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Restaurant Confessionals

Das Leben als Privatkoch eines Multimillionärs

Ich habe so viele unglückliche reiche Mistkerle getroffen. Die sollen doch einfach glücklich sein und ein wunderbares Leben führen. Aber sie sind eben auch nur Menschen.

Willkommen zu den Restaurant Confessionals, wo wir den Leuten aus der Gastronomie eine Stimme geben, die ansonsten viel zu selten zu Wort kommen. Hier erfährst du, was sich hinter den Kulissen in deinen Lieblingsrestaurants so alles abspielt. Für diese Ausgabe haben wir die Welt der Restaurants verlassen und einen Blick auf das Leben eines Privatkochs einer reichen Familie geworfen.

Ich arbeite schon mein ganzes Leben in der Gastronomie. Ich bin schon Tellerwäscher, Hilfskellner, Kellner und Bartender gewesen und habe schon in jeder Position in der Küche gearbeitet. Vor vierzehn Jahren wurde ich dann Privatkoch eines Multimillionärs.

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Die Leute träumen davon, einen Privatkoch zu haben, weil es das Leben so viel einfacher macht. Man hätte so viel Zeit, die man für Arbeit oder irgendwelche Freizeitaktivitäten nutzen könnte. Der Nachteil: Restaurantbesuche werden enttäuschender. Ich höre ständig von meinen Arbeitgebern: „Es war nicht so gut, wie das, was du für uns kochst." Stell dir einfach mal vor, wie schön es wäre, wenn du drei Mal täglich, sieben Tage die Woche richtig gutes Essen serviert bekommen würdest, genau so, wie es dir am besten schmeckt. Kein übles Leben.

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Meine Arbeitgeber haben so gut wie gar keine Forderungen, was die Mahlzeiten anbelangt. Meistens wissen sie erst, was sie zu essen bekommen, wenn es vor ihnen steht. Nur wenige Leute würden jemandem in diesem Maße mit ihrer Ernährung vertrauen wollen, ich bin also definitiv ein Ausreißer in dieser Branche. Ich treffe alle Entscheidungen, die etwas mit dem Einkaufen oder der Menüplanung zu tun haben. Manchmal sagen sie vielleicht, dass sie in der Stimmung für etwas Besonderes sind, aber mal abgesehen davon, liegt alles komplett in meiner Hand.

Es ist sehr viel entspannter, als ein normaler Job in einem Restaurant. Die Bezahlung ist gut und die Vorzüge sind unschlagbar. Bevor ich geheiratet habe, habe ich bei der Familie gelebt und bin mit ihnen herumgereist. Mittlerweile lebe ich die meiste Zeit mit meiner Frau. Die Familie, für die ich arbeite, verbringt jedes Jahr fünf Monate in Florida, und ich muss ihnen dorthin folgen. Fünf Monate des Jahres bin ich also von meiner Frau getrennt.

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Meine Frau ist nicht unbedingt begeistert und es hat in den letzten Jahren für sehr viel Spannung zwischen uns gesorgt. Zum Glück sehen wir uns während dieser fünf Monate aber immer wieder. Und wir telefonieren ständig.

Wenn ich einen normalen Job in der Gastronomie hätte, wäre es ja auch nicht viel anders. Ich weiß, wie's läuft: Man arbeitet 12 Stunden pro Tag, sechs Tage die Woche. Man hat kein Leben. Nach der Schicht ist man so müde, dass man einen trinken geht. Man geht nach Hause, schläft sofort ein, steht am nächsten Morgen wieder auf und geht zur Arbeit. Seine bessere Hälfte sieht man nur selten. In der Gastronomie zu arbeiten, macht eine Beziehung nicht gerade einfacher.

Obwohl ich mittlerweile nicht mehr meine ganze Zeit mit der Familie verbringe, ist es trotzdem manchmal schwierig, sich in diesem Näheverhältnis zurechtzufinden. Manchmal gibt es unangenehme Momente. Ich passe irgendwie nicht besonders gut zu diesen Ostküsten-Intellektuellen—ich bin ein bisschen starrsinnig und eigen.

Einmal hatte die Familie ein paar Leute, die ich nicht kannte, zum Abendessen eingeladen. Ich kümmerte mich um alles und gegen Ende des Abends räumte ich alles auf, während sie mitten in einer politischen Diskussion waren. Ich mischte mich ein und sagte etwas zum Thema. Mein Boss antwortete darauf und ich verließ den Raum. Später, als die Gäste gegangen waren, sagte mein Chef zu mir: „Vielleicht solltest du ein bisschen vorsichtiger sein, was du in der Anwesenheit mancher Leute sagst. Nachdem du weg warst, sagte unser Gast: ‚Was glaubt der Typ eigentlich, wer er ist?'" Im Grunde war die Botschaft, dass ich ein Diener bin und mich am Tisch nicht zu politischen Themen zu äußern habe.

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Die meiste Zeit ist es aber ein toller Job. Die Gäste behandeln mich mit Respekt, sie freuen sich, dass sich jemand so um sie kümmert. Die meisten sind supernett. Ganz selten geben sie mir sogar Trinkgeld. Die Leute freuen sich einfach, in ihrem Paradies zu leben und von einem Privatkoch verköstigt zu werden. Darüber kann ich mich nicht beschweren. Außerdem bin ich ziemlich gut in dem, was ich mache.

Die Familie, für die ich arbeite, hat eine Million Verwandte und Freunde. In Florida besitzen sie drei Häuser. Eins für sie selbst, eins für mich und eins für Gäste. Ingesamt haben sie Betten für 20 Personen. Wenn so viele Gäste da sind, habe ich alle Hände voll tun. Zum Glück muss ich nicht immer alles alleine machen. Die Kinder helfen gerne, sie sind nicht verwöhnt. Aber trotzdem ist es ehrlich gesagt ziemlich anstrengend, für 20 Erwachsene zu kochen und ihnen hinterherzuräumen. Manche Leute hinterlassen einfach immer eine Müllspur, egal, wohin sie gehen. Dafür geht so viel meiner Zeit drauf.

Das Beste an meinem Job sind für mich die Leute, die ich kennenlerne. Ich hänge mit Hedgefonds-Managern, Politikern und berühmten Leuten rum. Ich erlebe einen besonderen Lifestyle, den die meisten durchschnittlichen Leute niemals mitbekommen. Ich sehe, wie Leute leben, die eine halbe Milliarde Dollar pro Jahr verdienen.

Es ist ziemlich offensichtlich, dass es ab einem bestimmten Punkt keine Rolle mehr spielt, wie viel Geld man verdient. Entweder man ist glücklich oder man ist es nicht. Und ein paar Scheine extra ändern auch nichts daran. Ich treffe so viele unglückliche reiche Mistkerle, die sich über alles ärgern. Die sollen doch einfach glücklich sein und ein schönes Leben führen. Aber sie sind auch nur Menschen und so sind Menschen eben. Daran ändert Geld nichts—zumindest nicht viel. Es macht alles nur ein bisschen einfacher.

Aufgezeichnet von Tove Danovich