische am Fenster platzieren, damit es so aussah, als ob bei uns extrem viele attraktive Frauen rumhingen.

Insgesamt war das das Beste, was mir als kleinem Mädchen aus dem Mittleren Westen, das noch nie in einem Restaurant gearbeitet hatte, passieren konnte. Es war eine harte Schule und hat mir mehr über das Leben in New York beigebracht als alles andere: Nimm die Dinge wie sie sind, bau dir ein kleines Nebengeschäft auf und—wenn du kannst—hab immer ein Arsenal an Medikamenten zu Hause, denn du weißt nie, wann dir das mal nützlich sein kann.

Aufgezeichnet von Brad Cohen