Auf der Seite, die man sich so ähnlich vorstellen kann wie Craigslist, wurde die 16-Jährige potenziellen Freiern angepriesen. Später fuhren sie dann mit ihr in ein Haus in Virginia Beach und zwangen sie zum Sex mit rund 15 verschiedenen Männern. Der erste von vielen Tagen, an dem sie von mehreren Männern besucht und missbraucht wurde. Das Martyrium des Mädchens endete erst, als sie es schaffte, zu fliehen. Ein Fremder ließ sich von ihr dazu überreden, ihr 50 Euro für eine Taxifahrt zu geben.So tragisch diese Geschichte auch ist, sie ist beileibe kein Einzelfall. Überall in den USA nutzen Zuhälter und Menschenhändler Onlinedienste wie Backpage, um ihre Opfer auszubeuten und sich an ihnen zu bereichern. Um nicht entdeckt zu werden, nutzen sie in ihren Anzeigen meist Codewörter oder bestimmte Formulierungen wie „Neu in der Stadt", was meist für Teenager verwendet wird.Dass das überhaupt möglich ist, liegt auch an der Anzeigenseite selbst. Laut einem kürzlich erschienen Bericht eines Unterausschusses des US-Sentas stellt sich Backpage gegenüber solchen Aktivitäten eher blind, als dagegen vorzugehen. Zwar verbieten die Nutzungsbedingungen von Backpage den Handel mit Sex und sexuellen Dienstleistungen, geschweige denn mit Kindern, doch der Ausschuss kritisiert, dass die Seite nur wenig tut, um Straftaten auch wirklich zu verhindern. Der Unterausschuss stellte fest, dass das Unternehmen die Moderation der Seite ab Oktober 2010 für einen kurzen Zeitraum outgesourct hatte, um problematische Posts zu überwachen. Die Moderatoren, die ihren Sitz in Indien hatten, bekamen insgesamt 120 Wörter und Sätze (wie „school girl", „yng" für „young", was absichtlich falsch geschrieben wird, und „teen") mit der Anweisung, diese zu löschen. Andere fragwürdige Anzeigen blieben dagegen weiterhin aktiv, was auch bedeutet, dass es Zuhältern und Menschenhändlern immer noch möglich war, ihren illegalen Tätigkeiten nachzugehen, ohne dabei gegen die Nutzungsbedingungen von Backpage zu verstoßen.Mehr lesen: Wer sieht zu, wenn sich jemand im Livestream das Leben nimmt?
„Aus unseren Aufzeichnungen wissen wir, dass eines von fünf Kindern, das von zu Hause wegläuft, wahrscheinlich Opfer des Sexhandels wurde", sagt Souras gegenüber Broadly und fügt an, dass „Backpage mit dem Großteil davon in Verbindung gebracht werden kann und immer der erste Ort ist, an dem wir nachsehen, wenn wir denken, dass jemand Menschenhändlern zum Opfer gefallen sein könnte."Diese Anzeige enthält Fotos von meiner 16-jährigen Schwester, die Menschenhändlern zum Opfer gefallen ist. Wir versuchen gerade, sie wieder nach Hause zu holen.
In St. Louis hat Latasha Jewell McFarland ein 14-jähriges Mädchen, das ebenfalls von zu Hause weggelaufen war, angeworben, um mit ihr gemeinsam auf den Strich zu gehen. McFarland bot dem Opfer umgerechnet rund 90 Euro pro Geschlechtsakt an und sagte ihr, dass sie mehr Geld bekommen würde, wenn sie Sex mit Männern haben würden, die mehrere Frauen haben wollten. McFarland fotografierte das Opfer—nackt und in pornografischen Posen—und stellte die Bilder auf Backpage. Außerdem reservierte sie, Berichten zufolge, Zimmer für das Mädchen in Motels entlang der Autobahn. McFarland nahm die Hälfte der Einnahmen des Opfers. Später wurde sie festgenommen und wegen Menschenhandel angezeigt.Mehr lesen: Münchhausen by Internet: Warum Menschen online krankhaft lügen
Um bei dem Versuch, die Seite außer Betrieb zu nehmen, stärker Tritt zu fassen, haben Strafverfolgungsbeamte selbst Anzeige gegen die Seite erstattet. Einer der Beamten, der für ein Sheriff's Department im Mittleren Westen tätig ist, hat mit Broadly über das Verfahren gegen Backpage gesprochen, wollte jedoch anonym bleiben. (Seine Identität wurde von Broadly überprüft.)Wenn wir Backpage stilllegen, dann werden mit der Seite auch die Informationen verschwinden, die wir für unsere Ermittlungen nutzen können.
Natürlich stellt sich auch die Frage, was passieren würde, wenn Backpage tatsächlich erfolgreich gelöscht werden würde. Welche Seite würde stattdessen den Platz von Backpage einnehmen? McDougall wird nicht müde darauf hinzuweisen, dass Backpage die Polizei bei strafrechtlichen Ermittlungen unterstützt und relevante Daten aushändigt, wenn sie Zugang dazu haben, weil sie „das Richtige tun wollen."Aber Ermittler rollen nur mit den Augen, wenn sie von McDougalls Behauptung hören. Andere warnen auch davor, dass mit dem Verbot von Backpage relevante Dokumente verloren gehen könnten. „Ich weiß, dass viel darüber gesprochen wird, Backpage zu löschen und so was. Aber eigentlich bin ich dagegen, denn wenn wir Backpage stilllegen, dann werden mit der Seite auch die Informationen verschwinden, die wir für unsere Ermittlungen nutzen können. All diese illegalen Geschäfte würden nur noch weiter in den Untergrund abtauchen", sagt ein Strafverfolgungsbeamter aus San Diego.Vorerst wird Backpage jedenfalls weiterhin ganz offen—und theoretisch auch legal—betrieben werden können. Immerhin: Es scheint, als würden sich die Betreiber zumindest nicht mehr länger hinter der amerikanischen Verfassung verstecken können.Es muss festgestellt werden, ob Backpage seine Buchungsregeln tatsächlich so gestaltet hat, dass Sexhandel möglich gemacht wird, und zu bestimmen, ob Backpage gemäß dem CDA angeklagt werden kann, weil die Website hilft, rechtswidrige Inhalte zu verbreiten und daher unter die in Abschnitt 230 festgehaltene Ausnahme fällt, weil das Unternehmen wesentlich zu den vermeintlichen Rechtsverletzungen der Beschuldigten beiträgt.