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Geruchssinn

Warum Köche mehr auf ihre Nase hören müssen

Die meisten Köche zerbrechen sich den Kopf über Geschmackskombinationen, während dem Geruch von Essen nur eine Nebenrolle zukommt. Warum sich das ändern muss, erklärt uns Enrique OIvera, einer der besten Köche Lateinamerikas.

Mein Hass für intensive und strenge Gerüche kam in der Kochschule voll zur Blüte. Wenn ich ihnen heute zu lange ausgesetzt bin, ist ein ordentliches Schädelbrummen vorprogrammiert. Das soll aber nicht heißen, dass ich vorher ein Fan von olfaktorischen Schwergewichten gewesen bin. Fest steht aber, dass mittlerweile jeder Gang durch die Parfümabteilung eines Warenhauses oder jeder vom Taxi-Rückspiegel hängende „Duft"-Baum zu meinem wahrhaftigen Albtraum geworden ist. Bei Essen scheine ich dieses Problem glücklicherweise nicht entwickelt zu haben, außer bei rohen Eiern vielleicht. Ich mag einfach den Geruch nicht, vor allem wenn sie schon zu lange draußen gelegen haben. Und obwohl Ingredienzen wie Lavendel oder Tonkabohnen häufig in der Parfümherstellung Verwendung finden, haben sie in ihrem Naturzustand glücklicherweise ein deutlich milderes Aroma.

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Der Geruchssinn spielt neben den anderen menschlichen Sinnesorganen nur die zweite Geige, und es kommt zu selten vor, dass wir uns seiner bewusst bedienen. Die meisten Muttis rügen uns mit erhobenem Zeigefinger, wenn wir an unserem Essen riechen, und schwingen prompt die Tischmanieren-Keule.

In der Restaurantküche sind Schnupperproben hingegen vollkommen OK, genauso wie auf dem Lebensmittelmarkt. Die wenigsten Leute haben noch die Angewohnheit, richtig an Sachen zu riechen. Sogar einige Köche machen es nicht so oft, wie sie von Berufs wegen sollten.

Ich habe mal gehört, dass du dich zumeist auch in den Körpergeruch einer Person verliebst. Ob das nun stimmt, kann ich nicht beurteilen—was ich dir aber schwarz auf weiß geben kann ist, dass ich die Flucht ergreifen werde, sobald ich merke, dass neben mir jemand müffelt.

Deinen Geruchssinn kannst du trainieren, indem du dir beispielsweise gezielt Düfte einprägst. Das soll nicht heißen, dass du deswegen gleichen einen Kurs für Geruchsausbildung besuchen sollst. Vielmehr geht es darum, den Gerüchen in deiner Umwelt im Allgemeinen mehr Aufmerksamkeit entgegenzubringen. Ich habe mal gehört, dass du dich zumeist auch in den Körpergeruch einer Person verliebst. Ob das nun stimmt, kann ich nicht beurteilen—was ich dir aber schwarz auf weiß geben kann ist, dass ich die Flucht ergreifen werde, sobald ich merke, dass neben mir jemand müffelt.

Als Koch ist das so eine Sache mit Gerüchen, weil wir uns die meiste Zeit über Geschmack—und eben nicht über Gerüche—den Kopf zerbrechen. Geruch gehört in die Küche, und Geschmack auf den Teller. Doch wenn wir unser Essen probieren, verschmelzen beide Sphären zu dem, was unser Essenserlebnis ausmacht. Dennoch: Ich kann über Köche nur lachen, die an einem Eintopf riechen und dann sagen können, ob er gut gewürzt ist. Nicht dass du nicht auch deinen Geruchssinn in der Küche anwenden solltest—doch Geruch und Geschmack sind nun mal zwei verschiedene Paar Schuhe. Ob in eine Sauce noch Salz gehört oder nicht, kannst du schlicht und einfach nicht einfach so erriechen. Nie und nimmer.

Mehl ist fast geruchlos, aber wenn du es mit Eiern, Butter und Zucker vermischst, entsteht einer der köstlichsten Gerüche auf der ganzen Welt. Das gleiche Phänomen hast du auch bei Tomaten, die roh noch ganz anders riechen als gekocht. Wenn du Lebensmittel kochst, kann das ihren Geruch deutlich verbessern. Ein Stück Fleisch etwa entwickelt auf dem Holzkohlegrill ein viel besseres Aroma als ungekocht.

Unser Gedächtnis spielt eine zentrale Rolle bei unseren Geruchspräferenzen. Düfte, die in unserer Kindheit oft durchs Elternhaus waberten, können uns noch Jahrzehnte später in vielen Situationen Trost spenden. Vor allem ausgefallene Gerüche … Ich erinnere mich zum Beispiel noch ganz deutlich an den Geruch von reifen Bananen in dem Haus meiner Großmutter, ganz so wie ein Junge aus Thailand nie mehr den Duft von fermentierter Fischsauce vergessen wird (kein Wunder eigentlich).

So oder so sollte unsere Maxime also lauten: Licht aus—Nase an.