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Ich war für einen DJ-Gig in Mexiko und landete wegen Mordverdachts im Gefängnis

Die einmalige Möglichkeit, bei einem Neujahrs-Gig zu spielen, führte ihn in die mexikanische Ferienstadt Sayulita, wo ein außergewöhnlicher Unfall während eines Handgemenges dazu führte, dass er für einen Mord angeklagt wurde.

Aufgezeichnet von Jemayel Khawaja

Heute vor zwei Jahren war Eddie Rangel einfach ein weiterer aufstrebender Musikproduzent in der Underground-House- und Techno-Szene von Los Angeles. Die einmalige Möglichkeit, bei einem Neujahrs-Gig zu spielen, führte ihn in die mexikanische Ferienstadt Sayulita, wo ein außergewöhnlicher Unfall während eines Handgemenges dazu führte, dass er für einen Mord angeklagt wurde, von dem nicht einmal wusste, dass er ihn begangen hatte. Sein idyllischer Ausflug geriet aus den Fugen und er wurde den Fängen des mexikanischen Gefängnissystems überlassen, wo er es mit Korruption, Zerrissenheit und der komplexen, symbiotischen Beziehung von amerikanischer Partykultur und mexikanischen Drogenkartellen zu tun bekam. Hier ist die ganze Geschichte, wie Eddie sie mir erzählt hat.

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2013 war ich 25, lebte in L.A. und versuchte mir als Produzent und DJ unter dem Pseudonym IZM einen Namen zu machen. Die Szene bestand zu der Zeit aus Kids in Lagerhallen, war stark vom Burning Man beeinflusst, nur ein wenig düsterer, und es gab viel weißes Pulver. Ich hatte ein gutes Jahr. Ich habe beim EDC auf den Wagen gespielt und konnte regelmäßig in Clubs spielen, habe jedoch kein Geld verdient.

Zu allem Übel ließ meine Mitbewohnerin mich auf der Miete sitzen. Sie machte eine merkwürdige Midlifecrisis durch und verschwand einfach nach Mexiko, sodass ich für die ganze Lagerhalle bezahlen musste, in der wir lebten. Ich hatte keine Ersparnisse, also haben wir das Ding letztendlich einfach besetzt. An Heiligabend wurden wir rausgeworfen.

Eddie Rangel, Künstlername IZM. Foto mit Genehmigung des Künstlers.

Als ich bei Facebook versuchte, meine verschollene Mitbewohnerin ausfindig zu machen und ihr von der Mietsituation zu berichten, war sie total aufgeregt wegen irgendetwas. Anscheinend hatte sie sich mit dem Eigentümer eines neuen Clubs in Sayulita angefreundet, der Stadt in Mexiko, in die sie geflohen war. Sie hatte ihm ein wenig von meiner Musik vorgespielt und diese gefiel ihm wirklich sehr. Der Headliner, den er für die Silvesterparty gebucht hatte, hatte abgesagt, also fragte er, ob ich Interesse daran hätte zu spielen. Natürlich hatte ich das.

Ich hatte noch nicht einmal einen Pass. Ich war nie wirklich außerhalb des Landes. Der Typ, dem der Club gehört—Carlos—sagte, er würde mir 2.000 Dollar zahlen und ich könne in einer Wohnung bleiben, die zum Club gehört. Er wollte jedoch, dass ich einen Umweg über San Francisco mache, um dort Bargeld, DJ-Equipment und ein paar Umschläge abzuholen, bevor ich nach Mexiko fliege. Ich hatte so ein Gefühl, dass etwas krumm ist, aber wenn du lange genug in L.A. in Clubs oder im Underground gearbeitet hast, dann weißt du, dass jeder ein wenig zwielichtig ist. Ich dachte nicht, dass ich irgendetwas zu verlieren hätte.

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Ein paar Tage später saß ich im Flugzeug nach Mexiko in Richtung Sayulita. Ich hatte nicht wirklich viele Informationen—nur den Namen eines Restaurants, das „Choco Banana“ hieß, wo ich diesen Carlos treffen sollte.

Promobilder des Zen Garden.

Nach dem Flug und einer eineinhalbstündigen Taxifahrt durch den Dschungel stand ich auf diesem Marktplatz. Ich trug Skinny Jeans und eine Lederjacke mit einem rausgewachsenen, schiefen Irokesenschnitt und gepiercten Ohren. Ich fiel auf wie ein bunter Vogel. Nach einer Weile kam dieser sehr weiße, unauffällige Typ auf mich zu und stellte sich als Carlos vor. Er war nicht das, was ich erwartet hatte. Ich dachte eher, er wäre sowas wie Chapo Guzman oder so.

Carlos brachte mich zum Club. Er hieß The Zen Garden und war voller Yogi-Vibes. Dort stellte er mich allen möglichen weißen Leuten mit mexikanischen Namen vor. Die nächsten Tage wurden von Durchfall und einer Diät aus Valium und Disaronno bestimmt. Dann kam Silvester und wir nahmen alle Unmengen Ecstasy. Ich spielte sechs Stunden am Stück. Der Laden war voll. Es war eines der besten Sets, das ich je gespielt habe. Ich dachte: „Jawoll. Das ist der Lifestyle, den ich immer wollte.“

Die Crew und ich verbrachten die ersten Tage des neuen Jahres nur damit, auf einem Balkon rumzuhängen, der zum Apartment des Clubs gehörte. An einem Tag hingen fünf von uns (Eddie, Carlos, Benny, Ashley, Adashi) etwas entrückt rum, als ein örtlicher Alki reinstolperte, völlig aggressiv und eine Party erwartete. Die Crew schrie ihn an, dass er abhauen solle und aus Trotz oder einfach aus Dummheit stahl er auf dem Weg nach draußen Dekoration von der Wand. Carlos verfolgte den Alki bis auf die Straße und sie standen sich in Angriffsstellung gegenüber. Es stellte sich heraus, dass Carlos eine Martial-Arts-Form namens San Soo beherrschte und mit einer einzigen abgefahrenen Bewegung trat er ihm in die Eier und haute ihm auf die Nase. Ich schätze Carlos fühlte sich schuldig, also gab er ihm etwas Eis für seine Verletzung. Dann haute der Typ ab.

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Das Nächste, was ich hörte, war dieses Quietschen von unten und der Klang von jemandem, der auf Spenglisch herumschrie. Da stand das schönste Auto, was ich in Mexiko gesehen hatte—ein brandneuer Camaro. Der betrunkene Typ war zurück und hatte jemanden mitgebracht, der aussah wir ein niederer Drogenkartell-Boss sowie seine Mannschaft. Sie schrieen uns Sachen zu und wir versuchten einfach, sie zu ignorieren, bis der Camaro-Boss einen Eiswürfel, den Carlos seinem Freund gegeben hatte, in unsere Richtung schmiss. Er traf unsere Freundin Ashley; sie bewarf ihn mit dem Glas, das sie in der Hand hielt und es traf ihn im Gesicht, genau über der Augenbraue. Selbst mit meinem gebrochenen Spanisch verstand ich, was der Boss dann sagte: „Dame la pistola.“

Ein Screenshot des Überwachungsvideos.

Ich duckte mich, weil ich Schüsse erwartete, stattdessen rauschten der Typ und sein Kumpel in den Club und die Treppen hoch zu unserem Apartment, wo wir waren. Ich konnte auf dem Überwachungsvideo sehen, wie sie hochkamen. Es war wie im Film. Du sahst wie der Typ die Tür zum Apartment eintrat, die nachgab. Er kam durch. Carlos und seine rechte Hand brachten den Typen runter und wir jagten die anderen die Treppen hinunter. Ich habe zwei Jahre lang Muay Thai gemacht, aber ich wusste nicht wirklich, was ich tat—es war alles Adrenalin und motorisches Gedächtnis. Ich nahm ihn in den Schwitzkasten und der Typ hörte auf, sich zu bewegen und schlief ein. Ich hatte dies bereits zuvor gemacht, aber nie in so einer ernsten Situation, nur im Training. Als ich den Typen zurückließ, atmete er noch.

Carlos fesselte den Typen mit einem Stromkabel und einer pinken Hundeleine und ich lief unserem Freund Adashi hinterher, der ein fliehendes Mitglied der Gang verfolgte. Voller Adrenalin fing ich an, die Straßen von Sayulita runterzurennen, voller Blutspritzer und wie ein Verrückter aussehend. Ich weiß nicht einmal, warum ich rannte. Es war eine Art Tunnelblick. Wenn ich richtig darüber nachdenke, war eine Hälfte von mir einfach aufgeregt, dass etwas Interessantes passierte. Das war ein Gedanke, der mir half, bis es nicht mehr witzig war.

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Als ich zurück beim Club war, ging ich die Treppe hoch und sah, dass der Typ nur noch an die Decke starrte. Carlos stand bloß da und mampfte lässig einen Müsliriegel und Ashley stammelte etwas unter Schock. Ich blieb wie angewurzelt stehen. Ich musste mich über den Typen stellen und ihn ansehen, um zu realisieren, dass er verdammt nochmal tot war. Ich erfuhr später, dass die Autopsie eine Kombination aus stumpfer Gewalteinwirkung auf den Kopf, Anzeichen von Erstickung und einem Herzanfall als Todesursache zeigte, aber ich hatte damals wie heute keine Ahnung, wie er starb.

Mein Kopf raste. Mein erster Instinkt war, das Blut abzuwaschen, dann griff ich meinen Laptop und nahm ein kurzes Video der Szenerie auf, um es Freunden zu senden und ihnen zu sagen, was los ist, falls die Dinge sich verschlimmern. Sie verschlimmerten sich tatsächlich. Kurz nachdem ich auf Senden gedrückt hatte, hörte ich all diese LKWs, die draußen hielten. Es war die Polizei des Staates Nayarit.

Sie stürmten das Gebäude wie Sturmtruppler. Und diese Typen sind keine normalen Polizisten, sie sind so etwas wie das SEK. Die Einwohner Nayaritas nennen sie Schwarzmasken. Sie reihten uns alle fünf draußen auf und stießen uns mit Gewehrkolben. Typen in Sturmhauben mit klapprigen, gebrauchten M16-Gewehren ketteten uns mit Handschellen aneinander und steckten uns in diesen zerschlissenen weißen Ford F150, der voller Einschusslöcher war. Es fühlte sich nicht an, als würden wir verhaftet, es fühlte sich an, als würden wir entführt.

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Propaganda-Video der Polizei des Staates Nayarit.

Wir fuhren los und rasten über die ungteerten Dschungelstraßen, während die Gewehre auf uns zeigten. Ich erinnere mich daran, dass es an diesem Abend dichten Nebel gab. Es war bitterkalt und Benny, der während der gesamten Auseinandersetzung im Apartment geschlafen hatte, fing an nervös zu lachen, als würde er die Nerven verlieren.

Wir wurden an einen Ort gebracht, der aussah wie eine Basis der Air Force und sich in Tepic befand (ungefähr 130 Kilometer von Sayulita entfernt). Es öffnete sich ein großes Tor und überall waren gepanzerte Wagen, Helikopter und Schwarzmasken. Den Ort, an den sie uns dann brachten, kann ich nur als Kerker bezeichnen. Du gingst hinein und sofort kam dir der intensive Gestank der menschlichen Existenz entgegen, Exkremente in den offenen Latrinen. Es war vollständig dunkel, du konntest trotzdem fühlen, wie die Augen dich anstarrten.

Der Boden und die Wände waren allesamt in dieser tiefen, blutroten Farbe gestrichen. Ich weiß mittlerweile, dass dies nur dazu dient, das ganze Blut der Leute, die sie dort einsperren, zu überdecken. Es fiel überhaupt kein Licht hinein und du konntest nur herausfinden, dass es Nacht war, weil es wirklich kalt wurde. Zwei oder drei Mal am Tag wurde von einem Kind mit einem Eimer Wasser gebracht und alle tranken aus demselben Becher. Sie sperrten uns alle in unterschiedliche aber gleichsam überfüllte Zellen. Wir waren drei oder vier Tage lang dort. Ich sprach kein Wort Spanisch und war von Fremden umgeben. Sie holten uns nur für einige Befragungsrunden in gebrochenem Spenglisch aus der Dunkelheit hervor.

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Am fünften Tag wurden uns die Anschuldigungen gegen uns mitgeteilt: „homicidio calificado“ (schwerer Mord). Darauf steht eine Gefängnisstrafe von bis zu 45 Jahren. Sie versuchten zu sagen, dass wir den Typen in den Club gelockt und zu Tode geprügelt haben.

Carlos, Adashi, Ashley, Eddie und Benny, flankiert von Schwarzmasken. Dieses Material wurde im Fernsehen gesendet.

Mitten in der fünften Nach haben uns die Schwarzmasken in einen LKW geladen uns an das Venuztiano Carranza ausgeliefert, ein Gefängnis in Tepic. Es war lediglich für 500 Insassen ausgelegt, jedoch waren tausende Gefangene dort eingepfercht. Nach ungefähr einer Woche und einer Bestechung/Zahlung/was auch immer von 40.000 Dollar, wurden Ashley, Benny und Adashi aus „Mangel an Beweisen" frei gelassen, Carlos und ich mussten jedoch weiter in diesem Schwebezustand verbleiben. Wir wussten nicht wann oder ob wir überhaupt rauskommen, aber ich musste versuchen, mich an die Situation zu gewöhnen, egal wie schlimm sie war.

Unser Bereich war nicht einmal eine Zelle oder ein Raum; es war ein Bereich im Freien, den sie mit einer Plane abgedeckt hatten und in dem wir einen Monat verbrachten. Sobald wir reinkamen, waren alle Augen auf uns gerichtet. Sie hatten uns in den Spätnachrichten gesehen, ein paar Gringos, die des Mordes beschuldigt wurden. Ich bin sicher, dass wir aussahen wie eine schlechte Zirkusnummer. Der gesamte Ort war wie eine große Zelle für den Drogenkrieg. Er wird (inoffiziell) von der Mafia betrieben, aber da sich die Mafia ebenfalls dort drin aufhalten muss, müssen sie es sich etwas komfortabel machen. Von Anfang an war allen bewusst, dass wir nicht dazugehören, aber auch, dass wir wegen Mordes saßen. Sie sind uns letztendlich mit diesem argwöhnischen Respekt begegnet.

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Trotz Überfüllung und beschissenen Zuständen fand ich gewisse Aspekte am mexikanischen Gefängnis komfortabler, als ich sie erwartet hätte—definitiv komfortabler als im Bezirksgefängnis von L.A., in dem ich mal ein paar Nächte verbringen musste. Eine Erfahrung, die näher an einem Sommercamp war, als alles, was ich zuvor erlebt hatte. Es ist verdreht, aber es stimmt. So unbequem es auch war, auf Beton zu schlafen und um sechs Uhr morgen aufzustehen, um sich in einer Reihe zur Zählung und zum Putzen aufzustellen, es bot eine Art Struktur und verlieh meinem Tag einen Rahmen.

Das Gefängnis selbst war eher eine Art Stadt zwischen Mauern als das, was man sich unter einem Gefängnis vorstellt. Der Bereich außerhalb der Zellblöcke wird pueblo genannt, ein Hüttendorf, in dem die Insassen frische Waren aus Buden verkaufen. Es hat seine eigene Wirtschaft. Du kannst beinahe alles kaufen—Kokosnüsse, die frisch mit einer Machete geschnitten werden, Bootlegs von amerikanischen DVDs. Es gab sogar eine funktionierende Crackhöhle, alles unter den wachsamen Augen der Männer in Schwarz, die wir alle Los Talibanes nannten, den Söldnern des Beltran-Kartells, die das Ganze von oben aus den Türmen bewachten. Der Ort war eine Art Mischung aus dem Basar auf Tatooine bei Star Wars und dem schlechtesten Burning-Man-Themencamp überhaupt.

Aufnahmen aus dem Venuztiano-Carranza-Gefängnis.

Das Gefängnis ist ein gemischtes Gefängnis. Eine der Hauptbeschäftigungen ist Prostitution—deshalb ist die Vergewaltigungskultur nicht so ausgeprägt wie in den Staaten. Es gibt Räume, die hotels genannt werden, für eheliche Besuche. Es sind Isolationszellen, die sie in Räume umgewandelt haben, für die Leute bezahlen, damit sie mit Gästen oder Gefängnis-Prostituierten dort verkehren können, die jeden Tag vorbei kommen. Die Insassen produzieren sogar ihren eigenen Alkohol. Er nennt sich turbocena und wird aus Limetten hergestellt. Eine schlechte Charge kann dich angeblich erblinden lassen. Aus den Zellen der Narco-Bosse hörst du den unaufhörlichen Lärm von Narco-Corrido-Banda-Musik. Mariachi ist die Folk-Musik der Mexikaner, Narco-Corrido-Banda ist jedoch dessen uneheliche Stiefkind mit einem Kokainproblem. Es ist Gangsterrap mit Akkordeon, der Soundtrack zum Narco-Lifestyle.

Ich fing an, viel zu zeichnen und östliche Philosophiebücher zu lesen wie Shambala: The Sacred Path of the Warrior. Ich bekam sogar ein spanisches Arbeitsbuch in die Hände und wurde ein engagierter Schüler der Sprache. In unserem zweiten Monat dort bot ein Typ namens „Der Ingenieur“ Carlos einen Job als Englischlehrer an und ich wurde zum Assistenten. Ich lernte Spanisch, indem ich Englisch unterrichtete. Es war cool! Das wurde etwas, auf das wir uns konzentrieren konnten. Wir entwarfen Lehrpläne. Es war so eine bereichernde Erfahrung. Ich erinnere mich daran, dass ich den Schülern erklärte, wie sie in den USA mit Polizisten sprechen sollen, ohne dass es verfänglich ist. Das war für alle witzig.

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Manchmal fühlte ich mich mit allem in Frieden. Dann hasste ich es wieder, an die Welt da draußen zu denken, an Frauen, was ich mit meinem Leben machen werde. Es fühlte sich an, als wäre es nutzlos, als würde ich es nie nach draußen schaffen und ich machte einfach irgendwas, um klarzukommen. Sie hatten mich auf einer Mischung aus Mood Stabilizern und SSRIs, doch in sehr unregelmäßigen Abständen und Dosen. Ich wette, dass sie sie mir einfach das gaben, was gerade so da war. Ich wurde total manisch depressiv und das gewann die Oberhand über mich.

Eine Übung aus einer Englischstunde, die Eddie gab (L), und eine Seite aus seinem Tagebuch (R).

Eines nachts, etwa vier Monate nach meiner Inhaftierung, zeigte die Katastrophe in einer abgefuckten Orgie von Hedonismus und schwarzer Magie, die mir beinahe den Tod brachte, ihr wahres Gesicht.

Wir hatten bereits zuvor in den hotels Party gemacht; es war eine Art Ritual. Wir hatten jedoch noch nie mit den schweren Jungs, den Bossen, Party gemacht. Ashley, die mit uns zusammen verhaftet wurde, war wegen eines „ehelichen" Besuchs zu Gast. Carlos hatte irgendwie ein Fläschchen flüssiges Clonazepam reingeschmuggelt, das mit ein paar Flaschen Schwarzgebranntem runterspülten—vollkommen bewusst, wie gefährlich diese Kombination war, aber schon über den Punkt hinaus, dass uns das etwas ausmachte. Die Dinge liefen schnell merkwürdig aus dem Ruder.

Die Nacht wurde bald zu einem seltsamen, von Sex befeuerten Ritual, das Santa Muerte gewidmet war, der im Prinzip der Gott des Todes der Narcos ist. Einer der Typen hatte einen ganzen Schrein in seinem Zimmer, der ihm gewidmet war. Die ganze Sache fühlte sich unglaublich düster für mich an und ich hatte diese Art unangebrachten Zwang, Ashley zu beschützen, und wurde etwas zu forsch gegenüber den schweren Jungs. Carlos bekam dies mit und schmiss mich aus dem Raum, aber es war zu spät. Ich war zu der Entscheidung gekommen, dass dort abgedrehtes Zeug vonstatten ging, über das ich keine Kontrolle hatte, und wurde ohnmächtig.

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Als ich wieder zu Sinnen kam, befand ich mich auf der Gefängnismauer, auch wenn ich absolut keine Ahnung hatte, wie ich mich durch die Gitterstäbe gezwängt und es geschafft hatte, mich durch das Wirrwarr aus Maschen- und Stacheldraht zu navigieren, obwohl ich betrunken und weggetreten war. Einen Moment lang sah ich, wie einfach ich hätte ausbrechen können, aber mir wurde klar, dass ich zu tief drin war und sprang zurück ins Gefängnis.

Natürlich erwischten mich die Los Talibanes. Sie schlugen mich, befragten mich und schlugen mich noch mehr. Sie versuchten, meinen Kopf zurück durch die Gitterstäbe zu pressen, um herauszufinden, wie ich es da durch geschafft hatte, aber bis heute habe ich keine Ahnung, wie ich das hatte. Sie ketteten mich an eine Mauer und schlugen auf mich ein. Irgendwann gingen sie weg. Einer von ihnen fühlte sich schlecht, schätze ich, und er warf mir ein paar Zigaretten hin. Am Morgen nahmen sie mich mit zurück in meinen Bereich. Anscheinend ist es in Mexiko kein Verbrechen, aus dem Gefängnis auszubrechen, aber sie machen dich aus Prinzip fertig.

Zeichnungen von Eddie aus seiner Zeit im Gefängnis.

Schlimmer wurde es nicht mehr. Danach fingen Carlos und ich mit täglichen Sitzungen (der meditativen Praxis) Qigong und (der Kampfkunst) San Soo an. Es war sehr Karate-Kid-mäßig, aber es half mir dabei, es von einem Tag zum nächsten zu schaffen und ich hielt mich einfach zurück. Etwa zu dieser Zeit merkten wir, dass etwas Bewegung in unseren Fall kam. Uns wurde einige Male gesagt, dass wir in verschiedene Phasen des Prozesses kommen, aber es war sehr esoterisch und ich hatte keine Ahnung wie dieser Prozess ablief. Im Prinzip haben sie sich das einfach aus den Fingern gesogen.

Und dann, mit einem Mal, beinahe sieben Monate nachdem wir ins Venuztiano Caranza kamen, passierte es. Wir kam frei. Carlos meinte, er hatte so ein Gefühl, aufgrund der Dinge die unser Anwalt sagte und weil Carlos' mysteriöse Freunde aufgehört hatten, Vorräte zu schicken. Wir konnten erkennen, dass die anderen Insassen wussten, dass wir rauskommen, weil sie alle anfingen uns Abzocke mit Anwälten anzubieten wie: „Gib uns 1000 Dollar und wir bekommen dich raus.“ Es gab keinen Prozess, keinen wirklich festgelegten Plan; alles hing von der Fähigkeit unseres Anwalts ab, dem Richter Honig ums Maul zu schmieren, um ein vernünftiges Bestechungsgeld auszuhandeln. Carlos musste dem Kartell am Ende noch einige Gefallen tun. Er besorgte das Geld. Es kostete 320.000 Dollar.

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Als ich klein war, habe ich Käfer und Eidechsen gefangen. Wenn ich sie freiließ, standen sie manchmal für eine Minute lang da, irgendwie betäubt, weil sie nicht wussten, was sie tun sollen. Genau so fühlte ich mich, nachdem ich freigelassen wurde. Ich war fertig, ich hatte Angst und ich hatte keine Ahnung, wo wir hinfuhren, aber ich war nicht bereit, nach Hause zu gehen. Ich hatte eine Art Stockholm-Syndrom oder so. Ich verbrachte ein wenig Zeit in einem kleinen Dorf namens Yelapa, letztendlich starteten Freunde aber eine Gofundme-Kampagne, um mich zurück über die Grenze zu holen, was für mich wirklich den Schluss bedeutete und mich nach Hause brachte.

Carlos fuhr mich mit meinen Sachen zum Flughafen. Ich stieg in ein Flugzeug und landete in San Diego. Es gab kein wirkliches Gefühl eines Übergangs; es gab keinen Abschluss. Ich fühlte mich nicht richtig, bis ich vier Tage später im Zug saß und ohne Geld zurück nach L.A. fuhr, von wo ich aufgebrochen war. Es war wie: „Alles klar, du bist wieder da. Bezahl miete! Bekomm dein Zeug auf die Reihe!“

Eddies neueste Arbeit als IZM.

Zurück in L.A. fühlte ich mich so anders als bevor ich nach Mexiko ging, aber ich nahm meine alte Rolle ein. All meine früheren Beschäftigungen erschienen so leer und narzisstisch und egoistisch. Ich fühlte mich, als hätte ich so viel gesehen und wäre innerlich so weit gereist. Ich empfand die Drogenkultur als widersprüchlich. In den Staaten dreht sich elektronische Musikkultur—die Kultur zu der ich so vehement versucht hatte dazuzugehören—so sehr um Drogen. Das ist in Ordnung, aber alle reden darüber, dass sie gegen Gentechnik sind, alles Bio und aus Freilandhaltung sein muss, aber trotzdem ziehen sie eine Line Koks vom Klodeckel. Das ist eine kognitive Dissonanz, in der ich nicht existieren kann. Wir konsumieren Drogen und wir haben keinen verdammten Schimmer von den Auswirkungen. Ich habe gesehen, wofür du mit Geld für Drogen bezahlst. Wir halten mit jeder Line oder jedem Schuss unbeabsichtigt Korruption, Elend und Gewalt am Leben.

Es ist beinahe zwei Jahre her, seit wir alle festgenommen wurden, und selbst jetzt finde ich es noch schwer, die ganze Sache einzuordnen. Ich befinde mich seither in einem merkwürdig einsiedlerischen Zustand. Ich versuche, einige Sachen herauszufinden, aber das werde ich nicht schaffen, bis ich meine Erfahrung kontextualisieren kann und sie zu etwas machen kann, das positiv ist; etwas, aus dem Leute vielleicht etwas ziehen können. Ich habe das Gefühl, als hätte ich eine Verpflichtung, etwas aus mir zu machen, damit die Erfahrung, die ich gemacht habe, nicht definiert, wer ich bin. Ich denke, die größte Sache ist, dass ich dort so viel Leid gesehen habe, wodurch ich viel emphatischer geworden bin und den Drang habe, etwas tun zu wollen.

Nach dieser Erfahrung haben sich meine Ziele verschoben, aber sie haben sich nicht verändert. Ich kann nicht nicht Musik machen. Es muss raus—es ist nur eine Frage wie. Was ich wirklich gern machen würde, ist, Musiker in Konfliktregionen zu finden, sie ihre persönlichen Geschichten erzählen zu lassen und Musik mit ihnen aufzunehmen. Und ich würde ihre Arbeit, ihre Grundlage und ihre Geschichte gern für alle zugänglich machen, damit Leute darauf aufbauen können. Abgesehen davon habe ich als IZM an Musik gearbeitet, mit der ich mich gut fühle, und plane, wieder zu spielen. Ich mache einfach einen Schritt nach dem anderen.

IZM findet ihr bei Facebook und Soundcloud.

Dieser Artikel ist zuerst auf THUMP erschienen.

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