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Der Iran will Fußballspielerinnen Geschlechtstests unterziehen

Sieben Fußballspielerinnen wurden die Verträge gekündigt, weil sich herausgestellt hatte, dass es sich bei ihnen entweder um Männer handelte, „die keine Geschlechtsumwandlungen durchgeführt hatten“, oder um Menschen, „die unter sexuellen...

Am 3. Februar kündigte der iranische Fußballverband Football Federation Islamic Republic of Iran (FFIRI) an, in der Frauenliga Geschlechtskontrollen durchzuführen. Das Geschlecht der Spielerinnen soll durch medizinisches Personal stichprobenartig überprüft werden. Nicht lange vor der Ankündigung des FFIRI wurden sieben Fußballspielerinnen die Verträge gekündigt, weil sich herausgestellt hatte, dass es sich bei ihnen entweder um Männer handelte, „die keine Geschlechtsumwandlungen durchgeführt hatten“, oder um Menschen, „die unter sexuellen Entwicklungsstörungen litten“. Diese Formulierungen stammen von Robert Tait, der die Geschichte vier Tage später für den britischen Telegraph aufschrieb. Weil schon Wörter wie „Geschlechtsumwandlung“, „Geschlechtstest“ und „Iran“ Clickbaits sind (hust), war es nur eine Frage der Zeit, bis die Geschichte von der internationalen und der amerikanischen Presse aufgegriffen wurde. Sogar rechtsorientierte Journalisten haben (natürlich so stilvoll wie erwartet) über das Thema berichtet.   Nachdem vor drei Jahren eine Torwartin beschuldigt worden war, ein Mann zu sein, führte der FFIRI die Regelung ein, dass Fußballvereine das Geschlecht ihrer Spielerinnen überprüfen müssen, bevor sie sie unter Vertrag nehmen. Die Durchführung dieser Regelung scheint jedoch so nachlässig gewesen zu sein, dass auch Spielerinnen aufgenommen wurden, die den Standards der FFIRI nicht entsprachen. Es gab Berichte, die andeuteten, dass dies nur eine Sache der Inter- oder Transsexualität sei, doch die Lage ist ein bisschen komplizierter. Geschlechtstests im Frauensport gibt es seit den 60er Jahren. Damals bestand der Verdacht, dass sich sowjetische Agenten als Sportlerinnen ausgäben, um mehr Siege davonzutragen. Um gegen die Betrüger anzugehen und die Integrität des Spiels zu sichern, führte man stichprobenartige Geschlechtstests ein. Ein entsprechender Betrugsfall wurde jedoch nie bestätigt. Anstelle von Männern, die sich als Frauen verkleideten, fanden die Ermittler vielmehr eine Menge intersexueller Athleten. Sogar eine der Hauptanklägerinnen stellte sich als intersexuell heraus. Anfangs wurden diese Sportler kurzerhand entlassen. Doch dieser Ansatz änderte sich langsam, als Wissenschaftler herausfanden, dass intersexuelle Menschen nicht unbedingt Wettbewerbsvorteile haben. Dadurch kam es zu einem Strategiewechsel. Anstatt vom Sport ausgeschlossen zu werden, wurden Intersexuelle nach einer Behandlung wieder zum Wettbewerb zugelassen. (Auch Ahmed Hashemian, Vorsitzender des medizinischen Komitees der FFIRI, äußerte die Hoffnung, dass die Sportler nach einer Behandlung wieder zum Fußball zurückkehren würden). Die FIFA, der die FFIRI untergeordnet ist, führte vor drei Jahren eine eigene Regelung ein—zu einem Zeitpunkt, man ahnt es bereits, als einige Spielerinnen angeklagt wurden, in Wirklichkeit Männer zu sein. Die Organisation berief ein Gremium aus einem Endokrinologen, einem Gynäkologen und einem Genetikexperten ein, das von Fall zu Fall das Geschlecht der Sportlerinnen überprüfte. Während der FIFA direkte Stichproben verboten sind, erlaubt sie es ihren Mitgliedsorganisationen, die Spielerinnen eigenständig zu überprüfen. (An den Tests im Iran war die FIFA nicht beteiligt.) Die Privatsphäre der Sportler zu schützen, sollte dabei von oberster Priorität sein. Viele Sportlerinnen wissen bis zu den Tests nichts von ihrer Intersexualität. Öffentlich damit konfrontiert zu werden, könnte verheerende Folgen für sie haben. Angesichts der gegenwärtigen Berichterstattung ist diese Sorge umso berechtigter. Bei der Behandlung wird der Testosteronspiegel meist langfristig auf ein weibliches Niveau gesenkt. Medizinisch gesehen ist dies der entscheidende Faktor, der männliche und weibliche Leistungen unterscheidet. Praktisch bedeutet das, dass intersexuelle Sportlerinnen nach einer Gonadectomie und einer zweijährigen Hormontherapie wieder antreten dürfen. Gleiches gilt auch für transsexuelle Frauen. Während die Debatte in den Staaten noch immer durch Fallon Fox, einer Transgender-MMA-Kämpferin, angeführt wird, hat sich im internationalen Kontext im Großen und Ganzen ein Konsens herausgebildet. Das Internationale Olympische Komitee hat diesen Standard 2004 übernommen, weitere Organisationen, darunter auch die FIFA, sind dem Beispiel gefolgt. Der Unterschied ist, dass die Behandlung für transsexuelle Frauen normalerweise auch chemische Behandlungen und geschlechtsangleichenden Operationen umfasst. Womit wir wieder zum Iran kommen. Der Iran erlaubt die Geschlechtsumwandlung seit mehr als 30 Jahren und war seit jeher ein vergleichsweise enthusiastischer Verfechter des Eingriffs. Geschlechtsangleichende Operationen wurden vom Staat finanziert, die Urkunden wurden sofort geändert. Der Dokumentarfilm Be Like Others über das Leben Transsexueller im Iran hat gezeigt, dass es für Frauen nicht ungewöhnlich war, sich einer Geschlechtsumwandlung zu unterziehen und noch vor der Hormontherapie den Namen ändern zu lassen. Dadurch ist ein potenzieller Sportler mit zwei Regelungen konfrontiert: der des Staates und der der FFIRI. Sollten die Fußballerinnen zurückkehren, wären sie nicht die ersten offen transsexuellen Sportlerinnen in der FIFA. Diese Ehre gebührt Jaiyah Saelua, die für Amerikanisch-Samoa spielt und mit ihrer Mannschaft bei der WM-Qualifikaiton im Dezember 2011 für Aufsehen sorgte. Weil sie keine Geschlechtsumwandlung vornehmen ließ, spielte sie in der Männermannschaft.