Unprätentiöse Imbisse: Azzam
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Unprätentiöse Imbisse

Unprätentiöse Imbisse: Azzam

Ada Blitzkriegs Suche nach den besten Street Food-Spots in Berlin für wenig Geld geht weiter. Im Azzam hat sie den besten Hummus der Stadt und Falafel bis zum Umfallen gegessen.

Street Food ist meine Schwester und ich schütze ihre Ehre. Für MUNCHIES bin ich deswegen regelmäßig auf geheimer Mission in Berlin unterwegs, um genau die Spots ausfindig zu machen, die für kleines Geld perfektes Essen bieten. Unprätentiös, kostengünstig und schmackhaft—das wahre Street Food Berlins. Dieses Mal habe ich mich passend am islamischen Opferfest zum Mittagstisch bei Azzam in Neukölln eingefunden, um mich mit dem besten Hummus der Stadt ganzkörperorientiert einzubalsamieren und kopfgroße Falafel zu schlucken.

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Der Tag begann eigentlich ungewohnt aufregend, denn alle brauchbaren Hosen waren entweder noch klatschnass oder lagen verschmuddelt in der Wäsche. Unter „brauchbar" verstehen Bürger dieses Landes bekannterweise ja Dinge wie „zeichnet keinen Cameltoe" oder „rutscht nicht plötzlich in die Kniekehle, wenn man sein Singlespeed gerade vor The Barn abschließen will". Also habe ich mir den Föhn genommen, fröhlich Taylor Swift gepfiffen und mich mit einem abgelaufenen Ayran auf den Rand der halb vollen Badewanne gesetzt, um die klammen Beinzelte erstmal anständig trocken zu föhnen.

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Im schönsten Zwirn (Hochwasserhose ohne Saucenflecken) bewegte ich mich dann nach Neukölln, durch die malerische Sonnenallee, in der leere Imbissverpackungen wie Tumbleweed umherflogen und die Schreie der angefahrenen Passanten wie eine Symphonie durch die belebte Straße hallten. Dabei hielt ich hier und dort mal, wann auch immer sich die wunderbare Gelegenheit bot, sich von wütenden Autofahrern grundlos anschreien und anhupen zu lassen. Das Ziel war klar: Azzam.

Der Imbiss Azzam ist der Ort, an dem ich immer dann abstürze, wenn ich tierisch Bock auf bodenständige Küche, orientalische Würzung, Kichererbsen und Knoblauch habe. Also mehrmals die Woche, wenn ich ehrlich bin.

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Wow! Heute hatten sie vor der Tür tausende Luftballons in bunten Farben angebracht und ich dachte erst—Scheiße, Junge!—, dass sie mein schönes Azzam jetzt grundüberholt haben und es dort nun auch nur noch den üblichen Ein-Euro-Döner-Fraß gibt. Aber dann entdeckte ich auch schon meinen Lieblingshummuspanscher am Werk neben den kleinen Kofta-Würsten am Rotieren wie eine geschickte Koryphäe. Das Herz ging mir auf, denn ich habe schon viele schöne Stunden hier verbracht. Manchmal habe ich meinen Ticker zum Essen eingeladen und wir haben bei einer Portion Ful aus Saubohnen über unsere Sozialphobien gesprochen oder einfach nur Tee getrunken und mit kleinen roten Augen auf den Steinofen gestarrt, in dem knuspriges Fladenbrot mit Za'tar rumchillte.

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Das Opferfest also.Heute war ein großer Tag. Der Laden platzte aus allen Nähten. An diesem Tag können sich die Kinder in Berlin schulfrei nehmen, um mit ihren Eltern bei Azzam Hummus essen zu gehen und mal in freier Wildbahn zu beobachten, wie so eine MUNCHIES-Autorin sich alleine ein Drei-Kilo-Fresspaket zum Mitnehmen ordert, weil ihre Freunde ja im tollen Mitte arbeiten, wo Hummus drei Mal so viel kostet und bei Alnatura verpackt aus einem Kühlregal genommen werden muss. Maschinenessen für Maschinenmenschen, von denen garantiert keiner weiß, dass heute Opferfest ist. Bei Azzam wird der Hummus noch fein von Hand gemacht und mit einer unvernünftigen Menge Olivenöl garniert.

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Der Ort: Ein länglicher Laden, der immer herrlich hektisch ist. Nicht die Art von Hektik, die Menschen mit sozialen Ängsten wie ich aus Prinzip meiden, sondern ein offenes und liebevolles „Jeder-schubst-jeden-"Gedränge und ein gegenseitiges Reichen und Zuwerfen von Getränken, Speisen und Geldbeträgen. Jemand tippt mir auf die Schulter und reicht mir einen Tee. Der riesige Pott steht prominent neben der Warteschlange. Schwarzer Tee. Umsonst und so viel man mag. Manchmal so stark wie der Unterleib von Ron Jeremy und manchmal so schwach wie ein dünnes Mädchen mit einem knurrenden Magen in einer langen Warteschlange. Die Tische sind vollgestapelt mit allerhand Leckereien: Falafel, Schawarma, Labneh, Fatousch und Baba Ghanoush aus Auberginen. Ich möchte polygam essen. Also bestelle ich, so viel ich tragen kann, schaue noch ein Mal auf die mit Ornamenten verzierten Wände, nehme einen nicht abgelaufenen Ayran aus dem Kühlschrank und sitze auch schon im Auto, um schnellstmöglich nach Hause zu fahren, endlich eine Tüte zu rauchen und Knoblauch in mich zu drücken. Dann falle ich ins Fresskoma.

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Die Klientel: Ich will es mal so ausdrücken: Mein Lebenspartner (das sagt man doch so?) und ich kamen mal zum Essen mit den Schwiegereltern her und deren erste Frage war, ob noch jemand kommt, um die Tische abzuwischen und was Kichererbsen sind. Dann kam auch schon jemand, um die Tische abzuwischen, aber der arbeitete eigentlich gar nicht dort, sondern setzte sich einfach mal so dazu und erzählte Geschichten aus dem Orient. Die meisten Gäste sind total nett. Der Inhaber ist ein Palästinenser mit libanesischen Wurzeln, sagt er von sich. Ich bin einfach nur Ada und ich liebe Hummus.

Das Gericht: Heute gibt es für mich einen Falafelteller, eine Portion Hummus, Fladenbrot und ein Brot aus dem Pizzaofen mit Za'tar (Thymian). Genug, um drei Leute satt zu bekommen. Vermutlich eher vier. Empfehlenswert sind hier ebenso die Sandwiches für den schnellen Hunger und der Schawarmateller. Aber eigentlich komme ich wegen des Hummus her. Günstig, füllend und geil. Eben das Beste Berlins.

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Tipps: Tee trinken bis das Herz versagt.

Preis: Für mein überdimensionales Fresspaket habe ich nur schlappe 8,50 Euro bezahlt. Kulinarisch gesehen, eine echte Offenbarung.

Azzam Sonnenallee 54 12045 Berlin