Auf meine Nachfrage bei Starbucks bekommen wir nur eine ausweichende Antwort: „In Zusammenarbeit mit dem Netzbetreiber BT haben wir einen Wi-Fi-Filter installiert, um Kinder ausreichend vor unangemessenen Internetinhalten zu schützen", erklärt die Pressestelle gegenüber Motherboard und verweist damit auf eine Praxis, die eigentlich für alle öffentlichen WLAN-Angebote gilt: Sie werden von einem externen Dienstleister eingekauft; doch wie gründlich schaut der WiFI-Anbieter sich an, was der technische Dienstleister ihm da hinstellt und wie sehr interessiert er sich dafür? „Wir arbeiten ständig mit unserem Netzbetreiber zusammen, um diesen Filter weiter zu verbessern", heißt es von Starbucks wenig konkret.Auf der deutschen Webseite des Starbucks-Netzbetreibers BT findet man wenig Hintergrund zur Filterung von Webseiten; konkrete Kriterien dazu, warum Seiten auf jenen Blocklisten landen, auf der offenbar auch VICE steht, tauchen nicht auf. Auf eine konkrete Anfrage von Motherboard bei der Pressestelle reagiert BT nicht.Unter „Social Responsibility" erklärt BT, dass man im SOS Kinderdorf Nürnberg eine Filter-Software installiert habe, damit die Kinder „künftig auch ohne die Aufsicht von Betreuern das World Wide Web sicher erkunden und nutzen können. Das Programm blockiert Seiten mit jugendgefährdenden oder rechtswidrigen Inhalten."Freies WLAN wird für Nutzer immer wichtiger—doch darüber, nach welchen Regeln dort Inhalte gesperrt werden, gibt es kaum Transparenz.
Die FlixBus-Haltestelle am Berliner Alexanderplatz liegt auf meiner täglichen Rad-Strecke. Ich mache dort halt, zücke mein iPhone und logge mich in das WLAN eines Busses ein— was auch geht, wenn man neben einem Bus steht. Ich wähle das Netzwerk aus, bestätige die Nutzungsbedingungen und rufe VICE.com auf. Und tatsächlich: Der Zugriff ist gesperrt—noch ahne ich nicht, dass mein kurzer Test der Beginn einer kafkaesken Flixbus-Recherche sein wird, die sich noch über Monate hinzieht.Hallo @flixbus warum ist #vice in Eurem WLan gesperrt? Kann man irgendwo die Blacklist einsehen? pic.twitter.com/Zvth9ycM74
— turrage (@turrage) 8. September 2014
An dieser Antwort zeigt sich das eigentliche Problem. Während es Starbucks und FlixBus juristisch frei steht, Inhalte zu filtern, hat es einen faden Beigeschmack, wenn die Sperr-Entscheidungen offenbar nahezu beliebig durch Dritte erfolgen. Kaufen die landesweit und international agierenden Unternehmen Netz-Dienstleistungen ein, über die sie keine Kontrolle haben? Wer entscheidet eigentlich, was in ein „familiäres Umfeld" passt? Starbucks und FlixBus haben offensichtlich die Kontrolle verloren.„Das von Ihnen im Screenshot bezeichnete WLAN-System ist eine noch nicht auf FlixBus konfigurierte Version, die aber bereits in einem Bus verbaut wurde. Hier fehlt noch das FlixBus Look & Feel. Offensichtlich scheint hier die Website motherboard.vice.com ebenfalls vom Hersteller geblockt zu sein. Aufgrund Ihres Hinweises wird unser unternehmenseigenes Technik-Team mit dem Hersteller in Kontakt treten und sich für die Aufhebung dieses Blocks einsetzen. Ich kann Ihnen versichern, dass wir im Rahmen unseres WLAN-Angebotes alle gesetzlichen Regelungen und Vorschriften einhalten."