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Populismus

Ein Drittel der wahlberechtigten Deutschen ist populistisch

Mache hier den Test und finde heraus, ob auch in dir ein neuer Donald Trump steckt.
Collage bestehend aus: Donald Trump: imago | ZUMA Press, Frauke Petry: imago | Jens Jeske, Horst Seehofer: imago | Spöttel Pictures 

In der Schlagermusik und im Populismus ist eine Sache klar: Schalte dein Hirn aus und lass dich von deinen Gefühlen leiten. Der Mensch auf der Bühne erklärt dir die Welt. Was andere angeblich besser informierte Menschen sagen, ist egal. So denken vielleicht nicht nur Hunderttausende Menschen, die das letzte Helene-Fischer-Album gekauft haben, sondern auch jeder dritte Wahlberechtigte in Deutschland.

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Laut einer neuen Studie der Bertelsmann-Stiftung sind 29 Prozent der Menschen, die in Deutschland wählen dürfen, populistisch veranlagt. Das heißt, sie glauben unter anderem, dass alle Menschen das Gleiche wollen. Außerdem sind sie gegen politische Eliten und gegen pluralistische Werte, also nicht der Meinung, dass man politische Macht auf möglichst viele Stellen verteilen sollte. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute: Die Mehrheit denkt anders. 37 Prozent der jeweils 1.600 Menschen, die die Studienautoren in drei Runden befragt haben, lehnen populistische Ansichten ab.

Auch wenn Björn Höcke gerne mal über das Berliner Holocaust-Mahnmal fabuliert, interessiert das die meisten populistischen Wähler in Deutschland nicht. Sie haben eher moderate, statt radikale Ansichten. Ganz nette Typen also? Der Wahlforscher Robert Vehrkamp, der die Studie durchführte, sagt: "Die Populisten in Deutschland sind enttäuschte Demokraten, aber keine Feinde der Demokratie."

Und jetzt alle Wahlkampfstrategen ganz genau aufpassen, und Horst Seehofer ganz besonders: Auch wenn sich ein Drittel der Wahlberechtigten nach einfachen Antworten auf komplizierte Fragen sehnt, würde es sich laut der Studie für keine der etablierten Parteien lohnen, im Bundestagswahlkampf auf die Populismuspauke zu dreschen.

Aber was ist das eigentlich genau, ein Populist? Und bist du vielleicht selbst einer? Um das herauszufinden, haben die Studienmacher acht Aussagen entwickelt. Die ersten vier stehen für Leute, die gegen das Establishment sind. Sie kritisieren die etablierten Parteien und Medien. In der radikalen Variante stellen sie diese Institutionen grundsätzlich infrage oder wollen sie entmachten. Die letzten vier Aussagen repräsentieren Leute, die nichts vom Pluralismus halten und die Bürger als homogene Einheit sehen. Die Aussagen vier bis sechs sind außerdem typisch für Menschen, die sich nach direkter Herrschaft durch das Volk sehnen, ebenfalls ein Aspekt von Populismus.

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Wenn du allen acht Aussagen "voll und ganz" oder "eher" zustimmen würdest, bist du montags womöglich öfter brüllend durch Dresden spaziert.

  • Die Bürger sind sich oft einig, aber die Politiker verfolgen ganz andere Ziele.
  • Die Parteien wollen nur die Stimmen der Wähler, ihre Ansichten interessieren sie nicht.
  • Die politischen Differenzen zwischen den Bürgern und Politikern sind größer als die Differenzen der Bürger untereinander.
  • Mir wäre es lieber, von einem einfachen Bürger politisch vertreten zu werden als von einem Politiker.
  • Wichtige Fragen sollten nicht von Parlamenten, sondern in Volksabstimmungen entschieden werden.
  • Die Politiker im Bundestag sollten immer dem Willen der Bürger folgen.
  • Die Bürger in Deutschland sind sich im Prinzip einig darüber, was politisch passieren muss.
  • Was man in der Politik "Kompromiss" nennt, ist in Wirklichkeit nichts Anderes als ein Verrat der eigenen Prinzipien.

Solltest du bei allen acht Sätzen gedacht haben "Genau so ist das! Wird man ja wohl noch mal sagen dürfen!!!1!", dann wählst du wahrscheinlich nicht CDU oder CSU. Wie bitte? Ja: Die Union hat neben den Grünen laut der Studie die am wenigsten populistischen Wähler. Jens Spahn (CDU) sollte also vielleicht nochmal nachdenken, ob es wirklich schlau ist zu fordern, auf dem Mittelmeer gerettete Geflüchtete gleich zurück nach Libyen zu verschiffen. Die Studie legt sogar nahe, dass sich die etablierten Parteien noch deutlicher von rechtspopulistischen Positionen abgrenzen sollten.

Wenig überraschend: Die Wähler der AfD sind mit 60 Prozent besonders populistisch, genauer gesagt "eindeutig rechtspopulistisch", allerdings nur beim Thema Flüchtlingspolitik. Mit systemfeindlichen und antieuropäischen Positionen kann auch die AfD offenbar bei ihren Wählern nicht punkten. Das Problem ist nur, dass Populisten nichts auf so lästige Kleinigkeiten wie repräsentative Studien geben. Andernfalls müsste die AfD ihr Wahlprogramm womöglich doch nochmal überdenken.

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