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Ayahuasca statt Messwein

Statt Meditationsreise kann man sich jetzt in die Weiten des amerikanischen Bundestaates Washington aufmachen, um sich mit in einer Ayahuasca-Gemeinde auf eine spirituelle Reise der anderen Art zu begeben.

Wenn du im Leben nicht mehr weiterkommst, alles keinen Sinn ergibt und du mal wieder in einer Identitätskrise steckst, könntest du einen Psychologen um Rat bitten und dein Herz dort ausschütten. Oder du könntest ein Sabbatical einlegen. Eine Weltreise machen, ein Buch schreiben, Meditieren lernen in Indien, dich selbst finden und so.

Könntest du. Wenn du dich aber auf eine wirklich spirituelle Reise begeben willst, fährst du vielleicht mal kurz in die USA.

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Im Bundesstaat Washington hat Ayahuasca Healings die erste Ayahuasca-Kirche Amerikas gegründet. Bislang beschränkte sich das Angebot auf spirituelle Einkehrtage in Peru, jetzt bieten sie jedoch als erste eine legale Einkehr mit Ayahuasca in den USA an. Die Gründer haben sich im kleinen Örtchen Elbe einen großen Batzen Land gekauft und laden dort zur spirituellen Heilung ein.

Für diejenigen unter euch, die Ayahuasca noch nicht kennen: Ayahuasca ist ein Tee aus verschiedenen Pflanzen aus der Amazonasregion, die eines der wirkungsvollsten natürlichen Halluzinogene enthalten. Wer das trinkt, kann realitätsnahe, lebensverändernde Visionen bekommen—und sich auch mächtig übergeben.

Indigene Völker haben Ayahuasca schon lange genutzt, um die eigene Psyche von spirituellen Problemen zu reinigen. In der westlichen Zivilisation, wo psychische Störungen die neue Trend-Diagnose sind, wird Ayahuasca immer mehr genutzt, um psychische Probleme wie Depressionen, Sucht und posttraumatische Belastungsstörungen zu behandeln.

MUNCHIES hat Trinity de Guzman, einen der Gründer von Ayahuasca Healings, zu diesem sagenumwobenen Tee und zur rechtlichen Situation der Ayahuasca-Kirche ausgefragt.

MUNCHIES: Hey Trinity. Erklär uns doch mal, was Ayahuasca eigentlich ist.Trinity de Guzman: Ayahuasca ist eine heilige Medizin aus Pflanzen, die Eingeborene schon tausende von Jahren nutzen. Für sie ist es ein Weg der spirituellen, aber auch der physischen, mentalen und emotionalen Heilung. Vor allem aber können sie so mit den Geistern in Verbindung treten.

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Ist Ayahuasca legal? Zu Ayahuasca selbst gibt es in den USA keine Gesetze. Aus den Pflanzen kann man DMT gewinnen, das wiederum von der amerikanischen Anti-Drogen-Behörde DEA als gefährlich eingestuft wird und illegal ist. Ayahuasca selbst fällt unter keine Kategorie der DEA und ist für religiöse und spirituelle Zwecke zugelassen. Kurzum: Wenn du allein religiöse Ziele damit verfolgst, ist Ayahuasca legal. Auch wenn man Mitglied einer Kirche ist, da hier Ayahuasca einen rechtlichen Schutz genießt.

Warum wird Ayahuasca bevorzugt als Tee zubereitet? Um die einzelnen Komponenten der zwei Pflanzen—Chacruna (Psychotria viridis, eine Buschpflanze) und Ayahuasca (Banisteriopsis caapi, eine Lianenpflanze)— freizusetzen, muss man sie aufbrühen.

Banisteriopsis caapi. Foto von Jairo Galvis Henao.

Wieso muss man von diesem Wurzeltee kotzen?Für viele ist es unangenehm, sich übergeben zu müssen. Normalerweise übergibt man sich nach einer Lebensmittelvergiftung oder wenn man zu viel getrunken hat. Kotzen ist eine Abwehrreaktion des Körpers und fühlt sich scheiße an.

Bei Ayahuasca kommt aber nicht nur der Mageninhalt heraus: Man entledigt sich des ganzen energetischen Ballasts, den wir—oft ohne es zu wissen—mit uns herumschleppen. Wenn man sich dann übergibt, ist das wie eine innere Reinigung, man fühlt sich befreit und viele sagen auch, sie fühlen sich richtiggehend leichter. Dadurch kann man sich der Fesseln befreien, die uns sonst in unserem Denken und Sein einschränken.

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Woher kommt die halluzinogene Wirkung des Tees? Im Ayahuasca selbst sind sogenannte MAO-Hemmer und in den Chacruna-Blättern ist DMT enthalten. Ohne die MAO-Hemmer würde das DMT nur verdaut werden, aber nicht vom Körper aufgenommen. Es geht aber nicht nur um die chemische Zusammensetzung, sondern vor allem um den Geist der Pflanze. DMT allein hat diese spirituelle Komponente nicht.

Man hat dann also eine körperliche Verbindung zur spirituellen Welt? Ja, genau.

Ayahuasca schmeckt nicht wirklich gut, sondern sehr bitter. Da es aus Lianen gemacht wird, schmeckt es ein bisschen wie Baumrinde—nicht wirklich schmackhaft. Als würde man Dreck essen und mit Magenbitter nachspülen.

Kannst du mir die Herstellung erklären? Ja, klar. Der Tee wird in einem großen Topf über offenem Feuer sieben Tage lang gekocht. Ein sehr langer Prozess, aber durch die ständige Hitze können die Inhaltsstoffe in den Tee übergehen. Dabei muss man die ganze Zeit das Feuer im Auge behalten und Gebete sprechen und immer wieder Wasser hinzugeben.

Und das schmeckt dann? Ayahuasca schmeckt nicht wirklich gut, sondern sehr bitter. Da es aus Lianen gemacht wird, schmeckt es ein bisschen wie Baumrinde—nicht wirklich schmackhaft. Als würde man Dreck essen und mit Magenbitter nachspülen. Aber da man nicht viel davon trinkt, bekommt man den Tee auch schnell runter.

Ayahuasca ist keine Droge, die man mal nimmt, um sich ein wenig besser zu fühlen, sondern eine Reise in die dunklen Ecken unseres Bewusstseins—keine schöne Erfahrung. Man gelangt zu den Wurzeln seiner eigenen Schmerzen, Wunden und Traumata, auch die der ungelösten. Diese Droge weiß, was dein Geist braucht, und ist eine echte Herausforderung.

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Was nimmt man rein visuell wahr, nachdem man den Tee getrunken hat? Ganz langsam beginnen die Visionen. Die hängen davon ab, wie der Tee gebrüht wurde und mit welcher Intention er bei der Zubereitung versetzt wurde. Das hat alles Einfluss auf die Ayahuasca-Erfahrung. Aber insgesamt ist alles ziemlich bunt, wie ein Batik-T-Shirt. Diese Visionen sind relativ kurz und sehr abstrakt—das ist der Geist, der in uns eindringt. Danach beginnt die Reise, die dich mit dem Geist von Mutter Ayahuasca verbindet.

Warum habt ihr als Ayahuasca-Rückzugsort Elbe im Bundesstaat Washington gewählt? Hier im Nordwesten der USA, in der Nähe des Pazifiks, verspürt man eine ganz eigene Energie. Hier ist man Mutter Natur ganz nah.

Inwiefern sind Ayahuasca-Kirchen anders als traditionellere Kirchen? In anderen Kirche spricht man über Gott und der Priester oder Pastor ist die Verbindung zu Gott. In Kirchen wie unserer geht es darum, selbst mit Gott in Verbindung zu treten und den Schöpfer unmittelbar zu erleben.

Und wie sieht die rechtliche Situation eurer Ayahuasca-Enklave aus? Wir sind die erste wirklich öffentliche legale Ayahuasca-Gemeinde in den USA. Wir sind nicht die erste dieser Kirchen, aber die erste, die für alle zugänglich ist, denn wir nutzen das Internet, um unsere Botschaft zu verbreiten—nicht so wie andere Ayahuasca-Kirchen, die sich eher etwas verschlossener geben.

Wie groß ist die Nachfrage? Das Interesse für Ayahuasca ist ungebrochen und wir helfen den Leuten bei ihrer Entscheidung. Das heißt aber nicht, dass man zu jeder Zeit hierher kommen kann. Die Leute können sich aber über uns online informieren und sich auch online registrieren, nicht wie bei anderen Ayahuasca-Gemeinden.

In Embryonalstellung zusammengekauert weinte, zitterte und übergab ich mich. Da wusste ich, dass ich bestimmt war, diese Erfahrung mit der Welt zu teilen.

Wie hat dir Ayahuasca geholfen?Dieser Tee war meine persönliche Transformation. Aber vor allem hat er mir geholfen, einen Sinn zu sehen. Dank Ayahuasca kann ich nicht anders, als meine persönliche Bestimmung zu erfüllen. Ayahuasca gibt dir immer das, wozu du bestimmt warst. Meine Kindheit war traumatisch und hat mich in vieler Weise beeinflusst, besonders bei Beziehungen. Ayahuasca hat mir Klarheit gegeben und mich aus dem destruktivem Gedankenlabyrinth rausgeholt.

Ich wette, dass du die Vision, wie du den Tee an die breite Masse bringst, bei einer Ayahuasca-Zeremonie hattest… Meine erste Ayahuasca-Erfahrung war eine der schlimmsten Nächste meines Lebens. In Embryonalstellung zusammengekauert weinte, zitterte und übergab ich mich. Da wusste ich, dass ich bestimmt war, diese Erfahrung mit der Welt zu teilen. Ich wusste damals noch nicht wie, aber ich wusste: Amerika braucht Ayahuasca.

Danke für das Gespräch. Danke, Bruder!