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Karriere

Fehlt weiblichen Küchenchefs das nötige Feuer?

Köchin Dominique Crenn, ausgezeichnet mit zwei Michelin-Sternen, kommentiert die herablassenden Macho-Sprüche des britischen Star-Kochs Tom Kerridge.

Vor ein paar Tagen hat der britische Star-Koch Tom Kerridge für reichlich Wirbel gesorgt, als er meinte, dass er zwar „_Mädels in der Küche mag", aber gleichzeitig findet, „dass ihnen das nötige Feuer fehlt", was auch erklären würde, warum „es so wenig weibliche Küchenchefs gibt." Wir haben Dominique Crenn—ausgezeichnet mit zwei Michelin-Sternen—gefragt, was sie von _Kerridges Kommentaren hält.__

Ich werde oft gefragt, wie es so ist, ein weiblicher Küchenchef zu sein. Dennoch fühle ich mich jedes Mal von Neuem überrumpelt. Was soll ich sagen? Ich bin eine Frau, war nie etwas anderes und kenne nur dieses eine Gefühl. Und ich bin gelernte Köchin und zur selben Zeit Köchin aus Leidenschaft, 24 Stunden am Tag, was sich auch in naher Zukunft nicht ändern wird. Ich stammle also meist verlegen eine Antwort und fühle mich dabei gezwungen, etwas besonders Schlaues zum Besten zu geben, das sexistischen Menschen die Augen öffnen, anderen Frauen in der Gastronomie Mut machen und mir bei Feministinnen Pluspunkte sichern soll. Gleichzeitig versuche ich, meinen männlichen Kollegen nicht auf den Schlips zu treten (die ich sehr schätze und mit denen ich ein äußerst kameradschaftliches Verhältnis pflege). In den letzten Jahren war ich mehrmals dabei, als meine männlichen Kollegen gefragt wurden, wie die Arbeit als Küchenchef (von männlicher Küchenchef war keine Rede) so sei. Und jedes Mal habe ich mir gewünscht, auf dieselbe Frage antworten zu dürfen.

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Klar, wir sind am Ende alle Küchenchefs, doch ich soll darüber hinaus noch eine Extrarolle ausüben und etwas Besonderes sein. Ich soll aufgrund meiner Erfolge als Vorzeigefrau für Gleichberechtigung innerhalb der Gastronomie herhalten. Versteht mich nicht falsch: Ich bin gerne dazu bereit, als Wegbereiter für andere weibliche Küchenchefs zu dienen und mich für die Interessen meiner Kollegen—männlich wie weiblich—einzusetzen. Aber gleichzeitig mache ich mir Sorgen, dass ich immer zuerst als weiblicher Küchenchef angesehen werde. Mit anderen Worten: Dass ich (weiterhin) in eine Ecke gedrängt werde, aus der ich mich alleine nicht befreien kann.

Ich hoffe, ich werde eines Tages zu diesem Thema etwas so Kluges sagen können, dass ich damit den Weg für aufstrebende weibliche Kochtalente ebnen kann. Und ich so einen eigenen kleinen Beitrag dazu leiste, dass auch Frauen einfach nur gute oder schlechte (und nicht primär weibliche!) Küchenchefs sein können.

Jetzt kommen wir zu den absurden Kommentaren von Tom Kerridge aus der letzten Woche. Natürlich kann man die nicht einfach so stehen lassen.

Ich soll—und möchte—also Stellung beziehen zu dieser erschreckend geistlosen und frauenfeindlichen Denkart, bei der es jeder modernen Frau kalt den Rücken runterläuft. Bei Äußerungen dieser Art müssen sich die Leute nicht wundern, warum sich einige von uns weiterhin wie Bürger zweiter Klasse behandelt fühlen, deren Vergehen es scheinbar ist, sich in eine Männerdomäne reingezwängt zu haben, wo wir ständig Fehler machen und deswegen von unseren männlichen Kollegen abhängig sind. Vor wenigen Tagen hat ein berühmter Koch beschlossen, über 51 Prozent der Weltbevölkerung zu urteilen. Er hat etwas gemacht, was eine Küchenchefin niemals gemacht hätte. Oder könnt ihr euch vorstellen, dass sich eine Frau so über ihre männlichen Kollegen ausgelassen hätte?! Wir Frauen ticken eben anders.

Ich habe über tausend E-Mails bekommen, in denen ich gebeten wurde, diesen Koch zurechtzuweisen oder wenigstens zu seinen Kommentaren Stellung zu nehmen. Wie lautet also meine Antwort?

In der Vergangenheit hätte ich seine Äußerungen ins Lächerliche gezogen. Heute aber habe ich nur eine Bitte: Lieber Tom, kannst du mir einen Gefallen tun und einfach mal in Ruhe darüber nachdenken, wie deine abfälligen Kommentare deine Kollegen und Kolleginnen beeinflussen? Wie sie auf Frauen im Allgemeinen wirken und speziell auf solche, die ein Teil unserer wunderbaren Arbeitswelt werden wollen? Kannst du dich bitte den Frauen in deinem Umfeld zuwenden und sie um ehrliches Feedback bitten? Frag sie einfach, wie sehr deine Sprüche solche Frauen verletzen und beleidigen, die immerzu versuchen, ihr Potential abzurufen, und mit größter Leidenschaft ihrem Beruf nachgehen.

Und lass dir diese eine Sache gesagt sein: Wir haben nicht vor, unseren männlichen Kollegen irgendetwas wegzunehmen. Wir wollen einfach nur gleichberechtigt an einem Tisch sitzen und unsere Vorstellungen, Ideen und Wünsche bezüglich unserer Arbeit—die für uns genauso Berufung und Kunst ist wie für euch—äußern können. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.