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Interview

I Got It From My Mama–mit Billy Wagner

Billy Wagner ist der Inhaber von Nobelhart & Schmutzig in Berlin. Er ist mehrfach zum besten Sommelier des Landes ausgezeichnet worden und ist einer der trinkfestesten und meinungsstärksten Wirte Deutschlands. Heute beantwortet er uns ein paar Fragen...

In unserer Kolumne „I Got It From My Mama" fragen wir Persönlichkeiten, Foodies und auch Leute, die mit Essen gar nichts am Hut haben, woran sie denken, wenn sie an Essen denken.

Heute beantwortet uns Billy Wagner ein paar Fragen zum Thema Essen, bevor er für den MUNCHIES Guide To Mosel vor der Kamera steht. Das wird dann ungefähr so aussehen:

Billy_Wagner

Diese Gesichtsmaske aus Hefe eines Weinguts an der Mosel ist unbezahlbar.

Billy ist der Inhaber von Nobelhart & Schmutzig in Berlin. Er ist mehrfach zum besten Sommelier des Landes ausgezeichnet worden und ist einer der meinungsstärksten Wirte Deutschlands. Ob mit oder ohne Schuh, keine Flasche mit großem Inhalt ist vor ihm sicher. Nur Tequila kann er auf den Tod nicht leiden. Mit wirklich guten Freunden trinkt er am liebsten Kräuter-& Obstbrände, ein oder zwei Likörchen und selbstverständlich Bier–Uerige Alt. Da andere Mütter aber auch schöne Töchter haben, schläft er häufig fremd.

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Ausserdem kann er Weinflaschen mit einem Schuh öffnen!

Wenn du die Augen schließt und an Essen denkst, was fällt dir ein?

NIX, ich schlafe vielleicht ein.

War gutes/gemeinsames Essen wichtig in deiner Familie? Wie ist es jetzt?

Ich habe selten mit meinen Eltern gegessen. Meine Eltern hatten immer eine eigene Gastronomie und ich habe meist am Abend, vor dem Service, das bekommen, was ich wollte bzw. das was gerade gab. Ich hab meist alleine gegessen, oder war im Restaurant wo auch die normalen Gäste aßen. An der Theke oder am Tisch. Ich mochte das so. Wenn ich bei einem Kumpel zu Besuch war, habe ich dann mit der Familie gegessen. Das war dann anders. Meist war es kalt, bei mir war das Abendessen immer warm.

Wie wurde das Essen bei euch in der Familie gehandhabt—wurde es so richtig zelebriert oder war das eher etwas, das man nebenbei gemacht hat? Haben Mama/Papa/Oma regelmäßig gekocht? -

Oma und Opa hatten auch eine Gastronomie, das war 81 bis 85 habe ich immer in der großen Küche hinter dem Gastraum gesessen und gegessen. Ich erinnere mich noch das Papa gekocht hat mit Oma. Und Opa hat mit der Mama das Service gemacht. Oma hat sehr ordentlich und gut gekocht. Einfach, aber lecker. Bester Kartoffelsalat mit Mayo und so. Und Bohnenkaffee, Mukkefukke, hat sie auch immer getrunken.

Bei der der anderen Oma, der Mama von Papa war das anders. Man hat mit Opa und Oma normal kalt gegessen. Oma hatte einen riesigen Garten und viel eingeweckt und so. Jetzt weiß ich wieso, weil es im Osten nix gab. Das Abendessen war immer kalt. Mittags gab es was Warmes. Oma und Opa waren beide damals schon Rentner, zumindest bilde ich mir das ein und ich war nur in den Ferien bei ihnen.

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Und wie war das am Wochenende? Gab es da etwas Spezielles? Gab es ein gemeinsames Sonntagsessen?

Sonntags wurde immer gearbeitet. Deswegen hass ich es auch Sonntags zu arbeiten und gehe lieber Mittags in Berghain. Als ich älter wurde, so mit 13, musste ich auch immer Sonntags arbeiten. Das war auf der einen Seite ok, weil ich Geld verdiente. Zehn Deutsche Mark die Stunde, später konnte ich Mama auf 12,50 Deutsche Mark hochhandeln. Da ich nie wirklich Taschengeld bekam, habe ich eigentlich immer für mein Geld auch was gemacht. Ich hatte viel Geld, vielleicht sogar etwas zu viel–für mein Alter. Aber damals war mir das nur ganz recht.

War gutes Essen in deiner Kindheit wichtig?

Von der 5. bis zur 8. Klasse war ich im Internat. Nur Jungs. Herz Jesu. Dort gab es einen festen Küchenplan. Ich weiß nur noch, dass es Mittwochs immer Nutella zum Frühstück gab. Manche hatten Müsli selbst mitgebracht und andere auch Nutella für die restlichen Tage. Alle freuten sich auf Mittwoch. Ansonsten gab es Abends immer kalte Platte mit Wurst und Käse und ab und zu einen Eintopf. Mittags wurde warm gekocht. Es war ok, das Essen. Aber wenn du für 200 Leute kochst, was willst du da erwarten. In der 5. und 6. Klasse hat mein Papa mich immer abgeholt. Das war circa 140 Kilometer entfernt. Und dann wir sind immer Freitag Nachmittags zu McDonalds. Ich würde das heute wohl nicht mit meinem Kind machen. Aber damals habe ich immer gedrängelt und vielleicht wollte er, das ich Ruhe gebe. Er hat meist Salat gegessen. Ich, Kindermenü und/oder Chicken McNuggets mit der süßen Sauce–keine Ahnung welche das war…

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Daheim aber gab es immer gutes Essen. Bodenständig und gut. Gute Produkte, Gemüse, viel Fleisch. Gutbürgerlich hat mein Papa immer gesagt.

Selbstverständlich sind meine Eltern auch viel Essen gegangen und ich durfte immer mit. Da gab es dann auch Kaviar und Gänseleber und Carpaccio. Das liebte ich. Mit Parmesan, Kirschtomaten, Balsamico und Olivenöl. Und viel grobem Salz und Pfeffer. Das konnte ich wie wild essen.

Hast du gewisse Essens-Rituale aus deiner Vergangenheit für dich übernommen? Oder hältst du es ganz anders?

Ich gehe immer noch viel und gerne essen, das vielleicht. An Weihnachten habe ich gerne Kartoffelsalat, wie bei Oma, nur meiner schmeckt nicht so wie der Oma. Ich mache zu viel, sagt meine Mama. Die Oma hat immer als gleich gemacht. Ich verändere jedes Mal etwas.

Es heißt ja oft, „Niemand kocht so gut, wie die Mama/Oma oder der Papa/Opa". Gibt es ein Rezept, das du da weitergeben kannst?

Kartoffelsalat! Mit Äpfel, selbstgemachter Mayonnaise, eingelegte Gurken, Essig und Salz

Mengenangaben gibt es da keine. Das entscheidet das Gefühl. Dazu Wiener, aber die guten vom Kalb!

Wo/Was und mit wem hast du gegessen und wirst es wahrscheinlich nie vergessen?

2002 bei Charlie Trotter in Chicago. Ich habe zuvor im Essigbrätlein gearbeitet und dort hatten wir zwei oder drei Bücher von ihm stehen. Die habe ich angelesen und war total begeistert. Der Chef im Essig, Andre Köthe, hat immer von ihm geredet. Und als ich dann meinen Zivildienst in den USA bei HMFI in Chicago anfing, war klar, dass ich mir einmal ein Essen von meinen Eltern dort wünschen musste. Als meine damalige Freundin Kathrin zu Besuch kam, gingen wir dort hin. Es kostete 700 Dollar. Irres Geld, aber es hat mich geprägt. Ich aß ein vegetarisches Menü. Damals wußte noch niemand, was Vegetarier überhaupt sind. Zumindest nicht in Deutschland. Vorher war ich nur zwei Mal so gut essen: Einmal im Tantris in München und in der Zirbelstube in Stuttgart.

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2010 war ich im Asador Extebarri bei San Sebastian mit zwei Winzerfreunden, Tom Lubbe und Dominik Huber. Das war ein irrer Mittag. es war das beste Essens meines Lebens. Das Menü könnte ich dir heute fast komplett aufzählen. So einfach und so gut. Und du weißt nach zehn Gängen noch, was du gegessen hast. Das war ein entscheidendes Menü, auch für Micha Schäfer in unserem Nobelhart & Schmutzig.

Hier geht es zu einem Rezept aus dem Nobelhart und Schmutzig.

2012 haben wir das Faviken mit zwölf Freunden gemietet. Der Polarkreis ist nur 500 Kilometer entfernt und man trifft sich in der Sauna mit Wurst und Bier und eingelegten Gurken. Die männlichen Gemächte baumeln unter dem Handtuch und dann isst man und trinkt man und schläft und fährt wieder und hat so einfach, aber gleichzeitig so gut gegessen, wie selten im Leben.

2013 war ich bei Chefs Table@Brooklyn Fare: Mit einer entfernten Bekannten verbrachte ich dort einen Abend, der in einer Bar und nicht im Bett miteinander endete. Wir haben einen Chef erlebt, der die Gäste beim Essen beobachtet, eine Weinkarte, die radikaler nicht sein kann und ein Essen, so großzügig, unerwartet und wahnsinnig spannend.

Wo/was und mit wem würdest du jetzt am liebsten essen?

INGA, meine Freundin!

Was ist dein Lieblingsessen?

Gibt es nicht, da andere Mütter so viele hübsche Töchter haben.

Gibt es einen Geruch eines Essens, den du liebst oder hasst und warum? An was erinnert er dich?

Trüffelöl, mag ich nicht–es riecht und schmeckt scheiße! Fast alle, die es einsetzen, verwenden zu viel. Es ist ein Facefuck eines bärtigen Mannes! BÄÄÄÄÄ! Versaut dir so richtige die besten Pasta.

Gibts ein Essen, auf das du Lust hast, wenn du verkatert bist?

Pho oder Nudelsuppe beim Japaner.

Vielen Dank für das Interview!