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Gastronomie

Warum Spitzenköche mit einfachen Induktionskochplatten arbeiten

"Ich würde niemals wieder zu Gas wechseln."
Foto mit freundlicher Genehmigung von Lakeland

In der Weinbar P. Franco in London werde ich gleich Zeuge kulinarischer Zauberei. Tim Spedding, früher Souschef im Sternklaren Clove Club, steht vor drei Induktionsplatten Kein Pacojet, kein Sous-Vide-Garer, kein Annonceur, der den Ablauf und die Bestellungen koordiniert. Nur Tim Spedding, der an zwei freistehenden Kochplatten arbeitet – geschickt wie ein DJ hinter den Decks.

Mit diesem bescheidenen Equipment hat er fünf beeindruckende Gänge gemacht: kantabrische Sardellen mit Olivenöl, Toast mit geräuchertem Aal, rohen Wolfsbarsch aus Cornwall, Senfblätter mit Koriander und Soja und nicht zu vergessen Congee mit Seespinnen, Algenbutter und Chrysanthemen.

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Für Küchenverhältnisse ist das hier so minimalistisch wie eine Steinskulptur von Carl Andre. Aber für Tim Spedding ist es befreiend, mit so beschränkten Mitteln zu kochen.


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"Das ist ganz anders, als in der Küche des Clove Club zu arbeiten", lacht er. "Bei so begrenzten Kochmöglichkeiten konzentriert man sich voll und ganz darauf, die besten Produkte so ausgewogen wie möglich zu präsentieren."

Koch Tim Spedding arbeitet mit Induktionskochplatten in der Londoner Weinbar P. Franco. Foto mit freundlicher Genehmigung vom P. Franco

Für Tim Spedding, der in ein paar Wochen seine Arbeit als Koch im P. Franco beendet, um ein neues Projekt in Cornwall zu starten, ist das Kochen mit Induktionsplatten die beste Möglichkeit, die Produkte richtig zu entfalten.

"Die Qualität deiner Produkte ist das Wichtigste, du darfst nicht zu viel nachdenken oder vom Wesentlichen abschweifen", meint er.

Und Tim Spedding ist nicht der einzige, der die einfache Induktionsplatte liebt (seines hat er für umgerechnet 113 Euro bei Lakeland gekauft). James Ramsden ist Inhaber des ebenfalls in East London gelegenen Restaurants Pidgin und der mittlerweile geschlossenen Weinbar Enfant Terrible, wo er nur Induktionskochplatten genutzt hat.

"Ich würde niemals wieder zu Gas wechseln", sagt er entschlossen.

James Ramsden hat zwar einen Michelin-Stern für das Pidgin bekommen, aber er meint, dass selbst ein Laienkoch mit seiner kleinen Kochplatte wunderbares Essen machen kann: "Sobald man den Bogen raus hat, kann man mit ihnen viel einfacher kochen als mit Strom oder Gas."

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Nicht weit entfernt in Shoreditch findet sich ein weiterer Fan: James Lowe des sternegekrönten Lyle's. Bei der Karte hier dreht sich alles um Feuer, in der Küche gibt es einen holzbefeuerten Ofen und einen Holzkohlengrill, es gibt also Gerichte wie Glattbutt mit Palmkohl oder Hüftsteak vom Dexter-Rind mit roter Bete und Lappentang.

Aber er hat auch vier Induktionskochfelder und zwei mobile Kochplatten . Er hat sich in das schlichte Kochequipment verliebt, als er mit seinem Kochprojekt Young Turks anfing – spontane Kochaktionen in leeren Büroflächen mit lokalen Produkten ohne Karte.

"So konnten wir auf Parkhausdächern kochen und an anderen Orten unserer Wahl", erklärt er. Induktionskochplatten heizen schnell auf, sie sind energiesparend und einfach zu reinigen.

James Lowe (rechts) in der Küche des Lyle's

"Im Street-Food-Bereich werden sie deshalb viel genutzt", meint er weiter.

Doch blicken wir mal 30 Jahre zurück, als die britische Street-Food- und Pop-up-Szene noch nicht existierte und Induktionskochfelder als geschmacklos galten. In den 70ern wurden sie in privaten Küchen normal, aber nicht in Restaurants. Zum einen braucht man dafür besondere Töpfe, aber vor allem, glaubt Lowe, lag das daran, dass man in der Gastronomie, wenn es um Technik und Werkzeuge ging, sehr vornehm tat.

"Viele Köche liebten Gas, weil es sie an die Zeiten der französischen grand cuisine erinnert. Wenn man die Hitze mit bloßen Augen kontrolliert, das ist "richtiges Kochen", das muss man nicht mehr machen, wenn man eine Zahl auf dem Induktionsfeld wählt", meint er. "In den Küchen von Paris wird man überall Gasherde mit Glühplatte sehen – keine Induktion, keinen Grill oder wie es nennen, barbecue.

Doch die britischen Millennials haben die kulinarische Kultur verändert. Diese Generation entdeckt bereitwillig mit solchen DIY-Geschichten neue Wege, und die französische Küche wird zwar durch geliebt, aber lange nicht mehr vergöttert. Und so sind für sie Induktionskochplatten ein nützliches und erschwingbares Utensil für den ambitionierten Koch mit begrenztem Budget und Platz.

Eines von Tim Speddings Gerichten von der Induktionsplatte. Foto mit freundlicher Genehmigung vom P. Franco