Bam Margera erzählt, wie er seine Bulimie und Alkoholsucht besiegte
Screenshot aus Epicly Later'd

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Bam Margera erzählt, wie er seine Bulimie und Alkoholsucht besiegte

"Einmal aß ich eine gefrorene Tiefkühlpizza. Ich hatte so großen Hunger, dass ich die Backzeit nicht mehr abwarten konnte."

Bam Margera war schon vieles, egal ob Skateboard-Profi, Jackass-Star, Rockband-Frontmann oder Prominenter auf dem roten Teppich. Als er im Jahr 2003 seine eigene MTV-Show bekam, entwickelte sich Bams kometenhafter Aufstieg jedoch schon langsam hin zum Absturz. Dieser Absturz nahm vor allem nach dem Tod von Bams besten Freund Ryan Dunn im Jahr 2011 extreme Züge an. Was jedoch nicht jeder weiß: Schon während seiner Partyphase hatte Bam mit Essstörungen und Alkoholsucht zu kämpfen.

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Zum Glück scheint Bams Geschichte nicht so zu enden wie die einiger seiner engsten Freunde und musikalischen Vorbilder. Im Interview erzählt uns der Skateboarder von seinem Kampf mit Essen und Alkohol, von seinem Sieg über die Sucht und von der Kraft von Ginger Ale.

Foto: Nikki Margera

MUNCHIES: Hey Bam! Wie geht es dir?
Bam Margera: Gut! Ich bereite gerade alles für meine Geburtstagsparty vor. Die sollte eigentlich eine Überraschung werden, aber ich habe Wind von der Sache bekommen.

Du hast erzählt, dass du dich eine Weile fast ausschließlich von Schnaps ernährt hast. Wie sieht das heute aus?
In letzter Zeit war ich sehr brav, kein Alkohol für mich. Heute habe ich zum Beispiel drei Tacos mit Hühnchen, Guacamole und Salsa gegessen. Dazu Mineralwasser mit Wassermelonengeschmack. Das war's.

Wie sah deine Ernährung aus, als es dir richtig schlecht ging?
An den schlimmsten Tagen wachte ich gegen elf Uhr morgens auf und fing direkt an, Wodka und Gatorade zu trinken. Abends hatte ich dann locker vier Liter intus. Was allerdings komisch war: Manchmal trank ich drei Tage lang durch und anschließend fünf Tage lang gar nichts. Danach ging es wieder von vorne los.

Hast du irgendetwas besonders gerne getrunken?
Nein. Wodka, Wein, Bier, Jacky-Cola – das war mir egal. Ich wollte mich einfach nur betrinken. Weißt du, mir hat Bier eigentlich noch nie geschmeckt.

Meine Ernährungsweise hätte schlimmer nicht sein können: Tagsüber nur Schnaps, abends kurz vor dem Blackout alles, was ich im Kühlschrank finden konnte. Einmal aß ich zum Beispiel eine gefrorene Tiefkühlpizza. Ich hatte so großen Hunger, dass ich die Backzeit nicht mehr abwarten konnte. Am darauffolgenden Morgen bereute ich das natürlich, weil eine Pizza mit den ganzen Kalorien eigentlich gut schmecken sollte – was bei dem gefrorenen Teil natürlich nicht der Fall war.

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Hat dir eine gesunde Ernährungsweise dabei geholfen, wieder zurück aufs Skateboard zu kommen?
Ja. Eigentlich rede ich nicht gerne über dieses Thema, aber während meiner Down-Phase war mir mein Gewicht egal. Ich wog mich eine Jahr lang nicht und dann hatte ich plötzlich knapp 105 Kilo auf den Rippen. Ich dachte erst, die Waage sei kaputt. Daraufhin reiste ich nach Estland, wo ich nur Fahrrad fuhr, wanderte und viel draußen war. Ich wollte allerdings nicht mal versuchen zu skaten, weil ich so fett war. Das hätte einfach nicht gut ausgesehen.

Wann hast du dann wieder deine ersten Tricks gemacht?
Irgendwann war ich wieder auf 90 Kilo runter und flog nach Barcelona, wo ich mit Thomas Winkle ein paar Tricks filmte. Hoffentlich kann ich die Aufnahmen bald veröffentlichen.

Foto: Nikki Margera

Wieso gerade Barcelona?
Wieder zurück aufs Brett zu steigen, war anfangs sehr frustrierend. Deswegen bin ich nach Europa, weil man mich dort nicht so schnell erkennt wie in den USA. Ich wollte skaten, aber nicht dabei gesehen werden, wie ich mich abmühe. Und die vielen Pros schüchterten mich ein. Deswegen war das Ganze ziemlich schwierig, aber in Barcelona zu sein, hat mir ungemein geholfen.

Mit einem Alkoholproblem war es in Barcelona aber auch nicht gerade einfach, oder?
Oft war es so, dass ich sieben bis zehn Tage lange absolut keinen Alkohol trank, sondern nur skatete. Danach sagte ich mir jedoch: "Ich bin in Spanien, ich will jetzt Rotwein!", und genehmigte mir ein paar Gläser. Mehr aber nicht. Ich hatte keine Lust mehr darauf, mich an nichts mehr erinnern zu können – zum Beispiel daran, wie ich im Vollsuff von innen ans Pub-Fenster pinkle. So etwas finden manche jungen Menschen vielleicht witzig, aber mit 38 sollte einem klar sein, dass man kein Student mehr ist.

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Bulimie bei Männern ist ja ein Thema, über das man nicht oft redet. Wie hat es bei dir mit dem Teufelskreis aus Essen und Übergeben angefangen?
Ich war mit Steve-O auf Tour und wir hatten den sogenannten "Tequila Stuntman" im Programm. Dabei schnieft man eine Line Salz, drückt sich eine Limette im Auge aus, gibt sich einen Shot Tequila und kotzt anschließend alles wieder raus. Da jeden Abend um die 5.000 Menschen da waren, musste ich lernen, auf Kommando zu speien. Als ich das drauf hatte, war alles vorbei. Immer wenn ich das Gefühl hatte, zu viel getrunken oder gegessen zu haben, konnte ich jetzt ja einfach kotzen, ohne mir überhaupt den Finger in den Hals zu stecken. Bei Brot oder Pizza war das schwieriger, aber Spaghetti flutschten zum Beispiel ohne Probleme.

Deine Mutter hat mal gesagt, dass die Gewichtsprobleme deines Vater und deines Onkels vielleicht ebenfalls Grundlage für deine Essstörungen waren.
Im Internet haben die Leute immer gesagt, dass ich irgendwann mal genauso fett sein würde wie mein Vater. Ich habe niemals daran geglaubt, dass das Gewicht in den Genen liegt. Ich meine, mein Vater wiegt so viel, weil er den ganzen Tag lang fette Sandwiches isst. Wenn ich nur Salat esse, werde ich garantiert nicht so dick wie er – trotz der Gene.

Ich glaube, ich habe mit dem Kotzen angefangen, weil ich es eben konnte. Wenn ich abends total dicht war, habe ich mir immer riesige Portionen Spaghetti reingeschaufelt. Danach habe ich alles wieder rausgekotzt und mir gedacht: "OK, jetzt habe ich gegessen." Der Alkohol spielte da eine entscheidende Rolle.

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In deiner Epicly Later'd-Folge scheint es so, als habe dich dein Wunsch nach einem Rockstar-Leben ebenfalls zum Trinken verleitet.
Als ich mich beim Skaten verletzt habe, wendete ich mich dem Alkohol zu und war auch bei einer Rock'n'Roll-Tour dabei. Das passte natürlich perfekt zusammen. So begann der Teufelskreis. Ich wachte jeden Morgen auf, fühlte mich richtig beschissen und wusste, dass es mir nach einem Shot Whiskey sofort besser gehen würde. Langfristig gesehen habe ich mir damit aber nur selbst gechadet.

Willst du jetzt auch vermeiden, wie ein alternder Rockstar auszusehen?
In meiner Jugend blickte ich neben diversen Skateboardern auch zu betrunkenen Rockstars wie Andy McCoy auf. Wenn man zum Beispiel junge Mötley-Crüe-Mitglieder mit hübschen Mädels im Arm in Limousinen saufen sieht, dann will man das natürlich auch. Früher fand ich es cool, wie ich betrunken aussah. Inzwischen jedoch nicht mehr. Irgendwann muss man eben erwachsen werden.

Screenshot aus Epicly Later'd

Bereust du es, so viel gefeiert zu haben?
Viele Leute sagen ja, dass sie nichts bereuen und alles noch mal genauso machen würden. Bei mir ist das anders. Ich habe drei Jahre lange jeden Tag gesoffen und dadurch so viel Zeit verschwendet. Ohne das alles wäre ich jetzt ein besserer Skateboarder. Ich musste ein Jahr lang meine alten Tricks neu erlernen, anstatt neue auszuprobieren.

Wie ergeht es dir jetzt ohne Alkohol?
Ganz gut! Mein Kumpel Brandon Novak ist jetzt schon seit drei Jahren trocken, das motiviert mich. Vor Kurzem habe ich mein Blut untersuchen lassen und der Arzt sagte, dass es mir an Serotonin und Vitamin D fehle. Jetzt nehme ich Tabletten, die auch mein Verlangen nach Alkohol unterdrücken. Zuerst hatte ich Angst davor, aber als ich die Medizin geschluckt habe und in einer Bar nicht wusste, was ich bestellen sollte, habe ich einfach ein Ginger Ale getrunken. Und ich war glücklich.

Happy Birthday, Bam!
Vielen Dank, Mann!