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Rechtspopulismus

Rechte Fraktion im EU-Parlament kassiert Rüge für Champagner-Verbrauch

Und daran sind laut eines Abgeordneten die Franzosen schuld.
Screenshot: Facebook / Europe des Nations et des Libertés

Für eine Institution zu arbeiten, die man selbst abschaffen will, ist nicht immer leicht. Das merken auch die Abgeordneten der rechten Fraktion im Europäischen Parlament. Der ENF (Europa der Nationen und der Freiheit) gehören mehrere Parteien an, wie der französische Front National, die österreichische FPÖ und die italienische Lega Nord, aber auch der ehemalige AfD-Abgeordnete Marcus Pretzell. Die Mission der Fraktion ist es, ein Europa mit offenen Grenzen und einheitlicher Währung zu behindern. Das scheint sie aber offenbar nicht davon abzuhalten, selbst den ein oder anderen Euro einzustreichen, ermittelte jetzt der EU-Haushaltskontrollausschuss. Aus dessen Bericht geht hervor, was sich die Abgeordneten alles auf Kosten der europäischen Steuerzahler gegönnt haben: Mahlzeiten für 400 Euro pro Person, über 100 Weihnachtsgeschenke für Mitarbeiter im Wert von je 100 Euro und rund 230 Flaschen Champagner.

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Insgesamt gab die Fraktion 2016 über 420.000 Euro aus – und das, obwohl nur 41 Fraktionssitzungstage in dem Jahr stattfanden. Man muss kein Mathegenie sein, um auszurechnen, dass einer dieser Sitzungstage somit im Durchschnitt 10.000 Euro gekostet hat. Damit tat die Fraktion genau das, was sie sonst neben “Masseneinwanderung” stark kritisiert: die Steuergelder der EU-Bürger verschwenden. Natürlich bedeutet das nicht gleich, dass pro Sitzung auch sechs Flaschen Schampus getrunken wurden. Die Rekonstruktion der Ausgaben ist allerdings schwierig, für manche fehlen die dazugehörigen Belege. Die Budgetkontrolleure fordern nun die Rückzahlung der Summe.


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Innerhalb der Fraktion wurde schnell ein Sündenbock gefunden: die französischen Abgeordneten vom Front National. So twitterte der ENF-Vizechef Harald Vilimsky aus Österreich: “Ich habe noch nie Champagner getrunken. Wer mich kennt, weiß das. FPÖ hat mit den Vorwürfen nichts nichts [sic!] zu tun, Causa ist rein französisch!”. Auf Anfrage der österreichischen Presseagentur APA antwortete er zudem, dass der Champagner für Franzosen so gebräuchlich sei wie für Österreicher der Grüne Veltliner. In Deutschland wäre das kulinarische Pendant dann wohl das Mettbrötchen. Denn auch die AfD-Fraktion im Bundestag soll laut Bild schon mehrere 10.000 Euro für Catering ausgegeben haben.

Und was wäre das Internet ohne all jene wunderbaren Nutzer, die sich nach einem solchen Tweet auf die Suche nach Gegenbeweisen machen? Sie fanden schnell ein Foto, auf dem der Österreicher mit der Chefin des Front National, Marine Le Pen, beim Patriotischen Frühling 2016 in Wien anstößt. In ihren Händen jeweils ein Glas mit einer verdächtigen goldenen Flüssigkeit.

Während in Österreich der Fall schon als “Champagnergate” kursiert, bleibt es in Deutschland noch relativ ruhig. Ex-AfD-ler Markus Pretzell, der sonst gerne mal ins Schlingern kommt, wenn es um Geld geht, äußerte sich bis jetzt nicht dazu. Vielleicht will er ja auch keine Aufmerksamkeit auf sein Europamandat lenken, das die AfD schon vor seinem Austritt aus der Partei eigentlich jemand anderes geben wollte. Außerdem ist er auch Abgeordneter für den NRW-Landtag und hat somit, wie seine Frau Frauke Petry, ein Doppelmandat inne. Die Diäten und Pauschalen werden hier nur teilweise miteinander verrechnet. An Geld mangelt es dem Paar trotz Parteiaustritt also nicht.

Laut FAZ nehmen die Franzosen den Champagner tatsächlich auf ihre Kappe. Nicolas Bay vom Front National bestätigte, dass seine Delegation den Schampus für Empfänge bestellt hat. 2016 hätte es noch keine Verbote innerhalb der Fraktion für solche Ausgaben gegeben. Offen bleibt noch, wer die Verantwortung für die teuren Mittagessen und Weihnachtsgeschenke trägt.

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