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Kann eine riesige Meerwasser-Entsalzungsanlage Kalifornien vor der Dürre retten?

Das Carlsbad Desalination Project soll bis zu 200 Millionen Liter Trinkwasser pro Tag produzieren.
​Luftaufnahme mit eingefügtem Rendering des derzeit sich noch im Bau befindenden Carlsbad Desalination Projects

​ In Kalifornien ist es so trocken wie noch nie. Seit 14 Jahren leidet der Fruchtgarten Amerikas an einer beispiellosen Dürre biblischen Ausmaßes. Niemand weiß, wie viel Grundwasser noch übrig ist, doch schon heute gibt es ganze Dörfer, in denen die Brunnen seit Monaten versiegt sind und Wasser nur noch per Kanisterlieferung fließt.

„Der Klimawandel ist kein Scherz", brachte es Gouverneur Jerry Brown Anfang des Monats auf den Punkt. Studien und Klimaforscher haben dieselbe Botschaft: Die Dürre sei kein Ausnahmezustand, sondern in Zukunft Normalität in Kalifornien. Der 40 Millionen-Einwohnerstaat braucht also nichts dringender als eine neue Trinkwasserquelle. Und tatsächlich haben die US-Amerikaner bereits eine Lösung für ihr drängendes Problem: Sie wollen aus dem Pazifischen Ozean trinken.

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Möglich machen soll das eine genauso alte wie umstrittene Technik zur Trinkwasseraufbereitung: die Umkehrosmose, ein physikalisches Verfahren, das in diesem Fall in großen Mengen Meerwasser entsalzen soll. Unter dem Namen Carlsbad Desalination Project (CDP) entsteht derzeit eine entsprechende riesige Entsalzungsanlage im südkalifornischen San Diego. Sie soll im Idealfall an die 200 Millionen Liter Trinkwasser pro Tag produzieren.

Allerdings sind derartige Entsalzungsanlagen gigantische Energiefresser. 2,8 Kilowattstunden pro Kubikmeter Wasser benötigt das CDP allein für die Produktion. Weitere Energie ist nötig, damit das Wasser dann auch beim Verbraucher ankommt. Mit 450 Litern pro Kopf am Tag sind die Kalifornier nicht gerade als Energiesparer bekannt. Zum Vergleich: In Deutschland benötigt ein Otto Normalverbraucher ca. 120 Liter am Tag. Schließlich benötigt die Umkehrosmose auch noch einen immensen Energieaufwand, und nur allzu oft verbraucht die Produktion dieses Stroms selbst Unmengen an Wasser.

Das  Carlsbad Desalination Project aus der Luft. Fotos: ​Screenshot und ​Facebook

Die Einwohner von Los Angeles werden deshalb mittlerweile von der Regierung finanziell entschädigt, wenn sie ihren Rasen vertrocknen lassen und auf weniger wasserintensive Pflanzen setzen. Da nicht jeder auf das grüne Wohlstandssymbol schicker Vorgärten verzichten will, haben Unternehmen wie Lawn Paint mittlerweile Hochkunjunktur. Für umgerechnet 200 Euro besprühen sie bis zu 1.000 Quadratmeter vertrockneten Rasens mit grüner Farbe–rein pflanzlicher natürlich. Auch für Anbieter von Plastikrasen läuft das Geschäft derzeit nicht schlecht in Kalifornien.

Doch das eigentliche Problem sind nicht die Privathaushalte, die von Jerry Brown per Dekret gezwungen wurden, ihren Wasserverbrauch in diesem Jahr um ein Viertel zu senken–80 % des Wassers wird von der Landwirtschaft verbraucht. Diese wurde bisher von jeglichen Sparmaßnehmen verschont, schließlich beliefert sie die kompletten USA mit Brokkoli, Blumenkohl, Mandeln und anderem exotischen Obst und Gemüse, auf das im Land der unbegrenzten Möglichkeiten niemand verzichten möchte.

Ein Forscher der Meerwasser-Entsalzungsanlage in Zhoushan (China) präsentiert das Wasser vor und nach dem Prozess der Umkehrosmose. Foto: Imago

Ist der Pazifische Ozean als Trinkwasserquelle nun also die Lösung für Kaliforniens Wassermangel? Umweltschützer sagen Nein. Denn die Entsalzungsanlagen belasten das Meeresleben enorm. Für die Erzeugung von einem Liter Trinkwasser wird ungefähr die doppelte Menge an Wasser aus dem Meer gepumpt–und mit ihr kleinste Meereslebewesen und Fischeier. Ein weiteres Problem ist, dass die Unmengen an herausgefiltertem Salz anschließend zurück ins Meer geleitet werden und so Flora und Fauna in Küstennähe bedrohen.

Trotz des noch immer hohen Preis, den eine Entsalzungsanlage für die Produktion von sauberem Trinkwasser zahlt (das CDP kalkuliert mit rund 1,60 Dollar pro Liter), hat sich das Verfahren bereits in vielen trockenen Regionen auf der Erde etabliert. In den USA sind Kalifornien, Texas und Florida Vorreiter in Sachen Meerwasser-Entsalzung, die größte entsprechende Anlage der Welt steht in Algerien und das Jahre lang von Trockenheit geplagte Israel erzeugt mittlerweile knapp 50 % seines Trinkwassers aus dem Meer.