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Drogen

Werden jetzt schon Babys high? Hanfsamen mit zuviel THC zurückgerufen

Tatsächlich wird man eher von Malzbier betrunken als von den Hanfsamen von dm stoned.

Dieses Baby ist unzufrieden mit der Gesamtsituation, aber nicht high | Fotomontage Foto: imago | Zuma Press

Vergangene Woche noch hatten das Berliner Unternehmen Veganz und die Drogeriemarktkette dm die Intensivierung ihrer Zusammenarbeit angekündigt. Gestern warnte das Bundesamt für Verbraucherschutz vor Veganz-Hanfsamen, die für zu viel THC enthielten.

Auf der Facebook-Seite der Verbraucherzentrale Hamburg hießt es:

„Bei der auf der Packung empfohlenen Verzehrsmenge von mindestens 25 g Pulver pro Tag werden etwa 20 μg D9-THC aufgenommen. Da nicht auszuschließen ist, dass das Pulver auch in der Ernährung von Kleinkindern verwendet wird, kann bei einem Körpergewicht von 15 kg (Alter 2 - 3 Jahre [5]) die Menge an D9-THC, die bei der täglichen Aufnahme nicht überschritten werden sollte, bereits mit der empfohlenen Tagesverzehrsmenge von mindestens 25 g des Hanfprotein-Pulvers zu 140 % ausgeschöpft werden. Der Verzehr von Proteinpulver mit hohen D9-THC-Gehalten erhöht die alimentäre D9-THCAufnahme nicht unbeträchtlich. Eine erhöhte Aufnahme ist aus allgemeinen Vorsorgegründen als unerwünscht zu betrachten."

Keine psychoaktive Dosis

Klingt gefährlich. Aber wie viel sind 20 ng THC wirklich? Müssen Mütter, die ihren Kindern das proteinreiche Pulver gegeben haben, jetzt um Angst haben, den Nachwuchs unwissentlich in einen Rauschzustand versetzt zu haben? Die 20 Nanogramm THC, die sich in der empfohlenen Tagesdosis befinden, sind 0,02 Milligramm. Psychoaktiv wirksam wird THC bei einer Dosierung ab vier Milligramm, also dem Zweihundertfachen der Tagesdosis, um die es hier geht. Der saarländische Epilepsie-Spezialist Dr. Sven Gottschling vom Uniklinikum Homburg empfiehlt bei Kindern zur Reduzierung epileptischer Anfälle 2-3 mg THC (0,2 mg /Kilogramm Körpergewicht) als nicht psychoaktive Tagesdosis. Das ist die hundertfache Dosis der Menge, die sich in einer 20 Gramm Portion der betroffenen Hanfsaat befinden.

Doch wenn es um lebensmittelrechtliche Grenzwerte von THC geht, ist der Gesetzgeber um einiges strenger als beim Alkohol. Denn Biere, Weine und selbst Fruchtsäfte können mit einem Alkoholgehalt von 0,5 Volumenprozent als „alkoholfrei" verkauft werden. Säfte können sogar einen Alkoholgehalt von bis zu einem Prozent aufweisen, ohne dass dieser auf der Packung auftaucht. Denn laut EU-Lebensmittelverordnung muss erst der Alkoholhalt ab 1,2% auf der Verpackung vermerkt werden. Trotzdem ist es im Prinzip unmöglich, sich mit Saft oder Malzbier zu betrinken, weil der Alkohol selbst bei Kindern schneller abgebaut wird, als er wirken kann.

Die zurückgerufenen Hanfsamen weisen mit 0,08 Prozent auch nur einen Bruchteil der 0,2 Prozent THC auf, die bei uns legale, nicht psychoaktive Hanfblüten haben dürfen. Das macht einen Rausch noch unmöglicher als den Suff mit Malzbier oder O-Saft. Man müsste schon 32 Packungen, also über 6 Kilogramm der geschälten Hanfsamen verzehren, um so viel THC, wie ein normaler „Ein Personen Joint" mit 0,3 Gramm gutem Gras enthält, zusichzunehmen. Berauscht sind hier lediglich die PR-Strategen, denn die erste Rückrufaktion in Deutschland aufgrund von „THC in Kindernahrung" macht jetzt überall Schlagzeilen, ohne wirklich irgendjemandem zu schaden. Selbst beim Deutschlandfunk stellt man sich aufgrund der hinterhältigen Hanfsamen seit heute die Frage, ob hanfhaltige Lebensmittel „gesund oder gefährlich?" sind. Die Frage der Wirkung eines THC-Gehalts von 0,08 Prozent in den beanstandeten Samen bleibt allerdings ungeklärt.