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Porno

Pornos schauen und Schnitzel essen im Sado-Maso-Café

Während wir auf's Essen warteten, glotzten wir auf den Bildschirm über der Bar und sahen zu, wie eine nackte Frau kopfüber ausgepeitscht wurde. Wir blieben trotzdem sechs Stunden und würden sofort wieder hin.

Nachdem ich mir den Berliner Schmutz einigermaßen herunter gewaschen hatte, traf ich in Wien einen 86-jährigen Künstler, der schon vor Jahrzehnten für seine Eat-Art bekannt wurde, um mit ihm Kirschen zu essen und billigen Weißwein zu trinken. Er nennt mich immer Natascha—ich weiß nicht, wieso.

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Nach einer Flasche Wein wollte ich mich mit einer Freundin treffen, die mir erzählt hatte, dass es in dem stadtbekannten Sado-Maso-Café beim Naschmarkt, in das ich mich noch nie reingetraut hatte, auch Wiener Schnitzel gibt.

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Man kann dort Pornos schauen, sich auspeitschen lassen und Schweinefleisch essen! Da wollt ich mit ihr hin. Wegen des Schnitzels und um zu glotzen, nicht um mir wehzutun. Da der betagte Künstler schon seinen Abendtee aus Melisse, Kamille und Zitronenverbene getrunken hatte, dachte ich, er würde nicht mitgehen wollen. Falsch gedacht. Er hatte seine Schuhe sehr schnell an den Füßen.

Die Speisekarte klingt sehr sado-maso: Würstchen werden „Phallus mit rosa Innerem" genannt, ein Schinken-Käsetoast ist eine „Gerte", „verwickelte Seile nach italienischer Bondagesession" sind Spaghetti Bolognese und was „Yellow Cutting nach extremer Hitzeeinwirkung" sein soll, wollte ich gar nicht wissen.

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Die Getränkekarte ist nicht übel. In Wien kann man oft im abgefucktesten Lokal ein gutes Glas Weißwein trinken, für das man weniger als vier Euro bezahlt. Warum ist der Wein in Berlin eigentlich so beschissen und teuer? Er trank Riesling und ich Spritzer. Wenn man wollte, konnte man aus Hundeschüsseln, High-Heels oder Babyflaschen trinken. Schmeckte aber nicht besonders.

So dreckig, wie ich mir das Sado-Maso-Café vorgestellt hatte, war es überhaupt nicht. Eigentlich war ich, glaube ich, dort die Dreckigste. Mit Ausnahme meiner Begleitung, denn was er verbal so von sich gab, war ja teils sehr schweinisch, wenn auch immer auf den Punkt gebracht.

„Ach schau, jetzt fängt der Film an!", meinte er. Während wir auf's Essen warteten, glotzten wir auf den Bildschirm über der Bar und sahen zu, wie einer nackten Frau auf die Vagina geschlagen wurde. „Das muss ja schon wehtun, wenn einer so auf die Fotze geschlagen wird", kommentierte der Künstler. Ja, denk ich auch.

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Das sich vereinigende Pärchen zwischen Toast: Schinken-Käse Toast

Im hinteren Teil gibt es ein Séparée mit Foltergeräten. Man kann es mieten und sich einschließen oder den anderen Gästen beim Spielen zusehen. Küchenrolle und Desinfektionsmittel stehen dort auch in der Ecke. Um die Schweinerei danach sauber zu machen.

Die Pornos waren schmerzhaft und bedrückend. Der Film mit dem Mann, zum Beispiel, dem gefesselt und in Latex vermummt etwas in seinen Hodensack gespritzt wurde, woraufhin alles anschwoll und er sich vor Schmerzen streckte und wand, war schon heftig.

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Der Bildschirm zeigte wildeste Pornos

Hunger bekommt man da nicht und das Schnitzel schmeckt bei dem Anblick nicht gerade gut. Qualitativ gab es aber nichts auszusetzen: in der Pfanne geschupft, knusprig mit luftiger Panade, saftig und zart. Der Koch hatte das Schnitzel vorher ziemlich flachgeklopft, was im ganzen Lokal zu hören war.

Bevor man sich den Hintern versohlt, ist man wahnsinnig herzlich miteinander

Die Leute im SMart-Café waren total nett und freundlich zueinander und schienen sich alle zu kennen. Dass da ein alter Mann mit zwei jungen Frauen Hard-Core-Pornos schaut, interessierte niemanden.

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Er meinte: ,,Ich muss sagen, dass man sich hier wohler fühlt als in normalen Lokalen. Hier ist es nicht so spießig! Das scheint hier ein Brunftplatz zu sein!" Da hatte er wieder mal vollkommen recht.

Die Leute tranken, aßen, rauchten und griffen sich gelegentlich zwischen die Beine und irgendwann zogen sie gemeinsam weiter. Das Café war Brunftplatz, Vorspielort und Therapiezentrum in einem: Der Koch durfte sein Schnitzel klopfen als gäbe es kein Morgen und auch die anderen durften tun und lassen, was sie wollten.

Irgendwann hatten wir ganze sechs Stunden im Lokal verbracht und der Künstler hatte mich fast unter den Tisch gesoffen.

Wenn ich wieder mal im sauberen Wien bin, geh ich wieder hin.