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Bayer 04 Leverkusen

Klausur statt Champions-League: Kai Havertz ist zu gut für sein Alter

Kai Havertz ist erst 17 Jahre alt – doch Rudi Völler vergleicht ihn schon mit Özil. Leider seziert er heute Abend nicht Atleticos Verteidigung. Er schreibt morgen nämlich eine Klausur.
Foto: Imago

Heute Abend arbeitet Bayer Leverkusen (hoffentlich) am Wunder von Madrid. Ein Leverkusener wird heute Abend ebenfalls ackern. Aber nicht auf dem Platz, sondern vor seinen Schulbüchern. Die Rede ist von Kai Havertz, dem Shooting-Star der Werkself, den Rudi Völler mal eben mit Mesut Özil vergleicht. Denn der 17-Jährige ist ganz nebenbei auch noch Abiturient am Landrat-Lucas-Gymnasium in Leverkusen und muss wegen Prüfungsstress im Rheinland bleiben.

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Dabei könnte ihn Bayer gegen Atlético gut gebrauchen. Schließlich gilt es, die 2:4-Heimpleite aus dem Hinspiel noch umzubiegen. Und dafür werden zündende Ideen und jugendlicher Mut dringend nötig sein, der in den letzten Wochen in erster Linie von Havertz ausging. Doch wer ist der junge Mann, der in seiner Premierensaison schon vier Torvorlagen auf dem Konto hat?

Ein verdammt talentierter Spieler, das steht außer Frage. Vor rund sieben Jahren, anno 2010, wechselte Havertz von Alemannia Aachen zu Bayer 04. Dort gewann er in der Saison 2015/16 mit der U-17 die Meisterschaft. Und zeigte, dass er nicht nur Tore vorbereiten, sondern auch schießen kann. In 29 Spielen gelangen ihm 20 Buden, dazu gesellte sich noch eine Vorlage. Völlig folgerichtig wurde ihm dann auch die Fritz-Walter-Medaille in Silber verliehen, die besondere Leistungen im Nachwuchsbereich auszeichnet.

Doch mittlerweile hat Havertz kaum noch Zeit für den Bayer-Nachwuchs. Seit letztem Sommer ist er mit einem Profivertrag ausgestattet und kam neben neun Einsätzen bei den A-Junioren auf 16 Einsätze in der Bundesliga – plus drei Auftritte in der Champions League und einem im DFB-Pokal. Geholfen hat ihm dabei auch das große Verletzungspech bei Bayer, als Anfang der Saison mit Bellarabi, Pohjanpalo, Volland, Mehmedi und Kießling ein Offensivspieler nach dem nächsten ausfiel.

Vor allem in der Bundesliga hatte Havertz schon so einige Glanzmomente. Wie beispielsweise in einem historischen Spiel. Am 17. Februar schoss Karim Bellarabi das 50.000. Tor der Bundesligageschichte. Wer hat es mit einem perfekt getimten Zuspiel in die Mitte maßgerecht vorbereitet? Kai Havertz, natürlich.

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Was uns direkt zu seinen Spieler-Attributen bringt. Der 1,86 Meter große Linksfuß strahlt für sein Alter eine Ruhe aus, die seinesgleichen sucht. Doch bei aller Ruhe fehlt es ihm neben einer guten Technik auch nicht an einem dynamischen Antritt. Und, wie die folgende Szene unterstreicht, am nötigen Selbstbewusstsein. Ansonsten würde man es wohl kaum mit gleich vier Gegenspielern aufnehmen und einfach mal die gesamte Frankfurter Hintermannschaft nass machen, immer schön mit dem Ball eng am Fuß:

Aber vor allem bringt er eine Qualität mit, die man nicht wirklich antrainieren kann: „

Das Spielverständnis, dass ich das Spiel gut lesen kann", beschrieb Havertz seine größte Stärke. Und genau dieses Spielverständnis demonstrierte er bei einer weiteren Torvorlage. Mit einem geschmeidigen Pass überwand er die gesamte Kölner Abwehr und schickte Wendell, der sich mit dem 1:1-Ausgleichstreffer für die gefühlvolle Vorbereitung bedankte.

Stichwort gefühlvoll. „Bei Kai ist das vom Typ her so ähnlich wie bei Mesut Özil, dieses Selbstverständliche, den Ball zu streicheln", lobte Leverkusens Sportchef Rudi Völler unlängst den jüngsten Bayer-Profi aller Zeiten. Und legte noch einen nach: „Dinge, die einfach aussehen, macht er in völliger Gelassenheit. Er hat einfach eine Gabe. Er hat eine Ballbehandlung, die ist sensationell."

Auch seine Arbeitskollegen halten große Stücke auf Havertz: Bernd Leno bezeichnete ihn als „überragenden Techniker" und Kapitän Lars Bender brachte es dann wohl so ziemlich auf den Punkt: „Sagenhaft! Ich glaube, ich habe schon in seiner ersten Trainingswoche gesagt, dass das so ziemlich der kompletteste 17-Jährige ist, den ich je erlebt habe."

Schon sehr bald wird Havertz noch mehr Zeit für Fußball haben. Bis Ende März muss er noch zum Unterricht, danach kann er sich von zu Hause aus auf die Abi-Klausuren vorbereiten. Als Leistungskurs-Fächer hat er übrigens Deutsch und Sport belegt, das dritte Prüfungsfach ist Geographie und die mündliche Prüfung wird er in Mathe ablegen.

Wenn er so weiter spielt, dürften seine Schulnoten die nächsten Jahre erst mal nicht so wichtig sein, aber dafür die großen Namen bei der Bayer-Geschäftsstelle vorstellig werden. Sport1-Informationen zufolge soll – wer hätte es für möglich gehalten – auch der FC Bayern München Havertz auf dem Zettel haben. Den holte 2010 ein gewisser Michael Reschke nach Leverkusen. Der ist heute übrigens Technischer Direktor: bei den Bayern.