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Griechische Nazi-Partei umwirbt die Mächtigen und tötet die Schwachen

Die rechtsextreme Partei Goldene Morgenröte ist in Griechenland mit 18 Abgeordneten im 300 Sitze zählenden Parlament vertreten und hetzt öffentlich gegen Ausländer, Linke und Homosexuelle—diese Woche hat ein Anhänger den linken Rapper Pavlos Fyssas...

Pavlos Fyssas, alias MC Killah P.

Der Rapper Pavlos Fyssas, ein alter Antifaschist und linker Rapper, wurde Anfang der Woche von einer Schlägertruppe der Goldenen Morgenröte umzingelt und erstochen. Das 34-jährige Opfer mit dem Künstlernamen MC Killah P. hatte sich ein Fußballspiel mit seiner Freundin angesehen. Griechische Medien berichten, dass sich der Mord nach Zusammenstößen zwischen Faschisten und Antifaschisten ereignete, aber Augenzeugen behaupten, dass es keine größere Rangelei gegeben habe. Eine Zeugin behauptet, dass Fyssas erst von den Faschisten umzingelt wurde, dann ein Typ im Auto vorfuhr und ihn gezielt angriff—ein Detail, das auf vorsätzlichen Mord hindeutet. Fyssas wurde zweimal ins Herz gestochen und einmal in den Magen. Er starb später im Krankenhaus. Der mutmaßliche Mörder, Giorgos Roupakias, wurde wenig später festgenommen und gestand sowohl den Mord als auch die politische Motivation für den Angriff. Die Zeugin berichtete auch, dass die Polizisten, die in der Nähe waren, nichts unternahmen, um dem Opfer zu helfen—nach Angaben der griechischen linken Organisation Left.gr rechtfertigte sich die Polizei damit, dass die Polizisten nichts hätten tun können, da die Angreifer in der Überzahl waren. Der Täter wurde dann aber doch von einem Beamten festgenommen und sein Auto wurde konfisziert. 200 Antifaschisten versammelten sich später am Tatort und forderten Protestmärsche in ganz Griechenland. Die Goldene Morgenröte behauptet, dass Roupakias kein Mitglied der Organisation sei und bedroht jeden, der sie in Zusammenhang mit dem Mord bringen will. Aus Polizeikreisen heißt es jedoch, dass das Parteibuch Roupakias‘ vor seinem Haus in einer Mülltonne gefunden wurde. Nach Angaben von mehreren Quellen wird er in Zusammenhang mit dem ,Piräus-Arm' der Partei in Verbindung gebracht. Der Mord war ein extremer Fall, aber nicht untypisch für die Goldenen Morgenröte, die mit 18 Sitzen im griechischen Parlament vertreten ist. Das Wiederaufleben dieser Attacken lässt vermuten, dass es sich um eine gezielte Strategie handelt, um Spannungen zwischen den rechtsextremen Parteien und ihren politischen Gegnern zu schüren. Am späten Donnerstagabend wurden 30 Mitglieder der kommunistischen Partei (KKE) angegriffen, als sie Plakate aufhängen wollten. 50 Maskierte Mitglieder der Goldenen Morgenröte—mit eindeutigen Insignien—griffen sie mit Eisenstangen und mit Nägeln durchbohrten Brettern an. Neun KKE-Mitglieder wurden ins Krankenhaus eingeliefert. Als ich mit dem Vorsitzenden der Metallarbeitergewerkschaft sprach, der ebenfalls unter den Opfern war, erklärte er mir: „Als sie uns angriffen, haben sie geschrien: ,Der Hafen gehört uns!‘ Sie waren gut ausgerüstet und gut vorbereitet für den Angriff, es war keine zufällige Attacke. Die beiden Anführer des Schlägertrupps gaben sich sogar offen zu erkennen.“

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Der Tatort. Foto via.

Der Angriff fand kurz nach einer Rede von zwei Abgeordneten der Goldenen Morgenröte statt. Einer der Redner, Yiannis Lagos, sagte zu seinen Anhängern:„Ihr entscheidet, wie ihr vorgehen wollt, und wir unterstützen euch.“ Letztes Jahr hielt er eine ähnliche Rede, woraufhin ägyptische Fischer angegriffen wurden. In beiden Fällen wurde keine Anklage wegen Aufhetzung erhoben und es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Goldene Morgenröte nach Fyssas‘ Mord belangt wird. Obwohl die Goldene Morgenröte immer gewaltsamer zu werden scheint, hat sie gleichzeitig auch begonnen, mehr Seriosität zu erlangen, indem sie die Partei ,Neue Demokratie' umwirbt—eine große Mitte-Rechts-Partei, die im Moment an der Regierung ist. Die Neue Demokratie äußerte sich nicht zu dem Angriff in griechischen Medien, verurteilte den Angriff aber ausgerechnet im Spiegel. Letzte Woche fragte ein bekannter griechischer Journalist, warum es nicht in Ordnung sei, dass eine konservative Koalition Unterstützung von der Goldenen Morgenröte bekäme, wenn die linke Partei SYRIZA sich mit der KKE zusammentut. So wie auch in Norwegen. Mehrere Abgeordnete haben auf die Möglichkeit hingewiesen, dass sich die Mitte-Rechts-Partei mit der Nazitruppe mehr anfreunden würden, würden die sich ein wenig „zusammenreißen“. Obwohl die Goldene Morgenröte mit ihrem gewalttätigen Vorgehen versucht, sich am politischen Prozess zu beteiligen—indem sie linke Aktivisten wegen Verleumdung vor Gericht bringt—, scheint ihre Idee davon, sich „zusammenreißen“, nicht zu beinhalten, dass man keine politischen Gegner umbringt. Der Bruder vom Anführer der Goldenen Morgenröte—Nikos Mihalioiakas—soll gezielt Juristen, Geschäftsleute und Akademiker anwerben—wahrscheinlich Leute, die die griechische Junta zu gerne mochten, und genauso die Generäle, die 1967 die griechische Regierung stürzten. Doch durch den Mord an Fyssas wird das doppelte Spiel der Goldenen Morgenröte eindeutig enttarnt. Sie versucht, seriöse Politiker zu umgarnen, und begeht gleichzeitig politische Morde. Der Innenminister Nikos Denidas hat angedeutet, Gesetzte gegen kriminelle Organisationen zu ändern, und damit auf ein Verbotsverfahren von rechtsextreme Parteien angespielt. So eine Änderung könnte allerdings auch Konsequenzen für linksextreme Parteien haben, was dazu führen könnte, dass die Goldene Morgenröte ihre politischen Gegner mit in das Verbotsverfahren zieht und die griechische Demokratie beschädigt. Die Goldene Morgenröte scheint am Ende doch zu bekommen, was sie will.

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