Drecksarbeit im Restaurant hat mir geholfen, ein besserer Koch zu werden
Fotos af Albert Law : www.porkbellystudio.com

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san francisco

Drecksarbeit im Restaurant hat mir geholfen, ein besserer Koch zu werden

„Wenn ich nicht jede nur erdenkbare Aufgabe in einem Restaurant gemacht hätte—egal ob glamourös oder nicht—, wäre ich nicht da, wo ich heute stehe.“

Mein Weg in die Gastronomie war etwas ungewöhnlich. Ich kam gerade vom Militär und wollte eigentlich als Automechaniker arbeiten, schließlich habe ich das auch in der Armee gemacht. Ich hatte also eher so eine handwerkliche Einstellung.

Dann hat mich einer meiner Cousins eines Tages gefragt, warum ich nicht in der Gastronomie arbeite. Meinen Eltern gehörte ein chinesisches Fast-Food-Restaurant, also hab ich es einfach probiert. Danach bin ich auf die Kochschule gegangen.

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Gleich am ersten Tag habe ich einen Job bei Water Grill als Tellerwäscher bekommen, mein Chef war Koch David LeFevre. Ich hatte vorher noch nie in einer professionellen Küche gearbeitet und habe einfach an die Hintertür geklopft und gefragt, ob sie jemanden suchen. Dann habe ich mich hochgearbeitet, aber das ist in einem Restaurant, indem es mehr um die Quantität geht, nur begrenzt möglich. Als erste Erfahrung toll, aber nach einem Jahr musste etwas anderes her.

Mosu - Sea moss, Foie gras, Turnip, Scallion

Irisch Moos, Foie Gras, Rüben, Frühlingszwiebeln. Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von Mosu und Patricia Chang

Ich liebe Sushi, also dachte ich mir, warum nicht in einem High-End-Sushi-Restaurant arbeiten. Ich wollte unbedingt im Urasawa in Beverly Hills arbeiten, die Top-Location für Sushi in L.A. Das war allerdings nicht so einfach. Der Koch und Besitzer Hiro-San wollte mich einfach nicht einstellen. Ich rief an, er legte einfach auf. Ich ging zum Restaurant, klopfte an die Tür, er machte nicht auf. Der Typ war meine persönliche Herausforderung.

Eines Tages machte er mir dann auf und ich meinte nur zu ihm: „Ich möchte hier arbeiten!"

Er stellte mir zwei Bedingungen: Erstens würde er mich im ersten Monat nicht bezahlen. Zweites musste ich ganz unten anfangen. Ich bin also zur Kochschule gegangen, habe neue Techniken gelernt, nur um dann im Urasawa alles Mögliche zu machen, außer zu kochen. Ich hab die ganze Drecksarbeit erledigt: die Theke aus Zypressenholz abgeschliffen, Teller um Teller gewaschen, gefegt, gewischt, die Toiletten geputzt, Reservierungen entgegengenommen, den Leuten die Tür geöffnet, gekellnert.

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photography by Albert Law : www.porkbellystudio.com

Geräucherter Thunfisch, Daikon, Seetang, Yuzu, eingelegter Ingwer

All diese Aufgaben waren vielleicht nichts für einen Koch, der kurz davor stand, seinen Abschluss an der Kochschule zu machen, aber das war in Ordnung. Ich wusste, dass die amerikanische und die japanische Kultur unterschiedlich sind, das hat mir geholfen. Irgendwie hat es mir auch ein gutes Gefühl gegeben, wenn ich etwas immer wieder gemacht habe und mit der Zeit richtig gut daran wurde, selbst wenn es Putzen ist. Keine Ahnung warum.

Man wird einfach besser und schnell. Irgendwann freut man sich darüber, wenn ein Tisch supersauber ist. (Noch glücklicher macht es einen, wenn das auch die Gäste bemerken.) Ich war der einzige von 30 Angestellten—einige von ihnen haben schon nach ein paar Stunden ihren Job hingeschmissen—, der mit Hiro-Sans Beleidigungen und Befehlen umgehen konnte. Irgendwann habe ich dann auch Gemüse geschnitten und gekocht.Damals wusste ich aber noch nicht, dass diese ganzen kleinen Aufgaben, die nichts mit dem Kochen zu tun hatten, für meine weitere Gastrokarriere extrem hilfreich waren.

Mosu - Shrimp chiffon cake, Subise

Lockerer Garnelenkuchen mit Sauce Soubise

Den Abschluss habe ich parallel zu meinem Vollzeitjob gemacht. Zu der Zeit habe ich wenig geschlafen, aber ich wollte es endlich zu Ende bringen. Das hat unglaublich viel Disziplin von mir abgefordert, was mir am Ende dabei geholfen hat, zehn Jahre später mein eigenes Restaurant in San Francisco zu eröffnen.

Mosu - Truffle, Sea urchin, Sake lee, Rice, Fish head extract

Trüffel, Seeigel, Reis

In einem Restaurant geht es nicht nur um das Essen, das weiß jeder. Es geht um Logistik, Organisation, Service und noch so viel mehr. Wer mit einem begrenzten Budget in San Francisco ein Restaurant eröffnet, muss einfach hart arbeiten. Das weiß ich dank meiner Arbeit im Urasawa. Mir macht es Spaß, Reservierungen entgegenzunehmen und E-Mails zu beantworten. Ich bin gern Manager und natürlich macht mir auch das Kochen noch Spaß.

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Mosu - Grilled root vegetable, Butter, Fermented kelp, Sansho seed

Gegrilltes Wurzelgemüse, Butter, Seetang, Sancho-Pfeffer

Seit vier Monaten bin ich jetzt im Geschäft, noch geht es ums Überleben. Ohne meine Erfahrungen, wenn ich nicht jede nur erdenkbare Aufgabe in einem Restaurant gemacht hätte—egal ob glamourös oder nicht—, wäre ich nicht da, wo ich heute stehe.

Aufgezeichnet von Javier Cabral

Dieses Interview wurde aus Platz- und Verständnisgründen redigiert.

Sung Anh ist Koch und gleichzeitig Besitzer des Mosu, einem neuen, modernen amerikanisch-japanischen Restaurant in San Francisco. Vorher hat er im Benu, The French Laundry, Urasawa und bei Water Grill gearbeitet. Mehr Informationen zu seiner Arbeit findet ihr auf der Website seines Restaurants.