Schweizer verraten ihre schlimmsten Weihnachtserlebnisse

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Schweizer verraten ihre schlimmsten Weihnachtserlebnisse

Weihnachten sollte eigentlich die harmonischste Zeit des Jahres sein – perfekte Voraussetzung für Konflikte, Dramen und Tragödien.

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Weihnachten besteht leider nur im Fernsehen aus Eierlikör und Lametta. Spätestens wenn die Familie an Heiligabend die dritte Flasche Champagner köpft, kochen alte Streitigkeiten hoch und du musst dich wahrscheinlich auch noch mit entfernten Verwandten herumschlagen, die du insgeheim hasst.

Was dir in diesen Situation helfend zur Seite steht, ist das Wissen, dass du nicht allein bist. In der ganzen Schweiz drohen Menschen exakt in derselben Sekunde im Strudel aus Weihnachtsschnaps, Tränen und unterdrückter Wut unterzugehen. Wir haben Menschen in den Strassen von Genf, Dietikon und Zürich davon erzählen lassen, was für schlimme Dinge ihnen an Weihnachten widerfahren sind. Denk an ihre Geschichten, wenn es soweit ist—und daran, dass in ein paar Tagen all der Trubel wieder vom Alltag abgelöst wird.

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Nick, 22

VICE: Magst du Weihnachten?
Nick: Ja sehr, manchmal feiere ich zusammen mit meiner Familie, dieses Jahr aber gehe ich Skifahren in Frankreich.

Hattest du mal ein besonders schlimmes Weihnachtserlebnis?
Ja, als sich mein Vater darauf einliess, meinen Onkel zum Weihnachtsessen einzuladen. Das absolute Desaster.

Erzähl mir davon.
Mein Vater und mein Onkel haben Streit, seit ich mich erinnern kann. Mein Vater hat nie wirklich gesagt, wie diese Fehde begonnen hat, aber mein Onkel ist solch ein bösartiger Mensch, der fängt mit jedem Streit an.

Vor zwei Jahren hatte mein Vater plötzlich Mitleid mit ihm und lud ihn zum Essen ein. Was er wohl schon nach fünf Minuten wieder bereute. Kaum war mein Onkel eingetreten, meckerte an allem herum und provozierte Streit. Kam es am Tisch zu Meinungsverschiedenheiten, brüllte er die Leute an. Danach haben meine Schwester, meine Mutter und ich unserem Vater verboten, ihn jemals wieder zu uns einzuladen. Auch werde ich nie wieder an ein Weihnachtsfest gehen, bei dem er anwesend ist.

Reto, 32

VICE: Welches ist dein schlimmstes Weihnachtserlebnis?
Reto: Das war, als ich mein Masterstudium in Boston machte.

Was spielte sich dort ab?
Nicht nur war ich weg von meiner Familie, die Gebäude in den USA sind auch miserabel isoliert und dies, obwohl es in Boston kälter wird als in der Schweiz! Ich musste mir im Supermarkt Folie kaufen, mit der ich meine Fenster zuklebte, doch auch dann wars noch kalt in den Räumen. Überall in der Studenten-WG waren Velos parkiert, weil alle Angst hatten, sie würden vor dem Haus gestohlen. Gemütlich wars also nicht. Ein kleiner Trost war die typisch amerikanische, rote Santa-Claus-Socke, die ich am Weihnachtsmorgen gefüllt mit Geschenken vorfand.

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Megan, 37

VICE: Kannst du dich an ein schlimmes Weihnachtsfest erinnern?
Megan: Allerdings. Ich hatte mich einst an Weihnachten von meinem damaligen Freund getrennt.

Wie ging das vor sich?
Ich hatte damals einen Freund in England. Wegen der Distanz lebten wir uns einfach zu sehr auseinander und hatten uns nichts mehr zu sagen, wenn wir telefonierten. Ich weiss, dass Weihnachten der schlechteste Zeitpunkt ist, sich zu trennen, aber dies war nun einmal das Datum unseres nächsten Treffens und ich wollte die Beziehung nicht so weiterführen. So flog ich zu ihm nach Birmingham und weil wir kein Restaurant reserviert hatten, mussten wir mit einem heruntergekommenen chinesischen Imbiss Vorlieb nehmen. Immerhin fiel es mir ob solch hässlicher Umgebung leichter, ihm zu offenbaren, dass wir uns trennen müssen.

Ist Weihnachten für dich noch mit diesem Erlebnis verbunden?
Zum Glück nicht! Ich bin wieder neu liiert und diesmal ist die Beziehung unter einem besseren Stern.

Sebastian, 21

VICE: Wie feierst du normalerweise Weihnachten?
Sebastian: Mit meinen Eltern und meiner jüngeren Schwester. Das ist eigentlich in Ordnung, aber letztes Jahr waren meine Schwester und ich wohl im Zickenmodus.

Wie lief das damals ab?
Meine Eltern hatten beschlossen, dass wir über Weihnachten nach Malaysia fliegen. Wir waren ein paar Jahre nicht mehr als Familie in den Ferien und meine Schwester und ich gingen uns schon ein paar Tage auf die Nerven, als wir uns am 24. in einem gehobenen Restaurant zum Weihnachtsdinner einfanden. Meine Schwester und ich gerieten in Streit über die Frage, was wir zu essen bestellen sollen. Wir warfen uns gegenseitig vor, immer dasselbe zu bestellen und zu wenig originell zu sein. Dem armen Kellner war es nicht möglich, unsere Bestellung aufzunehmen. Er verzweifelte fast an uns und sagte dann, er liesse uns noch ein paar Minuten Zeit. Stattdessen lief er zu einem anderen Kellner, den er scheinbar anbettelte, unseren Tisch zu übernehmen. Als wir dies merkten, waren wir so beschämt, dass wir am liebsten auf der Stelle in den Boden versinken wollten.

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Florian, 30

VICE: Hattest du schon einmal ein richtig schlimmes Weihnachtserlebnis?
Florian: 2011 wollte ich wie gewohnt von der Uni Zürich für Heiligabend zu meinen Eltern nach Luxemburg fahren. Für einmal sogar per Auto, weil ein Kollege anbot, mich mitzunehmen. Wegen einer Kältefront und Glatteis fiel die Autofahrt kurzfristig flach.

Und du konntest deine Eltern nicht besuchen?
Doch, ich wich ich auf den Zug aus. Dann streikte aber auch noch die französische Bahn und der direkte Zug blieb bereits in Basel wieder stehen. Statt der üblichen 5 Stunden Fahrt erwartete mich eine kleine Odyssee durch das französische Hinterland in überfüllten Bummelzügen inklusive drei Mal umsteigen.

Wann bist du am Ende angekommen?
Ich erreichte Luxemburg erst am späteren Abend des 24. und stellte fest, dass ich trotz allem auch etwas Glück hatte. Denn zahlreiche Freunde, die mit dem Auto unterwegs nach Hause waren, waren im Stau steckengeblieben und kamen teilweise erst am 25. Dezember im Laufe des Morgens in Luxemburg an. Mittlerweile sind meine Eltern zum Glück nach Zürich gezogen.

Andreas, 61

VICE: Kannst du dich an dein schlimmstes Weihnachten erinnern?
Andreas: Ich habe immer nur schöne Weihnachtsfeiern erlebt, nie etwas Negatives!

Bist du sicher? In 61 Jahren hattest du nie auch nur ein misslungenes Essen?
Stimmt, mir wurde einmal an Weihnachten übel. Aber nicht, weil das Essen schlecht war, im Gegenteil. An Heiligabend gab es wunderbaren Truthahn mit Marronifüllung. Doch am Tag darauf leider auch schon wieder an der nächsten Familienfeier. Diesmal mit Brot- und Gemüsefüllung. Und am dritten Tag schon wieder! Das hat mir den Appetit auf Truthahn für immer verdorben. Ich hätte nie gedacht, dass ich dereinst Fondue Chinoise an Weihnachten esse, doch genau dazu hat die Truthahnüberdosis geführt.

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Und seither gibt es nur noch Fondue Chinoise bei dir?
Hauptsächlich, ja. Die Vorbereitung ist so praktisch, dass ich kaum mehr etwas anderes mache. Vielleicht einmal zur Abwechslung ein Lammfilet, aber bestimmt keinen Truthahn.

Daniele, 44

VICE: Hattest du einst ein besonders schlimmes Weihnachtsfest?
Daniele: Ja, aber es hatte auch heitere Komponenten

Was ist passiert?
Ich war 18 und in der Lehre als Elektromonteur, da kam ein Anruf meiner Mutter auf meine Arbeitsstelle. Meine Grossmutter in Italien liege im Sterben. Ich hatte seit kurzem meinen Führerschein und dank vielen Ferienjobs schon mein erstes Auto. Ich bin mit meiner Mutter in der Rekordzeit von 8 Stunden in das Dorf meiner Grossmutter südlich von Neapel durchgefahren. Mein Vater wartete dort schon auf uns.

Konntet ihr euch verabschieden?
Leider nein, sie verstarb, bevor wir ankamen. Das Weihnachtsfest am 25. wurde dann traurigerweise zur Beerdigungsfeier.

Und die heitere Komponente?
Nach Weihnachten fielen die Temperaturen unter den Gefrierpunkt und von den Italienern hatte keiner Winterpneus. Als wir wieder Richtung Schweiz fuhren, blieben alle Fahrzeuge vor uns schon wegen einer kleinen Steigung stehen. Da konnte ich mit meinem Schweizer Auto die ganze Schlange auf einmal überholen. Das sorgte bei uns nach den Tagen der Trauer endlich für Lacher.

Esther, 48

VICE: Welches war dein schlimmstes Weihnachtsfest?
Esther: Das war vor etwa 15 Jahren, damals starb mein Vater kurz vor Weihnachten. Er war bereits eine Weile krank, aber er verstarb trotzdem überraschend.

Hat dieses Erlebnis deinen Bezug zu Weihnachten geprägt?
Zuerst schon, vor allem meine Mutter wurde jede Weihnachten von neuem an den Tod meines Vaters erinnert. Doch seit sie Witwe ist, nehme ich meine Mutter immer an Weihnachten zu mir, manchmal verreisen wir auch. Silvester feiert sie dann bei meinem Bruder. So haben wir dem Fest eine neue Bedeutung gegeben.

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