„Alle mögen die Weibchen lieber, weil sie mehr Fett haben", sagte der Koch Andrew Zimmern über chicatanas, als er den gerösteten Bauch einer davon aufbrach und die fettigen, weißen Innereien zwischen seinen Fingern rieb, bis ich das Fett sehen konnte. Chicatanas—Ameisen mit großen Flügen, die in der mexikanischen Region Oaxaca heimisch sind—werden schon seit jeher gegessen. Sie tauchen aus ihren unterirdischen Kolonien auf, wenn der erste Regen des Jahres fällt, meistens im Mai oder Juni, und sie können nur während dieser einmonatigen Zeitspanne gesammelt werden. Sie haben pechschwarze, elfenartige Flügel—die Art, die eine böse Tinker Bell haben würde, wenn Disney eine solche Geschichte schreiben würde—und sie sind aggressiv. Die Einheimischen heben sie an ihren Flügeln auf, damit sie nicht von ihren Scheren gebissen werden. Familien wissen genau, wann der erste Regen kommt. Am Vorabend bedecken sie die Ameisenkolonien mit großen gewebten Körben. Nach dem Regen, früh morgens gegen 4 Uhr, fangen die Ameisen an, an den Seiten der Körbe hochzuklettern. Dabei fallen ihnen die Flügel ab. Brutal. Vor dem Essen werden die Beine und der Brustkorb entfernt und der Unterleib wird geröstet. Hmm.
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Als ich im Dorf Xoxocotlán, eine halbe Stunde außerhalb der Stadt Oaxaca de Juárez, ankam, hatte eine Familie dem Fernsehkoch Andrew Zimmerns Show Der Alles-Esser—So schmeckt die Welt des Travel Channel bereits gezeigt, wie man chicatanas sammelt und zubereitet. Ich kam gerade rechtzeitig an, um eine warme Tortilla mit chicatana salsa aus chili costeño, Knoblauch, Zwiebeln, Tomaten, Salz und Maisöl und mit den gegrillten Ameisen zu füllen.
Ich hatte Zimmerns Crew auf meinem Flug nach Oaxaca getroffen. Zimmern selbst war ganz hintern im Flugzeug und es gab keine Gelegenheit, mich mit ihm zu unterhalten. Deshalb schrieb ich ihm später am Abend auf Twitter. Ich stellte mich als Food-Journalistin vor und fragte, ob ich die Crew beim Dreh seiner Show in Oaxaca begleiten dürfe. Er schrieb zurück: „Ja, schließ dich uns an!"Ich fragte Zimmern, was er von der Zukunft der Insekten als Nahrungsmittel hält. „Ich glaube, momentan realisieren manche Leute langsam aber sicher, dass diese Nahrungsmittel unglaublich lecker schmecken und dann merken sie, dass sie auch noch nachhaltig sind und alle möglichen anderen Dinge und so werden sie beliebt. Der Grund, warum ich nicht glaube, dass der Insektenkonsum durch die Decke gehen wird, ist, dass es Widerstand gegen Heuschrecken gegen wird",sagte er.„Ich glaube, Nahrungsmittel wie Soylent werden beliebter sein als Heuschrecken, weil Soylent, ein Nahrungsersatz, alle Nährstoffe hat, die man braucht."
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Er erklärte: „Vor zehn Jahren sagte ich zu allen, ‚Ja, Insekten sind die Lösung. Heuschrecken sind die Lösung.' Heute glaube ich, dass es etwas anderes sein wird, von dem wir noch gar nicht wissen, was wir bis dahin erfunden haben?"
Wir besuchten einen Gastronomen, der Steinsuppe für uns zubereitete:Er legte einen Fischkopf in eine Schüssel mit kalte Wasser, Zwiebeln, Tomaten, Koriander und Garnelen. Dann ging er zum Feuer und holte mit einem riesigen Löffel einen Stein so groß wie eine Grapefruit heraus. Er legte den heißen Stein ins Wasser und in vier Minuten war die Suppe fertig.
Als ich Zimmern zu der Steinsuppe interviewte, sagte er: „Das Traurige ist das: Der Koch machte sich Sorgen, dass Steinsuppe irgendwann aussterben wird, wenn man nichts dagegen unternimmt. Aber die traurige Realität ist, dass sie bereits tot ist—sie wissen es nur noch nicht. Die Söhne und Töchter der Leute, die das so lange am Leben gehalten haben, leben ihr Leben im Internet.
Obwohl man den Einfluss von Geschichten nicht voraussagen kann, hofft Zimmern, die Leute ein kleines bisschen verändern zu können—sie zu überzeugen, lokale Produkte zu kaufen, eine Woche ohne Fleisch auszukommen, Bauern zu unterstützen. Er räumte auch ein: „Meine größte Beschwerde über meine Sendung ist, dass sie als ‚Dicker Weißer reist um die Welt und isst fermentierter Delfinanus und kommt nach Hause" wahrgenommen wird, weil sie im kommerziellen Fernsehen läuft."
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Er fuhr fort: „Ich meine, ich liebe Essen, es bedeutet alles für mich. Aber es interessiert mich null, ob jemand Omelette, Steinsuppe oder Ziegensuppe macht. Das ist mir egal. Was mich interessiert, ist seine Geschichte, woher er kommt und dass er das Gefühl hat, dass etwas verschwindet."
Am letzten Morgen des Drehs fuhren wir nach San Marco Tlapazola, einem Zapoteken-Dorf, um von den einheimischen Frauen Flor und Silvia zu lernen, wie man tejate macht. Das vorspanische Getränk wird aus Mais, rosita de cacao (der Blume des Funeral Tree, der dem Getränk einen parfümierten Geschmack verleiht), den Samen und Blüten der Großen Sapote und Kakao zubereitet, wobei sich die Rezepte von Dorf zu Dorf unterscheiden. In der einen Hand hielt sie einen Krug Wasser so hoch über ihren Kopf wie sie konnte und goss immer wieder ein bisschen Wasser auf diese Mischung, während sie ihn mit der anderen weiter knetete. Nach 15 oder 20 Minuten bildete sich Schaum auf der Teig-Wasser-Mischung und das Getränk war fertig. Flor servierte es uns in Schüsseln aus Flaschenkürbis.
Als ich fragte, wie die Zukunft von Essen in 50 Jahren aussehen wird, fügte er hinzu: „Vielleicht essen alle Soylent oder vielleicht baut jeder sein eigenen Essen in Familiengemeinschaften an, so wie man es vor 500 Jahren gemacht hat. Ich hoffe letzteres."