Wahre Meldungen aus der Schweiz, die nach einem Aprilscherz klingen

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Aprilscherz

Wahre Meldungen aus der Schweiz, die nach einem Aprilscherz klingen

Die Realität ist oft absurder als jeder Aprilscherz.

Foto vonRalf Peter Reimann| Flickr | CC BY-SA 2.0

Jeder geübte Zeitungsleser weiss, dass am heutigen Tag besondere Vorsicht geboten ist. Jedes Blatt, das etwas auf Medientraditionen hält, entlässt heute seine schönste Ente in die Freiheit, die in einem monatelangen Brainstorming-Prozess auf einem lotterigen Zettel auf der Redaktionspinnwand geboren wurde. Und überhaupt ist im Zeitalter des Postfaktischen, Fake-News und Alternative Facts nicht irgendwie jeder Tag ein bisschen wie ein 1. April? Wir von der VICE-Serviceabteilung bringen Licht ins Dunkel und haben ein paar der absurdesten Meldungen seit dem 1. April letzten Jahres aus der Schweiz gesammelt, die sich zwar nach einer Ente anhören, aber wirklich wahr sind.

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Christoph Blocher auf das Hunderternötli

Am 19. März feierte die Zürcher SVP ihr hundertjähriges Bestehen. Nur durch ein grosses Polizeiaufgebot mit Massenverhaftungen von Demonstranten konnte die Geburtstagssause der Rechtskonservativen überhaupt durchgeführt werden. Neben den Protesten und Mr. Da Nos' fragwürdigem Auftritt an der SVP-Afterparty ging dabei der lustigste Moment des Abends fast unter: Zürcher SVP-Parteipräsident Konrad Langhart beschwerte sich über vermeintlich nichtssagende und abstrakte Illustrationen auf den Schweizer Banknoten und forderte stattdessen ein Abbild von Christoph Blocher auf der 100-Franken-Note.

Während vor 100 Jahren bei der Gründung der einstigen Bauernpartei SVP die Note einen Bauer beim Mähen mit einer Sense zeigte, gehöre nun Christoph Blocher drauf. "Er verankere den Wertemassstab in diesem Land und habe an vorderster Front für Freiheit, Unabhängigkeit und Sicherheit gekämpft", berichtete der Tages-Anzeiger über die Rede von Langhart. Zum Glück lassen sich mit der Notenwahl am Bankomaten Hunderternötli ja vermeiden.

Gartenbesitzer droht hungrigen Kühen mit Revolver

Ist es erlaubt, eine Kuh mit einem Revolver zu bedrohen, wenn sie dir deinen Garten wegfrisst? Diese Frage stellte sich dieses Jahr das Bundesgericht in Lausanne ernsthaft, von Amtes wegen. Ein Mann aus dem Toggenburg ertappte die Kühe des Nachbarsbauern zum wiederholten Male dabei, wie sie seinem Garten gefährlich nahe kamen. Er entschied sich dazu, das Heft dieses eine Mal selbst in die Hand zu nehmen und richtete seine Schusswaffe auf die ahnungslosen Wiederkäuer.

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Das Kantonsgericht in St. Gallen verurteilte den wehrhaften Toggenburger. Dieser liess sich nicht unterkriegen und beschwerte sich beim Bundesgericht – verlor aber auch auf höchster Instanz: Das Gericht sah trotz dem "recht aufwendigen Charakter" der Bepflanzung keinen Notstand und bezweifelt, ob die gewählte Abwehrhandlung überhaupt geeignet war. "Die Kuh verstand die Drohung mit einer Waffe, im Gegensatz etwa zum Einsatz von Lärm, zweifellos nicht", zitiert die NZZ das Bundesgericht, das den Mann zu einer bedingten Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 350 Franken wegen Drohung und Vergehens gegen das Waffengesetz verurteilte. Wild West!

Türkische Medien bezeichnen Basler Fasnächtler als Terroristen

Den Baslern sind ihre "drey scheenschte Dääg" sowas wie ein Heiligtum. In politisch turbulenten Zeiten beinhalten die Fasnachtswagen nicht selten auch politische Satire. Dass Erdogan damit so seine Schwierigkeiten hat, das ist spätestens seit dem Fall Böhmermann bekannt. Dass aber eine Basler Fasnachtstruppe den Zorn seines Umfeld auf sich zieht, hat niemand erwartet.

Die Fasnachtsclique Basler Mittwoch-Gesellschaft (BMG) zeigte bei ihrem diesjährigen Auftritt eine Laterne, bei der der türkische Präsident als grössenwahnsinniger Despot dargestellt wird. "Fethullah-Terroristen greifen aus der Schweiz an", titelte darauf hin die türkische Tageszeitung Yeni Akit gemäss der BAZ. Die Fasnächtler seien Terroristen, die dem Erdogan-Gegner Gülen nahe stehen würden. Das AKP-nahe Istanbuler Blatt Yeni Safak berichtete zudem, die Teilnehmer hätten sich speziell für die "Demonstration" kostümiert, um gegen den türkischen Präsidenten zu hetzen und die Stadt Basel habe dies sogar noch bewilligt. Eine Fasnacht würde Erdogan und seinem Umfeld vielleicht auch mal gut tun, um sich etwas zu entspannen.

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Frau wegen Ruhestörung verurteilt, weil sie tagsüber singend durch die Strassen lief

Leute, die voll der guten Laune singend durch die Strassen hüpfen sind in der Schweiz ein seltenes Bild. Dafür sind wir wahrscheinlich einfach zu zurückhaltend. Nun kommt auch noch hinzu: Es ist sogar verboten!

Als im Sommer eine 37-jährige Frau in Lausanne James Brown "I Got You (I Feel Good)" auf den Weg zu einem Abendkurs über ihre Kopfhörer hörte und laut mitsang, wurde sie von der Polizei aufgehalten. Nachdem die Frau auch während der Polizeikontrolle weitersang, büssten die Beamten sie mit einer Strafe von 100 Franken und verrechneten zusätzlich eine Gebühr von 50 Franken, wie 20 Minuten berichtete. Ihre Beschwerde wurde vom Gericht abgelehnt und der Richter brummte ihr zusätzlich Verfahrenskosten von 400 Franken auf. Der Anwalt der Frau schliesst nicht aus, den Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu ziehen und dort für ein Recht auf gute Laune in der Schweiz zu kämpfen.

Andreas Glarner gibt sich in Flüchtlingscamps bekehrt

Er forderte einen Asylstopp in der Schweiz und einen Grenzzaun um das Land. Andreas Glarner von der SVP ist der Vorzeige-Hardliner, wenn es um Asylfragen geht. Mit seinen herzlos harten Aussagen zu Asylsuchenden hat Glarner auch schon mediale Aufmerksamkeit über den Landesgrenzen bekommen. Einer Familie, die am Grenzzaun um Asyl bittet, würde er sagen, dass sie die Reise vergebens gemacht hat. "Das sind potentielle Sozialhilfebetrüger, die uns auf immer und ewig auf der Tasche liegen", sagte er im Morgenmagazin der ARD.

Und dann das: Glarner hat tatsächlich zwei Flüchtlingscamps in Griechenland besucht. Nachdem er das Leid in den dürftig geführten Camps sah, sagte er zum Blick: "Es ist brutal, in welchen zum Teil menschenunwürdigen Umständen diese Menschen leben. Wir müssen jenen Flüchtlingen, die schon in Europa sind, mehr helfen, als wir das bislang taten." Öffneten Flüchtlingsbabys wirklich das Herz des Hardliners und konnten ihn bekehren? Leider war nach der medialen Aufmerksamkeitswelle für seine Reise hiervon nichts zu erkennen.

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