Vergiss Bier: Zu deinem Burger passt am besten ein 500-Euro-Wein

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Vergiss Bier: Zu deinem Burger passt am besten ein 500-Euro-Wein

Und nein, es muss auch nicht immer Rotwein zu rotem Fleisch sein.

Das Letzte, was ein Koch gebrauchen kann, der gerade sein eigenes Restaurant eröffnen will, ist eine Abmahnung von einem Hollywoodstar.

Als in den letzten hektischen Tagen vor der Eröffnung von Ben Denners Lucky Chip Burgers & Wine im Osten Londons ein Brief von Mark Wahlbergs Anwälten hereinflatterte, wurden alle anderen Probleme—unfertige Baustellen oder sicherzustellen, dass die 100 Jahrgangsweine seiner Karte auch ausreichend vorhanden warenplötzlich zweitrangig. Die Anwälte wollten, dass er den Namen eines seiner Burger änderte: der „Mark Wahlberger", benannt nachdem gut bestückten Schauspieler aus Boogie Nights.

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„Das war einfach Wahnsinn", erzählt Ben. „Es war überall in den Nachrichten."

Der Hollywoodstar, der sich auch gern mal in Unterwäsche zeigt, hatte augenscheinlich ein Problem mit 35 Tage gereiftem Longhorn-Rindfleisch und einem Patty aus geschmorten Rippchen: Er glaubte, dass der Burger im Wettbewerb mit dem Bostoner RestaurantWahlburgers, das Wahlberg und seinen Brüdern gehört, im Wettbewerb steht. Es würde der Eindruck entstehen, dass Wahlberg hinter dem Produkt von Lucky Chip stehen würde.

„Ich frage mich, was er wirklich denken würde, wenn er mal herkäme", meint Ben. „Er kann gern mal vorbeischauen, wenn er das nächste Mal in der Stadt ist. Vielleicht schreibe ich ihm einen Brief."

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Ben Denner, der Besitzer von Lucky Chip Burgers & Wine. Alle Fotos von der Autorin

Mark Wahlberg ist es zwar gelungen, den Namen des fleischigen Festmahls zu ändern—er heißt jetzt „Dirk Deggler"—und Ben Denner wurde für ein paar Tage zum Helden der Lokalpresse, aber dafür kann der Koch jetzt das machen, was er am besten kann: Burger machen.

2011 hat alles mit einem Food Truck auf dem Netil House Market angefangen, jetzt hat er verschiedene Filialen in London. Er ist total besessen von der Idee, zum Burger auch den besten Wein zu servieren.

Traditionell passen wohl eher Burger und Bier zusammen, doch der australische Koche hatte seine eigenen Gründe dafür, diese glückliche Beziehung zu beenden und eine Burger-/Weinbar auf dem traditionsreichen Ridley Road Market zu eröffnen.

„Ich liebe Wein, ich bin einfach kein Biertrinker, das ist für die meisten wohl ein bisschen widerwärtig", witzelt er. „Aber ich dachte, das wäre mal etwas anderes. Jeder serviert zu seinen Burgern das passende Craft Beer und ich hielt es für eine gute Idee, etwas anderes als alle anderen zu machen."

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Also hat er sich mit einem Freund, der ein absoluter Weinfan ist, Shaun Rogg, zusammengetan, und mit wissenschaftlicher Akribie geschaut, welcher Wein zu welchem Burger passt.

„Es gibt sogar ein paar Regeln beim Pairing", meint Ben. „Erstens: Wenn es gut schmeckt, dann passt es."

„Ein hoher Tanningehalt passt nicht so gut zu bestimmten Produkten. Und wie stark der Wein den Mund auskleidet, ist auch wichtig, ansonsten schmeckt man das Essen danach weniger", erklärt er weiter. „Weine mit einem hohen Säuregehalt passen gut zu sehr fettigem Essen, weil das ein guter Kontrast zum Fett ist."

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Doch die altbekannten Kombinationen wie Merlot zu rotem Fleisch waren für ihn keine Option. Bei seinen Recherchen hat Ben Denner herausgefunden, dass Weißweine tatsächlich am besten passten.

„Manchmal ist es einfacher, einen passenden Weißwein zu finden", erklärt er. „Zum Beispiel haben wir einen Chardonnay aus Neuseeland, der wirklich gut zu unserem Essen passt. Er schmeckt nach Eiche und die Aromen passen perfekt zu den Burgern. Bei Rotwein kann es sogar schwieriger sein, den passenden zu finden."

Bei den Verkostungen gab es auch einige Fälle, wo sich die beiden nur dachten: Was? Ernsthaft? Und natürlich auch Momente, wo salzig, süß und umami perfekt zusammenkamen.

„Es gibt auch viele Sachen, von denen man gar nicht glaubt, dass man sie kombinieren kann, aber sie passen tatsächlich extrem gut zusammen", meint Ben. „Einmal haben wir einen Dessertwein zum Burger probiert, so lecker."

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Klingt für mich wie die Erwachsenenversion von McDonald's-Milchshakes mit Hamburgern oder Pommes.

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Der „El Chappo" Burger mit Rindfleisch, Bacon, Blauschimmelkäse, gegrillten Jalapeños und Aioli

Denner will mir den Ansatz hinter seinem Konzept zeigen und verschwindet kurz in der Küche seines Ladens im 80er-Jahre-Stil und macht mir von den fünf Burgern auf der Karte—darunter auch Namen wie Royale Wit Cheese" oder „Kevin Bacon"seinen Lieblingsburger: den „El Chappo".

Moment, ein Burger benannt nach einem tunnelgrabenden mexikanischen Drogenboss?

„Den Namen haben wir uns zur Eröffnung ausgedacht. Erst später fiel uns ein, dass das ja auch ein berüchtigter Drogenbaronist", versichert mir Ben.

Der moderne PabloEscobar hat sich (noch) nicht beschwert und so bleibt der Burger einer der beliebtesten, auch im Birthday's oder im The Old Queen's Head um die Ecke, wo die Lucky Chip Burger auch verkauft werden. Ein Patty aus gereiftem Rindfleisch, Bacon, Blauschimmelkäse, gegrillte Jalapeños und eine Aioli machen ihn geschmacklich so gewaltig, dass man sich nur schwer vorstellen kann, wie Ben Denner dazu den passenden Wein finden will.

Aus dem obersten Regal in seinem Weinkeller zieht er einen roten 2008er Chateau Heritage aus dem Libanon, der im Restaurant 45 Euro kostet. Er schenkt den Wein ein und stellt das Glas neben den Burger—was ein bisschen lächerlich aussieht, etwa so, als würde man im Anzug zu Burger King gehen. Während ich in den Burger reinbeiße, empfiehlt mir Denner nach den ersten paar Bissen einen Schluck Wein.

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„Wir nehmen diesen Wein für den El Chappo, weil er leicht fruchtig ist und die Tannine gut integriert sind", erklärt er mir. „Außerdem schmeckt man einen Hauch von Stilton, eine sehr herzhafte Note, die gut zum Blauschimmelkäse im Burger passt und ihn noch hervorhebt."

Und er hat Recht. Ich hatte vorher nie darüber nachgedacht, dass auch ein Wein irgendwie nach Käse schmecken kann, aber dieser ausdrucksstarke Wein hat diesen nicht unangenehmen Geschmack, der ideal zum Burger passt.

„Der ist ziemlich ausbalanciert, nicht zu viel Säure und er schmeckt ein bisschen kreidig, was auch wieder gut zum Käse passt", erklärt er.

Es würde wohl Wochen dauern, sich durch 120 Weine des Restaurants zu arbeiten, die aus Neuseeland oder Argentinien, aber auch aus Ungarn oder Südafrika kommen. Der Wein, mit dem man so richtig auf den Putz hauen kann, ist der 1979er Cabernet Sauvignon aus Kalifornien für umgerechnet über 500 Euro. Ben meint, dass schon jemand angerufen und sich danach erkundigt hätte.

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„Das ist der teuerste Wein auf unserer Karte, es ist fast unmöglich eine weitere Flasche zu finden", erklärt er mir. „Ich habe ihn über einen Freund bekommen, der Kontakt zu dem Weingut hat und uns eine Flasche besorgen konnte. Er gibt mir immer einen Tipp, wenn er eine Flasche findet, die uns gefallen könnte, und wir verkaufen sie dann zum Selbstkostenpreis."

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500 Euro für einen Wein auszugeben, der perfekt zu deinem Burger passt, hat auch seine Vorteile—Ben meint, dass du dein Essen gratis bekommen würdest, wenn du dir diese besondere Flasche gönnst.

Doch auch wenn du nur ein Glas vom Wein der Woche für umgerechnet 7 Euro bestellst, ist das den Leuten im Lucky Chip auch recht.

„Wir wollen den Leuten nicht vorschreiben, was sie trinken sollen. Sie sollten ihren Drink selbst wählen, aber wir sind immer da, um ihnen zu helfen", meint Ben. „Andersherum funktioniert das auch: Wenn jemand einen guten Chardonnay möchte, können wir dazu auch den passenden Burger empfehlen."

Mal abgesehen von Hollywoodstars wird sich wohl keiner darüber beschweren.