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Arbeitsbedingungen

Schlachthäuser sind nicht nur für Tiere eine Gefahr

Auch wenn die Verletzungszahlen in amerikanischen Schlachthäusern sinken, heißt das nicht, dass alles in Butter ist. Viele Unfälle werden nicht gemeldet.

So langsam läuft die Grillsaison an und überfreudig stopfen sich Menschen in Parks den Bauch mit Fleisch voll, nicht nur hierzulande, sondern auch in den USA. Zeitgleich mit dem Grillgelage und dem Einläuten der Sommersaison am Memorial Day veröffentlichte der US-Rechnungshof, das Government Accountability Office, jetzt Zahlen zur Arbeitssicherheit und Gesundheit in der Fleisch- und Geflügelindustrie.

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Wer denkt, dass ein Schlachthaus nicht unbedingt zu den sichersten Arbeitsplätzen zählt, liegt richtig.

Obwohl die Zahlen für Verletzungen und Krankheitstage zwischen 2004 und 2013 zurückgegangen sind (bei Verletzungen 2004: 9,8 Fälle pro 100 Vollzeitarbeiter; 2013: 5,7), hat der Rechnungshof herausgefunden,dass nicht alle Verletzungen gemeldet werden. Bei einer telefonischen Pressekonferenz anlässlich der Veröffentlichung des Berichts am Mittwoch berichteten Arbeitervertreter von verschiedenen Unfällen und von Fällen, wo Arbeiter nach einer Arbeitsverletzung gefeuert wurden.

Ein Arbeiter berichtete, dass seine Hände bei der Arbeit anschwellen und auch später noch fürchterlich schmerzten. „Viele Verletzungen entstehen durch die Arbeitsgeschwindigkeit. Zwei Mal haben Kollegen Finger verloren", erzählte er. Ein anderer Arbeiter erzählte, wie er wegen Problemen in Händen und Schultern zum Arzt gehen musste, der ihm davon abriet, diesen Job weiter auszuführen. Der Arbeitgeber in Minnesota akzeptierte das Attest nicht und gab ihm auch keine leichteren Tätigkeiten, sondern feuerte ihn daraufhin.

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Wirtschaftsverbände der Fleisch- und Geflügelindustrie wie zum Beispiel der National Chicken Council oder North American Meat Institute sagten allerdings, die steigende Tendenz bei den Verletzungs- und Krankheitszahlen sei vielversprechend und ein Zeichen für die Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen.

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Der US-Rechnungshof hat die Fleischindustrie seit 2005 auf dem Kieker, als sie zum ersten Mal festgestellt haben, dass diese Branche eine der gefährlichsten in den Vereinigten Staaten ist. Dabei gilt das Interesse der Behörde Verletzungen, Krankheiten und Vorfälle wie „Verstauchungen, Schnittwunden, Verbrennungen, Amputationen, Hautkrankheiten und Krankheiten, die durch wiederholte Belastung entstehen".

Ein Drittel aller Arbeiter in dieser Industrie sind Immigranten und da sie Angst haben, ihren Job zu verlieren, melden sie Verletzungen eher nicht. Oft werden sie von externen Subunternehmeneingestellt, sodass die Hauptunternehmen sich distanzieren können, wenn ein Problem auftaucht, so das Southern Poverty Law Center. „Dieses Werkvertragsmodell wird in der gesamten US-amerikanischen Wirtschaft immer verbreiteter, da macht auch die Geflügelindustrie keine Ausnahme", so Sarah Rich, Anwältin beim Southern Poverty Law Center.

Die tatsächlichen Verletzungszahlen bleiben also weiter im Dunkeln. Klar ist aber, dass der Industriezweig ein gefährlicher bleibt: Arbeiter leiden an „Erkrankungen des Bewegungsapparats, sind Chemikalien und Schadstoffen ausgesetzt und erleiden Unfallverletzungen an Maschinen oder durch Werkzeuge."

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Die Zustände in Deutschland sind im Übrigen nicht besser: Wer krank wird oder seine Rechte einfordern will, dem droht die Kündigung. Arbeiter werden im Ausland angeworben, in unhygienischen und überteuerten Unterkünften untergebracht und müssen körperlich schwere Arbeit bis zur völligen Erschöpfung leisten. Bei Verletzungen werden sie sogar noch beschimpft oder man versucht, Sicherheitsmängel nachträglich zu vertuschen.

Bei jedem Stückchen Fleisch sollten wir vielleicht auch einen klitzekleinen Gedanken an diejenigen verschwenden, die es überhaupt möglich machen, dass das Fleisch auf unserem Grill landet.