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Sogar als Imperialist kannst du Kim Jong-uns Allzweck-Wunderelixir bestellen

Du leidest an Krebs, AIDS, Vogelgrippe, bist irgendwie radioaktiv verstrahlt worden? Kein Ding: Nordkorea behauptet, die ultimative Lösung zu haben. Jetzt auch aus Europa bestellbar.
Ampullen gegen alles. Bild: koreabud.com

Seit Jahrzehnten zerbrechen sich Wissenschaftler weltweit die Köpfe über die Heilung schwerer Krankheiten—jetzt stellt sich heraus, dass Nordkorea die Universallösung schon seit, nun ja, 26 Jahren in der Schublade hatte.

Unsere Lieblingsnachrichtenagentur KNCA, das zuverlässig fantasievolle Sprachrohr der Volksrepublik Nordkorea, verbreitete vor wenigen Tagen die Kunde von einem Wunderheilmittel gegen AIDS, Ebola, MERS, SARS und so ziemlich jede uns bekannte Krankheit. Das Präparat, das gespritzt werden soll, wird als mindestens so vielseitig wie der Liebe Führer selbst beworben: Es helfe nicht nur gegen Viren, sondern auch gegen Tuberkulose, Fettleibigkeit, Krebs, Radioaktivität und „Schäden, die vom übermäßigen Gebrauch des Computers herrühren".

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Kim Jong-Un teilt seine unerschöpfliche Weisheit im Bereich Medizininnovation mit ein paar Menschen im Kittel. Es gab leider nur einen Stuhl im Schnapsladen. Bild: KCNA

Ach, und hast du Pickel oder ist dir manchmal morgens kotzübel, seit du schwanger bist? Verzage nicht! Das von der nordkoreanischen Pharmafirma Pugang entwickelte Kumdang-2 sorgt dank Ginseng, Extrakten aus seltenen Erden und vielleicht sogar ein wenig Gold und Platin dafür, dass du bald wieder auf dem Damm bist.

„Jeder hat ein Recht auf Gesundheit!" Bild: Screenshot kumdang2.com

Kumdang-2 ist neben den Edelmetallen aus „Molekulardünger" gemacht, aber das soll den geneigten Kunden nicht abschrecken, es sich auch auf die Haut aufzutragen. Genauer gesagt, so erfahre ich, sei das Produkt auch äußerlich anwendbar und liefert regelmäßig auf das Gesicht geschmiert „bessere Ergebnisse als Luxuskosmetik". Auch „ihre Augen werden glänzen". Das Produkt wird im attraktiven Präsentkarton in kleinen Glasampullen angeboten. Nebenwirkungen: natürlich keine.

„Nach zweitägigen Injektionen fühlst du dich stark, erfrischt und glücklich, befriedigt", schwärmt die Website kumdang2.com, die mit einer ausführlichen Dokumentation der universalen Heilungserfolge aufwarten kann. Nur beim Thema Entzug und Entwöhnung muss das Anleitungsbüchlein passen, denn „es gibt in unserem Land keine Drogensucht". Zum Glück liefere der verlotterte Westen aber genügend dokumentierte Fälle, in denen das Produkt selbstverständlich auch durchschlagende Erfolge erziele. Immerhin: Alkoholismus scheint es in Nordkorea zu geben, denn Kumdang-2 heilt angeblich Fettlebern zu 98%.

„Die deutsche Zeitung BILD vom 22.11.2002 bestätigt, dass das wunderschöne Fräulein Kim Hey Sung ihren Akrobatik-Oscartitel als „Goldener Clown" ihrem aktiven Gebrauch von Kumdang-2-Spritzen verdankt."

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Aber das ist noch nicht alles! Denn der ausgewiesene Philanthrop Kim Jong-un möchte die magischen Ampullen nicht nur für seine Landsleute zur Verfügung stellen, sondern erlaubt auch uns kapitalistischen Imperialisten, an der glorreichen Erfindung teilzuhaben.

Für umgerechnet 24,50 Euro können sich nun Patienten auf der ganzen Welt das Allzweckelixir dank eines russischen Anbieters weiterer hilfreicher Produkte aus Nordkorea bestellen.

Denn schließlich spielen wir Deutschen eine ganz besondere Rolle in der Legitimation dieses Produktes: „Analyticon of Germany", prangt quer auf der goldenen Packung (auch wenn der Hersteller für Urintests etwas entgeistert reagiert, als ich ihm von dem neuen Wundermittel erzähle: „Wie bitte?! Nie gehört! Damit haben wir ganz sicher nichts zu tun!").

Nicht zuletzt sei auch die Presse schon jahrzehntelang begeistert, so die Website kumdang2.com: „Die deutsche Zeitung BILD vom 22.11.2002 bestätigt, dass das wunderschöne Fräulein Kim Hey Sung ihren Akrobatik-Oscartitel als 'Goldener Clown' ihrem aktiven Gebrauch von Kumdang-2-Spritzen verdankt."

Analyticon of Germany, oder was: Ein weiterer Beweis für die blühende Phantasie im nordkoreanischen Exportwesen. Bild: koreabud.com

Nun berichtet die BILD ja viel Unwahres, deswegen habe ich sicherheitshalber nochmal beim Patentamt angerufen. Denn bei gleich mehreren renommierten staatlichen Institutionen sei das Produkt angeblich registriert—bei Gesundheits- und Patentämtern in Deutschland, Syrien, Kuba und in der Mongolei. Mangels Sprachkenntnissen konnte ich das stolz auf der Produkt-Homepage angegebene Registerzeichen leider nur bei den deutschen Behörden überprüfen: „Ist das was gegen Insekten? Dieses Aktenzeichen ist doch uralt", prustet die Dame vom Recherchedienst. „1980 registriert, 1984 zurückgezogen… also, wahrscheinlich waren die Entwicklungskosten zu hoch oder es hat nicht funktioniert."

Wie auch immer: Dass der Produktlaunch eines angeblichen Heilmittels gegen MERS genau mit einem Ausbruch der Krankheit im benachbarten und verfeindeten Südkorea koinzidiert, ist natürlich purer Zufall statt plumper Propaganda. Oder vielleicht auch, für nordkoreanische Verhältnisse zumindest, Soft Diplomacy.

Die Weltgesundheitsorganisation glaubt übrigens, dass gerade die Nordkoreaner häufig mit chronischen Krankheiten wie Tuberkulose und Lungenentzündungen zu kämpfen haben, laut WHO seien Lungeninfekte sogar eine der häufigsten Todesursachen im Land. Verlässliche Daten fehlen jedoch aufgrund der strengen (die Regierung würde sagen: vorsorglichen!) Abschottungspolitik der Marke Kim Jong-un.