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Monatsbudget

Eine junge Maurerin zeigt, wofür sie ihr Geld ausgibt

Die 22-jährige Joanna verdient 5.000 Franken pro Monat. Am meisten davon gibt sie für ihr Auto und den Ausgang aus.
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In unserer Serie "Monatsbudget" zeigen Menschen aus den verschiedensten Schichten und Lebensrealitäten der Schweiz, wofür sie ihr monatliches Einkommen ausgeben.

Wenn es leicht zu nieseln beginnt, verziehen sich die meisten ins Trockene. Ich laufe in Aesch BL durch den Matsch, auf eine Baustelle, auf der ich mich mit Joanna verabredet habe, die ihre Privatsphäre schützen möchte und deshalb hier anders heisst. Die Wände des Einfamilienhauses, das sich noch im Rohbau befindet, zeigen sich in Ziegelsteinrot.

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Die 22-jährige Joanna begrüsst mich herzlich und macht einen sehr ausgeglichenen Eindruck, als sie mich über das Gelände führt. Für den eher Frauen-untypischen Beruf der Maurerin hat sie sich entschieden, weil sie gerne fixe Arbeitszeiten hat und nicht den ganzen Tag im Bürostuhl sitzen möchte. Seit 2015 ist Joanna ausgelernt und arbeitet bei einer grösseren Basler Baufirma. So geht sie bei wärmendem Sonnenschein und bei matschigem Nieselregen jeden Tag auf die Baustelle, gräbt Löcher, rührt Mörtel an und zieht Wände hoch.

VICE: Wie viel Geld verdienst du?
Joanna: Ich arbeite 100 Prozent und verdiene dafür etwas mehr als 5.000 Franken im Monat.

Findest du den Lohn für deinen Job gerecht?
Es ist gutes Geld, ich kann damit leben. Dafür aber, dass man sich in meinem Beruf den Körper sehr schnell kaputt macht, ist es im Vergleich zu einem Lohn auf der Bank vielleicht nicht so gerecht.

Beneidest du reiche Leute?
Beneiden nicht. Ich denke nicht, dass Geld glücklich macht. Reiche Leute haben sicher andere Probleme, wie zum Beispiel falsche Freunde, oder dass sie sich selbst verändern durch das viele Geld. Ausserdem kann man sich auch Gesundheit mit keinem Geld der Welt kaufen.

Hast du den gleichen Lohn wie die Männer in deinem Beruf?
Bei uns im Betrieb verdienen Frauen und Männer gleich viel Geld für die gleiche Arbeit.

Wie wohnst du und was gibst du für die Wohnung aus?
Ich wohne mit meinem Freund in einer 3.5-Zimmer-Wohnung im Kanton Baselland. Wir teilen uns die Kosten 50/50 – bei 1.300 Franken inklusive Nebenkosten im Monat sind das also 650 Franken pro Person.

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Was ist das Unnötigste, wofür du Geld ausgegeben hast?
Ich habe ein paar Kleider und Schuhe gekauft, die ich nie anziehe. Und einen Laptop für 300 Franken, den ich heute nur benutze, um Fotos zu speichern.

Was ist das Teuerste, das du dir jemals geleistet hast?
Das müsste mein Auto sein. Für das habe ich damals knapp 15.000 Franken bezahlt. Einen Kauf, den ich aber nicht bereue, da ich mein Auto täglich für die Arbeit brauche.

Was würdest du dir gerne leisten, kannst es aber nicht?
Vieles! Am liebsten würde ich mir eine Weltreise leisten können. Eine grössere Wohnung oder ein schöneres Auto wären auch nicht schlecht, einen Camaro zum Beispiel. Der kostet aber auch viel im Unterhalt und nicht nur beim Kauf. Oft kann ich mir Dinge aufgrund von fehlender Zeit nicht leisten. Zeit ist ja auch ein sehr wertvolles Gut.

Hast du Schulden oder schuldet dir jemand Geld?
Schulden habe ich selbst zum Glück keine. Ein paar Kollegen schulden mir noch etwa 700 Franken. Ich habe ihnen mal in einer schwierigen Lebenslage finanziell ausgeholfen. Dem Geld muss ich aber nicht hinterherrennen. Sie bezahlen mir immer wieder einen Teil davon zurück oder kaufen gleich beide Konzertkarten, wenn wir ausgehen.

Wofür gibst du ungern Geld aus?
Für Handyrechnungen und -reparaturen. Mein Handy geht regelmässig kaputt auf der Baustelle und ich muss es oft in teure Reparaturen bringen. Meistens erwischt es den Bildschirm. Auch für Strafzettel gebe ich sehr ungern Geld aus. Das ist wohl das Unnötigste, aber es passiert halt leider ab und zu.

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Wo versuchst du Geld zu sparen?
Wenn bei mir Zuhause irgendetwas ansteht! Wenn eine Wand gestrichen werden muss oder der Abfluss verstopft ist, versuche ich das immer selbst zu machen anstatt einen Handwerker zu holen. Ich habe auch viele Freunde, die handwerkliche Berufe ausüben. Die frage ich dann, ob sie mir helfen können, wenn ich selber nicht mehr weiterkomme. Bevor ich in die Autowerkstatt gehe und teure Rechnungen bekomme, zeige ich mein Auto immer erst meinem Vater. Er hat Automechaniker gelernt und kann mir oft kleine Dinge reparieren.

Was ist das Wertvollste, das du je verloren hast?
Mein Handy! Das habe ich leider schon mehrere Male verloren. Einmal konnte ich es nach der Arbeit orten und musste feststellen, dass ich es irgendwo auf der Baustelle verloren habe. Ich machte mich also mit Schaufel und Taschenlampe ausgerüstet, bei Dunkelheit und strömendem Regen auf die Suche. Leider konnte ich es auch nach langem Graben und Wühlen im Schlamm nicht mehr wiederfinden.

Welche drei Dinge würdest du aus deiner brennenden Wohnung retten?
Das Fotoalbum, das ich mit meiner besten Freundin zusammen gemacht habe, mein Handy und meinen Laptop. Alles, was Erinnerungen gespeichert hat, die man nicht einfach ersetzen kann.


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Wie sorgst du für dein Alter vor?
Letztes Jahr habe ich in die dritte Säule einbezahlt. Mein Vater hat mir dazu geraten und ich denke, dass ich das später gut gebrauchen kann, wenn ich mal ein Haus bauen oder kaufen möchte.

Wofür gibst du im Alltag Geld aus?
Wenn ich am Wochenende in den Ausgang gehe, gebe ich schon mal 100 Franken aus. Ich gehe aber nicht jedes Wochenende feiern. Unter der Woche geht das meiste fürs Mittagessen drauf. Das sind dann schon um die 70 Franken pro Woche. Alle zwei Wochen tanke ich mein Auto voll, was mich jedes Mal rund 60 Franken kostet.

Spendest du Geld für etwas?
Ich habe mich einmal überreden lassen, für Wasser und Brunnen in Drittweltländern zu spenden. Dafür habe ich vier Jahre lang 20 Franken im Monat gespendet, bis die Organisation meine monatliche Spende ungefragt erhöht hat. Das fand ich nicht sehr fair und deshalb habe ich mich von dieser Organisation distanziert.

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