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Heulsuse der Woche

Heulsuse der Woche: Eichhörnchen-Opfer vs. ICE-Prügler

Ein Typ fühlt sich von einem Nagetier verfolgt – ruft die Polizei – und zwei Reisende hauen sich auf die Nuss, weil einer der beiden in der Bahn telefoniert hat.
Das echte Stalker-Eichhörnchen: Polizei Karlsruhe | Der wütende Symboltelefonierer: imago | Westend61

Ganz Deutschland litt diese Woche unter unkontrollierbaren Schweißausbrüchen, erdrückender Sahara-Hitze und unzähligen Wetter-Artikeln aus der Sommerloch-Berichterstattung verzweifelter Redaktionen (zum Beispiel diesem hier). Und doch gab es auch diese Woche wieder Kandidaten, bei denen die Temperaturen die Beherrschung offensichtlich besonders schnell schmelzen ließen.

Heulsuse #1: Das Eichhörnchen-Opfer

Der Vorfall: Ein Typ nutzte die letzten Stunden vor dem alltäglichen Hitze-Inferno für etwas Quality Time und spazierte am frühen Donnerstagmorgen durch Karlsruhe. Ein solidarisches rotes Eichhörnchen schloss sich ihm an und lief hinterher.

Die angemessene Reaktion: Sich über die niedliche Gesellschaft freuen und überwältigt von den zwitschernden Vögeln, den kitzelnden Sonnenstrahlen und der übersprudelnden Motivation aus dem Morgenspaziergang spontan entscheiden, eine Karriere als baden-württembergischer Wildlife-Instagram-Fotograf zu starten. Die latente Aufdringlichkeit des nagenden Fotomodells für ein paar exklusive Close-ups nutzen. Hashtags mit Aufmerksamkeitsgarantie verwenden: #wewokeuplikethis! #funinthesun! #unexpectedfriendship!

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Die tatsächliche Reaktion: Der Mann gehörte offenbar nicht zu jenen Menschen, denen morgens die Sonne aus dem Arsch scheint, und rief die Polizei. Ja, richtig: D-I-E P-O-L-I-Z-E-I. Wegen eines kleinen, süßen, unschuldigen Eichhörnchens. Eine Polizeistreife machte sich zur Rettung des Verfolgten auf den Weg, packte das Tier ein und brachte es aufs Revier. Dort taufte man es auf den fürstlichen Namen Karl-Friedrich. Die Polizisten und Polizistinnen nahmen ihren Auftrag dann übrigens so ernst, dass sie "K-F" eine neue Unterkunft suchten und ihn in eine Auffangstation bringen ließen. Karl-Friedrich war unterdessen vor lauter Aufregung über seinen boshaften Plan, einen erwachsenen Mann kaltblütig umzubringen, eingeschlafen.

Foto: Polizei Karlsruhe

Die Polizei hat den Fall übrigens aufgeklärt: Das Eichhörnchen habe wahrscheinlich nur nach einem neuen Zuhause gesucht, heißt es in der Pressemeldung des Karlsruher Polizeipräsidiums.

Heulsuse #2: Die Prügler aus dem ICE

Der Vorfall: Es ist eine Geschichte wie aus Tausendundein enttäuschende Gründe, warum Menschen in der Bahn Streit anfangen: Ein 51-jähriger Mönchengladbacher telefonierte am Mittwoch gut hörbar in einem ICE Richtung Siegburg (NRW). Ein 56-jähriger Mitreisender wollte schlafen und fühlte sich durch das Telefonat gestört.

Die angemessene Reaktion: Akzeptieren, dass Schlaf in der Bahn zwar an sich eine gute Sache, in der Realität aber leider so rar wie pünktlich ankommende Schnellzüge ist. Erkennen, dass das nicht nur an telefonierenden Mitreisenden, sondern auch an den "Wellkomm on Booort!"-Durchsagen des sprachbegabten Personals liegt. Sich geläutert, aber tiefenentspannt vornehmen, andere Dinge zu tun. Letztendlich trotzdem ausrasten, weil das Bord-WLAN nicht reicht, um eine Folge Orange is the New Black zu streamen.

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Die tatsächliche Reaktion: Entschuldigen Sie, ist das der Sonderzug nach No Fun? Der 56-Jährige entschied sich angesichts des VÖLLIG INAKZEPTABLEN Telefonats dazu, den störenden 51-Jährigen auf sein Vergehen anzusprechen. Doch statt zeternd seine Fahrgastrechte aufzuzählen und dem müden Nörgler eine Lügengeschichte über ein wirklich wichtiges Gespräch zu erzählen, eskalierte der Telefonierer völlig: Der Kölner Bundespolizeiinspektion zufolge gerieten die Männer in einen Streit, bei dem der 51-Jährige den sich Beschwerenden "würgte und mehrfach mit den Händen auf seinen Kopf einschlug".

Im Bahnhof Siegburg hielt die von Zeugen und Zeuginnen benachrichtigte Polizei die beiden Männer schließlich fest. Der leicht verletzte 56-Jährige musste ins Krankenhaus und der 51-Jährige mit auf die Dienststelle. Dort gab dieser zu, seinen Mitreisenden geschlagen zu haben, und wollte sich dafür sogar entschuldigen. Ein Alkoholtest bewies, dass er immerhin nicht betrunken war. Der Mann bekam eine Anzeige wegen Körperverletzung und durfte gehen. Und das alles wegen eines Telefonats in einem Zug.

Und jetzt dürft ihr abstimmen: Wer soll die Heulsuse der Woche sein?*

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