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Forschende rekonstruieren Tag 1 der Katastrophe, als die Dinos ausstarben

Ein Krater am Meeresboden erzählt von den ersten 24 Stunden nach dem Einschlag eines gigantischen Asteroiden.
Eine Illustration zeigt einen Asteroiden, der auf die Erde trifft
Foto: Getty Images/Puchan

Es hätte ein ganz normaler Tag für die Dinosaurier werden können – Pflanzen futtern, Eier ausbrüten, schlafen, was Dinos eben so machen –, aber es kam anders. Ein gigantischer Asteroid schmetterte mit 24 Kilometern pro Sekunde auf die Erde und verursachte eine Explosion mit der Kraft einer Milliarde Atombomben.

Für die meisten Tiere war es der Untergang, selbst wenn sie den Einschlag überlebten. Wolken verdunkelten den Himmel, drei Viertel der Tiere und Pflanzen auf dem Planeten starben. Heute, 66 Millionen Jahre nach diesem apokalyptischen Ereignis, haben Forschende das Material untersucht, das sich innerhalb der ersten 24 Stunden im Einschlagskrater des Asteroiden abgelagert hat.

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Sean Gulick, Forschungsprofessor für Geophysik an der University of Texas, hat mit seinem Team anhand des uralten Gesteins den ersten Tag des Erdzeitalters nach den Dinosauriern rekonstruiert. Es ist das Känozoikum, das bis heute andauert und auf das Mesozoikum folgte. Am 9. September veröffentlichten die Forschenden ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences.

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Sean Gulick und Koautorin Joanna Morgan mit Bohrkernen | Foto: The University of Texas at Austin Jackson School of Geosciences

Das Gestein stammt aus dem Chicxulub-Krater, er hat einen Durchmesser von 180 Kilometern und befindet sich tief unter der mexikanischen Yucatán-Halbinsel. Da er unter Sedimentgestein liegt, ist der Krater sehr gut erhalten. Teile des Kraters wurden schon früher untersucht, doch Gulick und sein Team waren die ersten, die in den sogenannten Zentralberg des Kraters bohrten – das ist ein erhöhtes Plateau mitten im Krater.

Von dem Zentralberg versprachen sich die Forschenden besonders gute Erkenntnisse über die Ereignisse unmittelbar nach dem Einschlag. Sie gingen davon aus, dass er durch die Erdbeben nach dem Einschlag weniger stark beschädigt wurde. "Dank dem Material, das wir vom Ground Zero bergen konnten, haben wir ein genaueres Bild des Hergangs", schreibt Gulick in einer Pressemitteilung. "Wir sehen darin die Vorgänge nach dem Einschlag aus der Perspektive eines Augenzeugen."

2016 leitete Gulick eine wissenschaftliche Bohrmission im Zentralberg. Von einem Boot namens Liftboat Myrtle aus holte das Team Proben aus einer Tiefe von bis zu 1.300 Metern unter dem Meeresboden. Die zutage geförderten Proben, sogenannte Bohrkerne, offenbarten die Folgen des Einschlags: Er entfachte Waldbrände in Tausenden Kilometern Entfernung und löste einen kolossalen Tsunami aus, der die Überreste verbrannter Ökosysteme zurück in den Krater schwemmte. Der Zentralberg wuchs innerhalb von 24 Stunden auf 130 Meter Höhe an und besteht zum Teil aus der Asche dieser vernichteten Lebensräume.

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"Innerhalb eines Tages lagerte der Tsunami Material von entfernten Küsten ab, darunter Holzkohle", schreiben die Forschenden. "Die Holzkohle stammt höchstwahrscheinlich aus der vom Einschlag ausgelösten Verbrennung von Waldlandschaften um den Golf von Mexiko." Die Region um den Krater herum sei schon damals maritim gewesen, die Holzkohle musste also von weither kommen.

Dinosaurier in Küstennähe fingen also vermutlich Feuer, als der Asteroid einschlug. Dann wurde das, was noch von ihnen übrig war, von der Monsterwelle Hunderte Kilometer weit in die Einschlagzone gespült und lagerte sich am Meeresboden ab. Nicht alle Lebewesen hatten einen derart schnellen Tod. Wer nicht blitzschnell verbrannte, musste in einer Welt mit verdunkeltem Himmel und massivem Temperatursturz überleben, beides vermutlich verursacht durch riesige Mengen Sulfat-Aerosole.

Gulicks Team fand kaum Ablagerungen mit einem hohen Schwefelanteil an der Einschlagstelle. Das spricht für die Theorie, dass schwefelhaltige Stoffe wie Sulfate als Gas in die Atmosphäre verschwanden, als der Asteroid einschlug. Zahllose Lebewesen überlebten also den Feuersturm und die Sintflut, nur um in diesem harschen, neuen Klima zu sterben.

Diese Phase bezeichnet Gulick als "den wahren Killer": Nur durch den Effekt auf die Atmosphäre sei es zu dem weltweiten Massensterben gekommen. Der erste Tag nach dem Einschlag des Asteroiden war also nur der Anfang vom Ende.

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