Klein-Tokyo am Rhein–japanisch essen in Düsseldorf
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Klein-Tokyo am Rhein–japanisch essen in Düsseldorf

Düsseldorf hat eine der größten japanischen Communitys Europas, was sich auch kulinarisch niederschlägt. Hier lässt es sich besonders gut japanisch essen.

Düsseldorf ist nicht nur voller neureicher Wasserstoffblondinen mit aufgeblasenen Lippen und Pudel auf dem Schoß. Nein, Düsseldorf hat, wer hätte das gedacht, eine der größten Communitys Japans außerhalb Japans.

Wer in Berlin, München oder Frankfurt Sushi bestellt, bekommt dies meist von einem Vietnamesen, Koreaner oder Thai gerollt, serviert und nach Hause geliefert, machen wir uns nichts vor. Nach einem Aufenthalt in Japan Anfang des Jahres hatte ich also Entzugserscheinungen nach einem echten japanischen Ramensüppchen. Da kam mir der Umzug meines Freundes nach Düsseldorf gerade recht. Ich packte meine sieben Sachen und machte mich auf nach „Klein-Tokyo am Rhein".

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kushi-tei

Bereits in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts begann die Einwanderung der Japaner in Düsseldorf. Der erste japanische Einwanderer wurde 1905 registriert. Aber erst in den 60er Jahren begann der Boom der japanischen Gemeinschaft, aufgrund der zentralen Lage mitten in Europa und den guten Lieferbedingungen für Stahl und Chemieerzeugnisse. Den ersten Geschäftsmännern folgten bald verschiedene Dienstleister. Schließlich kamen in den 80er Jahren auch gastronomische Einrichtungen hinzu, um die mittlerweile große Community der hier lebenden hungrigen Japaner zu speisen. Heute leben ca. 8.000 Japaner in Nordrhein-Westfalen, davon ca. 6.500 in Düsseldorf und Umgebung (Stand 2010).

Um ihr leibliches Wohl sorgen sich mehr als zwei Dutzend japanische Restaurants, Cafés und Bäckereien, die von Sushi bis hin zu Kaiseki-Küche, der ultimativen Haute Cuisine Japans, alles anbieten, was die Durchschnitts(business)japaner, und auch immer mehr Deutsche, so in sich reinschaufeln oder -schlürfen.

kushi-Tei grill

Das Herz des japanischen Viertels, das um die Immermannstraße in Düsseldorfs Innenstadt zentriert ist, bildet das Hotel Nikko, ein 70er-Jahre Glas-und-Metall-Bunker ohne jeglichen von außen erkennbaren Charme. Auf dem Weg zur Rezeption, muss man vorbei an dem obligatorischen Champagnertrüffel und Kristallfiguren verkaufenden Souvenir-Shop und der Hair-Boutique des Hauses. Von dort wird man aber freundlich weiter verwiesen in das Restaurant Benkay, das Schatzkästchen des Hotels.

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Die Odyssee über Auslegeware lohnt sich. Ein dezent beleuchteter, mit dunklen, grob behauenen Steinen ausgelegter Weg führt in die verschieden gestalteten, fensterlosen Tatami-Räume des Restaurants, in welchen man nicht nur Sushi und Teppanyaki, sondern insbesondere auch die traditionelle Kaiseki-Küche serviert bekommt.

Kaiseki ist, kurz gesagt, so etwas wie eine philosophische Abhandlung über Zen-Buddhismus in Essensform. Sie balanciert kunstvoll Geschmack, Farbe, Aussehen und Konsistenz der einzeln angerichteten Speisen, wobei die Jahreszeit und lokale Nahrungsmittel eine besondere Rolle spielen. Unterschiedliche Komponenten treffen in einem sogenannten Gozen, also etwa „kleiner Tisch", aufeinander, bei dem das perfekte Arrangement von saisonalem Gemüse, Fleisch, Fisch - so geschnitten wird, dass es seinen Eigengeschmack auf ideale Weise entfalten kann—und die dazu passende saisonal gestaltete Keramik aufeinander treffen.

kushi-tei kobachi

Küchenchef des Benkay ist Masao Yoshida, ein Altmeister der Kaiseki-küche, der 25 Jahre in Osaka arbeitete, bevor er ins Hotel Nikko kam. Für mich hat er-der übrigens weder Deutsch noch Englisch spricht-eine kleine Auswahl an Tempura, dazu feinst geschnittenes Sashimi, eine herbstliche Auswahl Gemüse, und zartes Rindfleisch auf Salatbett zusammengestellt. Fast unnötig es zu erwähnen, aber das japanische Ideal des hara hachi bunme—man möge nur soviel essen, dass der Magen zu 80% gefüllt sei—hat für mich wieder einmal nicht funktioniert.

Gegenüber vom Hotel Nikko liegen die Restaurants Kushi-Tei und Takumi, die mit modernem japanischen Fast-Food ein jüngeres Publikum ansprechen. Kushi-Tei ist ein klassischer Izakaya nach japanischem Vorbild, also ein Mittelding aus Restaurant und Kneipe, wo Japaner nach Feierabend mit Freunden und Kollegen sitzen, trinken und kleine, am ehesten mit Tapas vergleichbare Speisen naschen. Kobachi nennen sich diese gemischten Platten, aus gegrillten Yakitori-Spießchen, Meeresschnecken, Rippchen und in Speck eingewickeltem Spargel. Früher, so Direktor der Läden Haruhiko Saeki, war japanisches Essen für Nicht-Japaner nur Sushi. Heute aber habe sich das geändert. Insbesondere das Ramen-Restaurant Takumi ziehe viele Deutsche an. Die Nudeln dazu importiert er extra von einem traditionellen Ramen-Hersteller aus Sapporo, und um die Brühe stark und schmackhaft werden zu lassen, werden Hähnchen und Schweineknochen zusammen mit Gemüse und Kombu (eine Algenart) oft über Stunden in einem Kessel gekocht und anschließend mit Salz, Miso oder oder Soya Sauce abgeschmeckt. Ramen muss man, so Saeki, lautstark Schlürfen, damit sich der Geschmack entfaltet—damit seien die Deutschen nach wie vor zu zurückhaltend.

Fotos: Barbara Russ