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Rapper

Den Döner bekommt man nicht aus der Platte

Das Video zu „Alles komplett“ ist auf YouTube mehr als eine Million Mal angesehen worden. Es ist eine Hymne an Kebab und Kreuzberg gleichermaßen. Wir trafen den Rapper am Kottbusser Tor.
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Wir treffen uns im „Kottwiwood" am Kottbusser Tor in Berlin. Wenn man aus der U-Bahn aussteigt, sind es nur ein paar Schritte bis zum Laden, es geht durch eine Gruppe Junkies und Trinker, deren Augen weit hinten im Schädel liegen. Davor sitzen zwei Frauen und unterhalten sich auf russisch, trinken Kaffee aus Pappbechern und rauchen. Im Kottiwood spielen sie Deutschrap, etwas zu laut für die Mittagszeit, eine Frau mit halblangen, grauen Haaren nickt zum Takt. Hinter dem Laden die berühmten Plattenbauten. Robert Andjelkovic, der „Drob Dynamic" ist, hat hier sein Video zu „Alles komplett" gedreht undseit diesem Montag ist es auf YouTube mehr als eine Million Mal angesehen worden. Er hat es eben erst erfahren. Es ist ein Track über seine liebste Kost, den Döner. Eine „Hymne auf Kreuzberg", schrieben manche. Orientalische Beats, ein Text mit Humor: „Wenn Ökos sagen, ,Vegan sein ist Beste', bekommen sie mit meim Dürüm ein Schlag in die Fresse".

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Drinnen erzählt er die Neuigkeiten dem Verkäufer, der auch im Video zu sehen ist. Die beiden freuen sich sich, Robert bestellt einen Dürüm.

„Vegetarisch?"

„Ich geb' dir gleich…"

Das Brot vom Dürüm reibt der Verkäufer an dem Spieß, bevor er es in den Grill gibt. Robert setzt sich, er studiert eigentlich soziale Arbeitund ist Dozent an der StreetUniverCity. Er gibt Rap-Kurse für die Jugendlichen im Viertel, er selbst in Kreuzberg aufgewachsen und kam mit elf Jahren zum Rappen. Er kennt die Probleme hier. Groß geworden ist er in der Naunynritze, einem Jugendzentrum in der Gegend. Auch Savas kommt von dort, es ist wie alles in Kreuzberg ein umkämpfter Ort. Das Video beginnt mit einem Hipster, der ewig fragt, bevor er bestellt, „komm mir nicht mit sehr tighten Röhrenjeans, ich bin von Sternzeichen Dönerspieß", rappt Drob Dynamic dann. Seine Welt ist Kreuzberg, das alte Kreuzberg, in dem sich das Fleisch um die Spieße gemächlich drehte. „Klein-Orient" wie Drob die Gegend nennt.

drob dynamic_fanta exotic

Er sieht, wie sich sein Kiez verändert, „Alles komplett" ist auch ein Liebeslied für die Plattenbauten um den Kotti. Drob schimpft auf die Politik des Senats, der die Sozialwohnungen an die Aktiengesellschaft Deutsches Wohnen verscherbelt hat, nun steigen die Mieten. Er ist den Zugezogenen nicht böse, er weiß schließlich, wie lebenswert sein Kiez ist. In „Wir alle sind es leid" hat er das Thema schon einmal behandelt: „Ich seh' wie mein Bezirk Tränen weint / Kreuzberg muss leider in den bösen Zeiten böse leiden / weil die Mieten in die Höhe steigen". Viele seiner alten Freunde mussten gehen, auch er wohnt nicht mehr im Kreuzberg.

Aber er ist nicht wütend. Der Schauspieler, der den Hipster im Video spielt, ist ein Freund von ihm. Er liebt sein Viertel, auch wenn er dort nicht mehr wohnt. Noch immer beschreibt er sich als Kreuzberger, wenn jemand fragt. „Alles komplett" ist das lachende Auge in dieser Geschichte. Er mache Street Comedy, sagt er. Und wenn er spricht, dann spricht er mit einer Freundlichkeit, die man nur hat, wenn man nicht immer gewinnt. Füher ist er oft bei dem Live-Battle-Format „Rap am Mittwoch" aufgetreten. Seine Runden mit Laas Unltd. hängen ihm in der Szene nach, er verlor deutlich. Diese eine Million Klicks für sein neues Video sind jetzt aber seine Leistung, sein Sieg. „Ihr nehmt unsere Wohnungen, aber ihr nehmt mir nicht meinen Stolz als Kreuzberger", sagt er. Dabei spricht er nicht wie ein Vertriebener.