Der Kaffeehandel ist fundamental ungerecht – diese Maschine soll das ändern
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Kaffee

Der Kaffeehandel ist fundamental ungerecht – diese Maschine soll das ändern

Das ist keine kleine Sache, sagt der Erfinder Hans Stier: „Kaffee ist nach Öl das meist gehandelte Gut auf der Welt“.

Der Deutsche trinkt lieber Kaffee als Bier. 107 Liter Goldenes trinkt der Durchschnittsmensch im Schnitt im Jahr – und 162 Liter Schwarzes. Das sind Zahlen, die Deutschlands Ansehen in der Welt sehr schaden können. Deutschland ist nicht mehr das Land der Dichter, Denker und Biertrinker. Egal, das ist hier nicht das Problem. Das Problem ist der internationale Kaffeehandel, zumindest wenn man Hans Stier fragt. Er ist der Gründer und CEO der Berliner Firma Bonaverde, die jetzt damit begonnen hat, ihre neuartige Kaffeemaschine auszuliefern.

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Gründer und CEO Hans Stier

Die Kaffeemaschine ist eine komplette Neuentwicklung, die Bonaverde über Kickstarter finanziert hat. 2013 haben sie dafür zwei Millionen Dollar eingenommen, schon nach 13 Stunden hatten sie ihr Funding-Ziel erreicht. 799 Euro soll sie jetzt kosten. Die Maschine ist eine eierlegende Wollmilchsau. Oder, in Kaffeesprache, eine „Röst-Mahl-Brüh-Kaffeemaschine" (Stier). Diese Maschine kann grüne Bohnen rösten, damit ist der Kunde in der Lage, auf einem Internetmarktplatz, den die Firma selbst betreibt, direkt von den Bauern zu kaufen.

25 Millionen Menschen sind weltweit am Kaffeegeschäft beteiligt, 75 Prozent davon sind Kleinbauern, das hat eine Studie von Oxfam herausgefunden. Deren Lage ist oft schwer, weil sie das schwächste Glied der Kette sind. Oxfam bemerkt, dass es vielen an „Martkzugang" fehlt und sie deswegen nicht das Geld bekommen, das die Ware eigentlich Wert ist. Kaffee wird oft in Regionen angebaut, die nur schwer zu erreichen sind. Die Bauern verlassen dann ihren Hof nicht, der Kaffee wird von reisenden Händler gekauft. Die Bauern können sich nicht aussuchen, an wen sie verkaufen. Der Anteil des Lohns für den Kaffeebauern am Gesamtgewinn ist eher klein. Für Bauern aus Äthopien sind das etwa 5–10 Prozent des Ladenpreises. Die Bonaverde-Maschine ist ein Versuch, ein wirtschaftlich-moralisches Problem technisch zu lösen.

Und natürlich Kaffee zu produzieren, der schmecken soll.

MUNCHIES: Was sind die größten Probleme eines Kaffeehandels?
Hans Stier: Aktuell wird Kaffee an der New Yorker Börse gehandelt. Kaffeepreise werden bis zu zwei Jahre im Voraus definiert – ohne Gewissheit, wie Witterung und Ernte in diesen Jahren sein wird. So kann es passieren, dass Farmer gezwungen werden, unter ihren Produktionskosten zu verkaufen. Der Kaffeehandel hat bis zu 17 verschiedene Zwischenhändler, die alle Margen verdienen müssen. Röstereien verdienen schließlich bis zu 40 % am Ladenpreis.

Wie will deine Maschine das ändern, wo setzt es an?
Wenn man die Verarbeitung von Wein mit der von Kaffee vergleicht, stellt man sehr viele Parallelen fest: Der Anbau hat einige Ähnlichkeiten, die Geschmacksvielfalt ebenfalls. Wer als Gast in einem Restaurant jedoch einen Wein bestellt, bekommt eine Karte mit vielen verschiedenen Weinen präsentiert. Bestellt man Kaffee, bekommt man relativ kommentarlos einen beliebigen Kaffee präsentiert. Wir wollen das Bewusstsein für verschiedene Geschmäcker in der Kaffeewelt beim Konsumenten schaffen.

Woher die Idee, ein ethisches Problem mit einer technischen Lösung zu bekämpfen?
Um grüne Bohnen verkaufen zu können und so den direkten Handel zu ermöglichen, müssen wir den Kunden ein Tool an die Hand geben, das diese Aufgabe für sie übernimmt. Dieses Tool haben wir in vielen Jahren intensiver Arbeit entwickelt und umgesetzt und sind nun in Produktion. Auf das Ergebnis sind wir stolz.

Vielen Dank für das Gespräch.