FYI.

This story is over 5 years old.

Köche

Wie Liebe zwischen Vegetariern und Fleischessern funktioniert

Ein Koch mit einer Schwäche für Steaks berichtet.
Foto von The Meat Case via Flickr

In meiner Kindheit gab es Fleisch zum Frühstück, zum Mittag und zum Abendessen: huevos con chorizo, lechón und so weiter. Als Koch kann ich definitiv sagen: Fleisch ist mein Leben. Meine Frau hingegen ist schon immer Vegetarierin.

Es war Liebe auf den ersten Blick. Als wir uns das erste Mal trafen, haben wir stundenlang über das Universum,die Planten und das Leben im Allgemeinen philosophiert. Ich wusste: Das ist die Frau meiner Träume. Zu unserem ersten Date wollte ich sie bekochen, aber ich wusste, dass sie nicht der Typ Frau war, die man gleich beim ersten Date zu sich nach Hause einlädt. Also habe ich sie in ein koreanisches Barbecue-Restaurant eingeladen. Das war fast genauso gut, wie selbst zu kochen.

Anzeige

Meine Mutter hat mir beigebracht, dass man das Restaurant so lange wie möglich geheim halten sollte. Also habe ich sie abgeholt und wir fuhren los. Als wir parkten, bemerkte ich, dass sie sich irgendwie ziemlich unwohl fühlte. Wir setzten uns hin und ich bestellte fast die gesamte Karte rauf und runter: Innereien, Oktopus, Schweinebauch, Hühnchen und bulgogi, Feuerfleisch. Danach schaute sie mich nur noch verstörter an.

„Ich muss dir etwas sagen", fing sie an.

Ich war auf alles vorbereitet, schließlich mochte ich sie wirklich.

„Ich esse kein Fleisch."

Ich war völlig schockiert. Woher ich komme und so wie ich erzogen wurde, hätte man auch meinen können, dass ich ein Alien date. Das war etwas vollkommen Neues, ich hatte noch nie in meinem Leben etwas mit einer Vegetarierin. Das war eine ziemlich große Sache für mich. Wie sollte das funktionieren? Wie könnten wir uns jemals was teilen, wenn wir essen gehen?

Ich entschuldigte mich kurz und ging aufs Klo. Weil ich ein guter Sohn bin, habe ich sofort meine Mutter angerufen, um schnell einen Rat zu bekommen: „Ma! No come carne!" [Mama, sie isst kein Fleisch!]

Meine Mutter meinte: „Das ist OK, jeder ist anders und solange sie dich nicht bekehren will, wird das schon."

Ich ging zurück an unseren Tisch und fragte meine heutige Frau: „Ist es OK für dich, dass ich Fleisch esse? Ich esse ziemlich viel Fleisch." Sie ist einfach eine unglaubliche Frau und antwortete: „Kein Problem. Wenn das zu dir gehört, dann ist das so. Das respektiere ich." Am Ende stornierte ich die Bestellung, trank den ganzen Abend Sake mit ihr und hatte so viel Spaß wie nie zuvor.

Anzeige

Das Geheimnis? Wir müssen uns gegenseitig – und wie wir essen – akzeptieren und respektieren und einfach offen sein.

Je weiter sich unsere Beziehung entwickelte, desto mehr wurde mir klar, dass Kompromisse der Schlüssel sein würden. Ja, ich bin in einer hispanischen Familie aufgewachsen, wo gerne Teller mit Fleischbergen drauf herumgereicht und miteinander geteilt wurden. Ich weiß aber auch, dass sie eine gläubige Hindu und Vegetarierin ist. Wir waren komplett verschieden. Trotzdem: Wer war ich schon, dass ich ihr vorschreiben könnte, was sie zu essen hat? So ist das nun mal mit Unterschieden in einer Beziehung: Entweder wir erkennen sie an oder wir sträuben uns dagegen. Ich habe mich für Ersteres entschieden. Weil mir ihr Glück am wichtigsten war, fing ich an, vegetarische Gerichte mit ihr zu teilen.

Dadurch hat sich auch meine Gesundheit verbessert, mittlerweile esse ich mehr Gemüse als jemals zu vor. Und auch als Koch bereite ich dank meiner vegtarischen-fast-veganen Partnerin meine pflanzlichen Gerichte genauso liebevoll zu wie eine Lammkeule. Mir ist klar geworden, dass Essen uns zusammenbringen und nicht etwa spalten soll. Das gilt umso mehr im derzeitigen politischen Klima. Wir brauchen alle Essen zum Überleben. Essen ist Liebe – kein Rassismus, kein Extremismus, kein Elitedenken.

Jetzt ist die eine Hälfte unseres Kühlschranks voll mit Chorizo, Foie Gras und Steaks und die andere mit Tempeh, Tofu und Seitan. Wenn wir essen gehen wollen, überspringen wir die ganze Worauf hast du denn so Bock?-Diskussion und gehen gleich in einen Laden, der auch andere vegetarische Gerichte außer Salat anbietet. Es ist unfair ihr gegenüber, wenn ich ein saftiges Tomahawk-Steak esse und sie nur Salat bestellen kann.

Anzeige

An alle anderen fleischessenden Köchinnen und Köche, die sich in jemanden verliebt haben, der vegetarisch oder vegan lebt:Dieser Jemand ist möglicherweise euer Seelenverwandter. Es ist es nicht wert, ihn oder sie nur wegen unterschiedlicher Ernährungsvorstellungen zu verlassen.

Bis heute haben wir uns nie über Essen gestritten.

Als unsere Tochter geboren wurde, haben wir uns gemeinsam entschieden, dass sie Fleisch essen würde. Wenn sie später irgendwann kein Fleisch mehr essen möchte, unterstütze ich das natürlich auch.

Das Geheimnis? Wir müssen uns gegenseitig – und wie wir essen – akzeptieren und respektieren und einfach offen sein.An alle anderen fleischessenden Köchinnen und Köche, die sich in jemanden verliebt haben, der vegetarisch oder vegan lebt:Dieser Jemand ist möglicherweise euer Seelenverwandter. Es ist es nicht wert, ihn oder sie nur wegen unterschiedlicher Ernährungsvorstellungen zu verlassen.

Aufgezeichnet von Javier Cabral

Mario Christerna ist Koch und Besitzer des The Briks in Downtown L.A.