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Hoax-Bilder erklären unschuldigen Sikh schon wieder zum Terror-Attentäter

Bereits nach den Anschlägen im Pariser Bataclan wurde der Kanadier, der sich lautstark gegen Hass im Netz einsetzt, Opfer von Online-Hetze. Seitdem hat sich sein ganzes Leben verändert.

Veerender Jubbal ist ein in Kanada lebender Sikh. Er schreibt über Computerspiele, ist ein öffentlicher Kritiker der sexistischen Tendenzen in manchen Teilen der Gaming-Community—und er wurde fälschlicherweise nun schon zum dritten Mal als Attentäter eines Terroranschlags beschuldigt.

Der Hoax, der ihn in Sozialen Netzwerken zu einem Terroristen machen soll, basiert auf einem mit einfachen Mitteln gephotoshoppten Bild von Jubbal, auf dem er angeblich eine Sprengstoffweste trägt und einen Koran in der Hand hält. Dieses Bild grassierte bereits im vergangenen Jahr nach den Anschlägen vom 13. November in Paris und setzte den unschuldigen Sikh einer Online-Hetze aus, auf die auch zahlreiche Medien unreflektiert aufsprangen. Im Originalbild hält Jubbal übrigens im blau karierten Freizeithemd ein iPad in die Höhe, mit dem er ein Selfie im Badezimmerspiegel aufnimmt.

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People are wrongly identifying my Sikh friend as being responsible for the #Nice attack. Please help end the rumors. pic.twitter.com/anzl3guO8z
— Simran Jeet Singh (@SikhProf) 15. Juli 2016

Nach dem tragischen Anschlag in Nizza am Donnerstagabend, der 84 Menschen das Leben kostete, geistert das bearbeitete Bild nun wieder durch die sozialen Medien und prangert Jubbal auch dieser schändlichen Tat an. Doch die Aufklärung der üblen Kampagne im letzten Jahr scheint Früchte getragen zu haben, so dass scheinbar keine öffentlichen Medien auf den Hoax hereinfielen, wie es im November noch der Fall gewesen war.

Ob Jubbal aber auch diesmal wieder privaten Hassnachrichten und Morddrohungen ausgesetzt war, nachdem sein Bild online zirkulierte, ist nicht berichtet. Er hat sich schon im Dezember aus dem sozialen Netzwerk verabschiedet, um abzuwarten, bis sich die Dinge abgekühlt haben. Seinen Account behielt er zwar noch, setzte jedoch keine Tweets mehr ab. „Das letzte Mal, dass ich von meinem Account etwas getweetet habe, war im Dezember, und auch wenn ich wirklich wieder [zu Twitter] zurück möchte, weiß ich nicht, ob ich das wirklich tun werde", schrieb Jubbal im Guardian.

„Versteht den Unterschied zwischen einem Sikh und einem Moslem" oder „Lasst uns die Fakten klären: Ich war nie in Paris. Ich bin ein Sikh mit einem Turban. Lebe in Kanada." , schrieb Jubbal schon im November und teilte seine Verzweiflung bei Twitter. Wie VICE News berichtet, tauchte das Bild auch nach den Anschlägen in Brüssel im Netz auf, zieht nun jedoch erstmals wieder größere Kreise.

Trolle nutzen Anschlag von Nizza aus, um Unbeteiligte zu Opfern zu machen

Maßgeblich für die Verbreitung verantwortlich war diesmal wohl der Twitterer @officialsamhyde, der das Bild bereits Donnerstag im unmittelbaren Informationschaos kurz nach dem Anschlag in Umlauf gebracht hatte. Sein Account wurde mittlerweile gesperrt, nachdem zahlreiche Twitter-Nutzer seinen Post gemeldet hatten.

In einem Interview mit VICE News nahm Jubbals Freund Sikram Singh Stellung zu dem Ereignis. Er war auch einer der ersten, der am Donnerstagabend die Fälschung bei Twitter umgehend richtig stellte und das Originalbild als Beweis postete. Er sagte, Jubbal sei eine „wundervolle, herzensgute Person, die sich schon seit langer Zeit gegen Diskriminierung, vor allem von Frauen und Minderheiten, einsetzt." Er fügt hinzu, dass der Sikh aufgrund dieser Arbeiten zum Angriffsziel geworden sei. „Es hat sein Leben vollständig zum Schlechten verändert… es ist eine Schande, dass er zum Ziel solchen Hasses geworden ist."

Jubbal hatte sich nach den Vorfällen Ende Dezember eine Twitterpause auferlegt. Erst vorletzte Woche beendete der Kanadier sein Schweigen und hatte im Guardian darüber geschrieben, wie die viral gewordene Hasskampagne Ende letzten Jahres sein Leben verändert hatte. Nur wenige Tage nach dem Artikel sollte sich die Geschichte in Nizza nun noch einmal wiederholen.