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Neue Studie soll flexible und effiziente Solarzellen zum Ausdrucken ermöglichen

Kanadische Forscher bringen uns einer Zukunft effizienter Solarpaneele, die überall aufgedruckt werden können, einen entscheidenden Schritt näher.
Technikerin hält eine flexible Solarzelle in die Höhe
Bild: imago | Science Photo Library 

In den meisten Zukunftsvisionen für erneuerbare Energie spielt Solarstrom eine zentrale Rolle. Doch handelsübliche Solarpaneele sind starr und zugleich zerbrechlich—aufgrund ihrer fragilen Siliziums im Inneren. Wenn sie dagegen aus flexiblem Plastik wären, so könnten wir sie einfach auf all unsere Alltagsgegenstände aufdrucken, zum Beispiel auf Fahrzeuge, Fenster oder auch auf flexible Materialien wie Kleidung. Diesem Ziel sind Forscher aus Montreal jetzt einen großen Schritt näher gekommen.

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Die Wissenschaftler konnten einen wichtigen Durchbruch bei der Erforschung eines zentralen Details der Plastik-Solarenergie verzeichnen: In einer am Dienstag veröffentlichten Studie beschreiben sie genauer, wie Lichtstrahlen die Chemikalien in Plastiksolarzellen anregen, was die Effizienz gedruckter Solarenergieanlagen deutlich erhöhen soll: „Kurz gesagt können wir Solarpaneele wie Zeitungen drucken. So können wir im großen Stil und preisgünstig dafür sorgen, dass die Photovoltaik Technologie jedem Menschen auf der Erde zugänglich wird“, berichtete mir Francoise Provencher, Hauptautorin der Studie.

Die Idee günstiger Solarzellen aus Plastik selbst ist nicht vollkommen neu. So hat beispielsweise die Firma Konarka aus Massachussetts bereits im Jahr 2008 mit der Massenproduktion von auf Polymer basierenden Paneelen begonnen. Allerdings stießt das Unternehmen dabei auf große Hindernisse, denn Solarpaneele aus Plastik oder organischem Material sind zwar dünn und flexibel aber bisher nicht annähernd so effizient wie Silizium.

Konarka ging schließlich vor zwei Jahren pleite. Unter anderem auch weil ihre gedruckten Zellen nur einen Effizienzgrad von 3 - 5 Prozent erreichten, was zu wenig ist im Vergleich mit konventionellen Solaranlagen, die bereits im Bereich zwischen 15 und 21 Prozent arbeiten. Dennoch forschen verschiedene Wissenschaftler weiter an der Verbesserung der Energieeffizienz. Und nach dem Erreichen von 9 Prozent in einer Studie der Northwestern University unter suboptimalen Umständen, geben sich die kanadische Wissenschaftler vor dem Hintergrund ihrer aktuellen Ergebnisse äußerst positiv gestimmt:

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„Unsere Studie ist ein echter Durchbruch, denn wir haben zum ersten Mal beobachten können, wie sich die Elektronenwolke in einem Halbleiter-Polymer bewegt, während das Polymer aus Licht elektrische Spannung erzeugt. Ich war wirklich von den Resultaten überrascht, weil sie hinterfragen, wie wir uns normalerweise die Trennung elektrischer Ladungen vorstellen.“

Normalerweise besteht das Szenario aus vier zeitlich aufeinanderfolgenden Schritten, wie mir Provencher weiterhin berichtete: „(1) Das Polymer-Molekül wird vom Licht angeregt. (2) Das Elektron wandert zu einem nahegelegenen Empfängermolekül und bildet ein Elektronen-Loch-Paar (Ein solches Loch ist eine positive Ladung, die von der Abwesenheit eines Elektronen auf dem Polymer erschaffen wird). (3) Schließlich trennt sich das Paar in freie Ladungen auf und produziert (4) in ihrer Bewegung Elektrizität. Die große Überraschung in unserem Experiment war nun, dass dies im untersuchten System alles gleichzeitig passiert, ohne [separate] Schritte.“

Diese Beschreibung der Forscher mag etwas wackelig klingen, aber die entscheidende Konsequenz ist, dass die vorherige Sorge der Forscher, dass das Elektron und sein zurückgelassenes Loch sich nicht leicht trennen lassen widerlegt wurde. Denn die Studie zeigt, dass sie gern voneinander lassen, so dass ihre Trennung nicht die befürchtete Effizienzgrenze für Plastik-Solarzellen darstellt.

Zwar wird die Effizienz wahrscheinlich nach wie vor hinter der von Silizium zurückbleiben. Doch jetzt ist klar, dass wesentliche Steigerungen möglich sind und der Effizienzunterscheid zwischen Silizium- und Polymersolarzellen in Zukunft so klein wird, dass er in bestimmten Fällen vernachlässigt werden könnte.

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„Man könnte wohl 22 bis 27 Prozent Effizienz erreichen“, sagte Provencher. „Zum Vergleich: bei Silizium liegt die Grenze bei nur 33 Prozent, also nicht soviel höher. Unser Ziel ist es 20 Prozent zu erreichen, doch dafür bedarf es noch einiger weiterer Studien, um zum richtigen Materialdesign zu gelangen.“

Sicher werden bei Großanlagen auch weiterhin Siliziumzellen den Zuschlag erhalten—gerade in Wüstenregionen in denen ein Prozent Effizienzsteigerung, absolut gesehen, sehr viel Strom bedeutet. Doch Provencher ist sicher, dass Plastikzellen „sich aufgrund ihrer einzigartigen Eigenschaften in Nischen durchsetzen werden: leicht, flexibel, billig.“

Schon jetzt ist tragbare Solartechnologie das nächste groß Ding im Silicon Valley. Der Traum Solarpaneele massenweise zu drucken ist lebendiger denn je.