Ein Abschiedsgruß an Oslo

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Fotos

Ein Abschiedsgruß an Oslo

Diese Fotoserie entstand nur zwei Tage nach den tragischen Geschehnissen des 22. Julis. Sie zeigt, wie schnell sich die Dinge verändern können.

Nur zwei Tage nach den tragischen Geschehnissen des 22. Julis schoss ich diese Serie von Fotos. Sie zeigt meinen letzten Bummel durch Oslo, kurz bevor ich der Stadt den Rücken kehrte und nach Berlin zog. Noch vor den tragischen Ereignissen entschloss ich mich dazu, eine Abschiedsserie über die Stadt zu machen, in der ich die letzten sechs Jahre meines Lebens verbracht hatte. Ich hatte mich zuvor immer darum bemüht, interessante Plätze für Fotos in der Innenstadt zu finden, doch dieses Mal wollte ich die Stadt mit neuen Augen betrachten, so als würde ich sie zum ersten Mal sehen. Über der Stadt lag zu jener Zeit eine komische und bedrückende Atmosphäre, sie hatte sich in eine Geisterstadt verwandelt. Die Menschenmenge, die zum Ort der Explosion kam, war riesig und alles war von einer überwältigenden Masse an Blumen und Kerzen bedeckt. Ich besuchte Plätze, an denen ich so viele Jahre lang täglich vorübergegangen war. Ob auf dem Weg zur Arbeit oder meiner Lieblingsbar—nie hatte ich mich zuvor wirklich darum bemüht, mein Umfeld wahrzunehmen, da ich sowieso nicht mit irgendetwas Überraschendem gerechnet hätte. Mit und durch den 22. Juli hat sich das geändert. Während ich zum letzten Mal durch die Stadt lief, durch die Nachwehen der Katastrophe, fühlte ich in mir eine tiefe Melancholie und gleichzeitig eine Bewunderung für die Stadt meiner Jugend. Ich lief durch meine alte Nachbarschaft, die Parks, die heruntergekommenen Straßen der Innenstadt und all diese Erinnerungen und Gedanken an Liebe und Verlust kamen in mir hoch. Gleichzeitig wusste ich, dass ich gehen musste. Berlin zog mich aus vielen Gründen an. Wie viele andere Leute lockte auch mich die kreative Freiheit, die Geschichte, die billigen Preise und die Vielfältigkeit der Stadt. Berlin war schon immer anders. Ich brauchte einfach Abwechslung vom Kleinstadtleben Oslos. Diese Geschichte ist eine Hymne an die süße und vergängliche Jugendzeit und gleichzeitig ein Abschiedsgruß an die Stadt, die ich unbedingt verlassen wollte—zu der ich aber immer wieder zurückkehren werde.

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Text & Fotos: Ingrid Pop
Model: Emma Aars