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Alkohol

Smartphones sollen dich jetzt vom Saufen abhalten

Auf ein Bier in eine Bar und dabei bleibt es auch. Das soll jetzt eine App möglich machen.
IMAGO | Westend61

Du bist mit den besten Vorsätzen in die Kneipe gegangen: Ein ruhiger Abend soll es werden, drei Bier maximal, dann schnell nach Hause und vor dem Schlafengehen noch eine Folge deiner Lieblingsserie geguckt. Doch bevor du dich versiehst, bist schon bei der vierten Runde Bier und all deine Pläne, morgen auch wirklich früh aufzustehen und den Tag zu nutzen, sind über Bord geworfen. Stattdessen wirst du den nächsten Tag mit Kopfschmerztabletten und Comfort Food verkatert im Bett verbringen und dich für deine mangelnde Selbstkontrolle verfluchen.

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Doch es könnte da etwas geben, das dir dabei helfen könnte, dich beim Alkohol mehr zurückzuhalten. Forscher der australischen Victoria University haben eine neue App entwickelt, die exzessives Trinken verhindern will, indem sie den Usern penetrante Nachrichten schickt. Jap, genauso wie die nervigen Nachrichten von deiner Mutter oder deinem Vater.

Die Smartphone-App wurde gestern im Rahmen einer Initiative vorgestellt, die exzessives Trinken bei australischen Studenten eindämmen will. Mit der App bekommen die Nutzer beim Ausgehen stündlich ein paar Fragen zugesandt und sollen Angaben dazu machen, wie viel sie getrunken und dafür ausgegeben haben, wo sie sich gerade befinden und wie sie sich fühlen. Basierend auf diesen Antworten bekommen die User dann maßgeschneiderte Nachrichten zugeschickt, zum Beispiel: "Musst du morgen arbeiten?" Oder: "Wann planst du, nach Hause zu gehen?" Dadurch sollen sie dazu bewegt werden, weniger oder überhaupt nicht mehr zu trinken.


Auch im VICE-Netzwerk: Wie du auf einem nüchternen Rave richtig feierst


Nachdem es bei einem Pilotprojekt eine 89%ige Resonanzquote bei den stündlichen Fragebögen sowie positives Feedback seitens der Teilnehmer gab, startet jetzt ein zweijähriges Forschungsprojekt mit 300 Studenten der Victoria University, bei dem die Wirksamkeit der App untersucht werden soll. Forschungsleiter Dr. Tim Corney äußert sich in einer Pressemitteilung detaillierter zum Projekt: "Wir haben bei immer mehr gesundheitsfördernden Programmen vielversprechende Ergebnisse sehen können. Dabei sollen gezielt die Erwartungen, Meinungen und sozialen Normen im Zusammenhang mit der Trinkkultur geändert werden. […] Diese Forschungsarbeit konzentriert sich darauf, wie effizient gezielte einschreitende Maßnahmen bei einer Gruppe sind, deren Mitglieder in den letzten Jahren zunehmend mit hochriskantem Trinkverhalten und alkoholbedingten Schäden in Verbindung gebracht wurden."

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Die Forscher der Victoria University sind nicht die ersten, die mit Smartphones das Trinkverhalten verändern wollen. Es gibt bereits einige Apps, die dabei helfen sollen, den Alkoholkonsum zu reduzieren und zu tracken. Aber kann eine automatische Nachricht wirklich jemanden dazu bewegen, das Glas Bier oder Wein beiseitezustellen?

Wir haben mit Dr. Emma Davies gesprochen, Dozentin für Psychologie an der Oxford Brookes University. Sie hat unter anderem auch dazu geforscht, wie man den Alkoholkonsum bei jungen Menschen reduzieren kann. Im Gespräch erzählte sie uns, dass sie nicht davon überzeugt ist, dass Apps und SMS das Trinkverhalten ändern könnten.

"Digitales Einschreiten hat seinen Vorteile gegenüber persönlichen Interventionen, weil man dadurch potenziell eine große Anzahl junger Menschen außerhalb eines klinischen Umfelds relativ kostengünstig erreichen kann. Jedoch gibt es zur Zeit wenig Belege, dass so eine Form der Hilfe tatsächlich das Trinken wirksam reduzieren kann. Manchmal motiviert es die Menschen auch dazu, sich entgegen der beabsichtigten Wirkung zu verhalten – das sind sogenannte 'Boomerang-Effekte'. Das heißt, dass die App dazu führen könnte, dass der- oder diejenige mehr trinkt statt weniger, die Botschaft führt zu 'psychologischer Reaktanz' [einer Abwehrreaktion]."

Sie meint weiter: "Unsere Untersuchungen mit Studenten, die Alkohol konsumieren, legen zum Beispiel nahe, dass man nicht den einzelnen Konsumenten anvisieren sollte, z. B. über solche Apps. Stattdessen sollten wir uns eher auf allgemeine soziale Praktiken und Bräuche im Zusammenhang mit dem Trinken konzentrieren. An einer Universität könnte das heißen, dass man versucht zu ändern, wie die Ersti-Wochen ablaufen. In einer Studie untersuchen wir, ob sogenanntes 'nüchternes Raven' und andere alkoholfreie Musik-Events eine Möglichkeit sein könnten und ob sie das Potenzial haben, den Konsum allgemein zu verändern."

Solltest du bis dahin einem zweiten Glas Rosé oder Bier doch nicht widerstehen können, dann merk dir diese Rezeptesammlung. Damit kommst du mit dem Kater am nächsten Tag viel, viel besser klar.