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Jägermeister

Der Hüter des geheimen Jägermeister-Rezeptes

Gutes muss beschützt werden.

Dr. Berndt Finke hat einen Job, um den ihn Lebensmittelforscher, Spirituosen-Nerds und hemmungslose, partywütige Studenten beneiden. Er ist der „Leiter Rohwaren und Herstellung" bei Jägermeister – und nur einer von sechs Menschen auf der Welt, die das Geheimrezept dieses komplexen und berauschenden Kräuterlikörs kennen.

Am Stammsitz im niedersächsischen Wolfenbüttel ist Dr. Finke für die Labors und die Qualitätsprüfung in den Fabriken zuständig. Doch er jettet auch in andere Länder, nach Südamerika, Afrika, Asien, um dort nach Kräutern für den begehrten Likör zu suchen. Seine Aufgabe ist klar: Er muss dafür sorgen, dass uns Jägermeister nie ausgehen wird. Doch so einfach ist das nicht immer, es gibt auch Herausforderungen wie die Launen der Natur oder wenn er ein super geheimes Gewürz in Costa Rica aufspüren muss.

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Wir haben uns mit ihm über seine Expeditionen auf der Jagd nach Kräutern und den komplexen Herstellungsprozess von Jägermeister unterhalten.

MUNCHIES. Hallo Herr Dr. Finke. Wie wird man denn leitender Wissenschaftler bei Jägermeister?
Dr. Berndt Finke: Studiert habe ich Ernährungswissenschaften und dann wollte ich mit biologischen Stoffen und natürlichen Pflanzenstoffen weiterarbeiten. Früher habe ich in der Forschung bei Babynahrungsherstellern gearbeitet. Ich war bei einem der größten Hersteller in Europa und habe dort die Eigenschaften der Muttermilch untersucht. Um die Babymilch zu entwickeln, haben wir gut 2.000 Liter Muttermilch analysiert, damit Säuglinge auch vor Krankheiten geschützt sind und sich nicht so viele Allergien entwickeln.

Von der Brust zum Jägermeister also… Wurden Sie gleich von Anfang an in das geheime Rezept eingeweiht?
Ungefähr fünf oder sechs Monate, nachdem ich bei Jägermeister angefangen hatte, erfuhr ich das ganze Rezept. Zuerst habe ich an den normalen Zutaten gearbeitet, aber es gibt 13 Zutaten, die wirklich top secret sind und die ich später kennengelernt habe. Sehr aufregend.

Dr. Finke prüft die getrockneten Zitrusschalen. Foto mit freundlicher Genehmigung von Jägermeister

Wie war das? Wie in einem Agentenfilm?
Ich bekam einen Anruf von einem Vorstandsmitglied der meinte: „Kommen Sie doch bitte in mein Büro, dann zeige ich Ihnen das ganze Rezept." Und dann bekam ich das Notizbuch mit allen Zutaten und genauen Anleitungen für die Herstellung. Ich muss schon sagen, das war ein sehr bewegender Moment für mich, herauszufinden, wie Jägermeister gemacht wird.

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Und es war auch eine Überraschung. Plötzlich hatte ich alle Informationen und dann war da eine Pflanze, von der ich noch nie gehört habe – und ich habe viel in diesem Bereich geforscht. Es ist unglaublich interessant, mit diesem Rezept und diesen ungewöhnlichen und seltenen Kräutern zu arbeiten.

Reden wir mal über Ihre Jagd nach Kräutern. Wo waren Sie schon unterwegs?
Die Kräuter für Jägermeister kommen aus der ganzen Welt, nur nicht aus der Arktis. Ich bin zum Beispiel nach Ghana, Costa Rica und Mexiko gereist. Bald fahren wir vielleicht wieder nach Costa Rica, aber ich darf nicht verraten, wegen welcher Pflanze. Es ist wirklich interessant, auf die Felder zu gehen, zu sehen, wie die Pflanzen wachsen. Je weiter wir an den ursprünglichen Zustand der Inhaltsstoffe zurückgehen können, desto mehr haben wir Einfluss auf die Qualität.

Wie schwierig ist es, qualitativ hochwertige Kräuter zu bekommen?
Wir suchen nach herausragender Qualität, aber auch nach Rohwaren, die wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltig sind, wir haben also sehr spezifische Anforderungen. Bitterorangen sind ein gutes Beispiel, die sind wichtig für den fruchtigen, zitrusartigen Geschmack des Likörs. Normalerweise fallen sie einfach vom Baum und liegen dann im Staub auf dem Boden herum – das reicht unseren Qualitätsansprüchen nicht. Wir haben zwei Quellen in Tansania und Kenia, da sind die Erntezeiten perfekt, genauso wie die Trocknungsbedingungen. Wir wollen so eng wie möglich mit den Händlern und Bauern zusammenarbeiten.

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Früher haben wir unsere Nelken aus Madagaskar bezogen, jetzt kommen sie aus Sansibar. Bei Tests haben wir herausgefunden, dass sie weniger Fremdstoffe – in diesem Fall der Anteil des Stängels – enthalten und auch mehr ätherische Öle.

Wie wichtig ist es, mit Händlern und Erzeugern vor Ort zusammenzuarbeiten?
Wir haben die Projekte aus folgenden Gründen eingeführt: hoher Qualitätsanspruch und Nachhaltigkeit. Deshalb haben wir eine Art Weiterbildungsprojekt mit unseren Partnern eingeführt, wir bringen ihnen bei, wie sie die Früchte reinigen und die richtige Erntezeit bestimmen, um so unerwünschte Stoffe wie Staub oder Mykotoxine zu verhindern

Was passiert bei Naturkatastrophen oder bei schlechter Ernte?
Mit unserem Notfallplan sind wir gut vorbereitet und können bei solchen ungewollten Ereignissen auf andere Quellen zurückgreifen. Jeden Tag oder jede Woche prüfen wir verschiedene Kräuter, Gewürze und Blüten aus verschiedenen Quellen. Manchmal ist es sehr schwierig, einen zweiten Zulieferer in der Rückhand zu haben, aber den brauchen wir mindestens bei Ernteausfällen. Für besondere Kräuter arbeiten wir mit engen Partnern in der Kultivierung zusammen, in speziellen Programmen liefern wir ihnen Informationen über Themen wie Artenvielfalt oder welches Equipment wie zum Beispiel Labore sie nutzen können, sodass wir die Botanicals auch langfristig beziehen können.

Das ist mein Job: Ich stelle sicher, dass wir Jägermeister auch in 20 oder 30 Jahren noch mit diesem Rezept herstellen können. Nein, Jägermeister wird uns niemals ausgehen.

Vielen Dank für das Gespräch