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Monatsbudget

Eine Schweizer Flugbegleiterin erzählt, wofür sie ihr Geld ausgibt

Emma bekommt monatlich 3.500 Franken Lohn. Ihren Job liebt sie trotzdem über alles.
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In unserer Serie 'Monatsbudget' zeigen Menschen aus den verschiedensten Schichten und Lebensrealitäten der Schweiz, wofür sie ihr monatliches Einkommen ausgeben. Flugbegleiterinnen haftet seit jeher ein Hauch von Glamour an. Heute in Zürich, morgen in Amsterdam und übermorgen in Singapur, übernachten sie in den chicsten Hotels, ständig auf Achse und immer den neusten Trends auf den Fersen. Die Realität stimmt mit diesem Bild in einigen Punkten tatsächlich überein. Aber nicht in allen.

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Wir haben am Flughafen Zürich mit einer jungen Zürcherin gesprochen, die als Stewardess in Vollzeitanstellung rund 3.500 Franken pro Monat verdient. Für viel Glamour reicht das nicht. Die 23-Jährige hat uns erzählt, wieso sie ihren Job trotzdem über alles liebt. Weil sie ihre Anstellung nicht gefährden möchte, möchte sie ihren richtigen Namen nicht preisgeben, nennen wir sie also Emma.

VICE: Wieviel verdienst du pro Monat?
Emma: Der Basislohn bei einer Vollzeitanstellung und einer zusätzlichen Fremdsprache – ich spreche noch Französisch – ist rund 3.500 Franken, dazu kommen noch verschiedene Pauschal- und Tagesspesen in der Höhe von etwa 600 Franken pro Monat. Und die Airline übernimmt natürlich die Kosten für die Hotels bei Aufenthalten im Ausland und stellt die Uniform zur Verfügung und reinigt diese auch.

Arbeitest du zudem nebenbei?
Ja. Ich habe Journalismus studiert und schreibe hin und wieder für verschiedene Medien. Und drei bis viermal im Monat arbeite ich zudem bei einer Cateringfirma. So kommen pro Monat noch einmal etwa 300 Franken zusammen.

Das sind also total brutto etwa 3.800 Franken pro Monat, ohne Spesen. Kannst du damit alle deine Fixkosten decken?
Ja, das geht für mich gut. Ich wohne aber glücklicherweise mit zwei Mitbewohnern in einer sehr günstigen Genossenschaftswohnung in Zürich. So bezahle ich nur 417 Franken für mein Zimmer. An mein ÖV-Abo bezahlt die Airline etwas, und auch mein Handy-Abonnement bekomme ich dank der Airline vergünstigt und bezahle nur 27 Franken pro Monat. Dazu kommen natürlich noch die üblichen Fixkosten wie Krankenkasse und Versicherung. Und ich habe ein Auto, das ich eigentlich fast nicht brauche, das aber halt auch etwas kostet.

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Hast du dich bereits um deine Altersvorsorge gekümmert?
Nein, noch nicht. Ich bin ja auch erst 23. Mein Versicherungsberater hat mich natürlich auch schon darauf angesprochen. Ich will aber noch einmal studieren und reisen, und spare im Moment auf das hin.

Flughäfen sind das Shoppingparadies schlechthin. Als Flight Attendant bist du ja sicher an der Quelle der besten Schnäppchen, Shops und Duty-Free-Bereichen.
Ja, das wäre ich eigentlich. Ich shoppe aber überhaupt nicht gerne und es kommt selten vor, dass ich im Duty-Free abhänge. Ich habe aber schon Kolleginnen, die sich super auskennen, an welchen Flughäfen welche Shops sind, und wo es die besten Angebote gibt. Das einzige, was ich nutze, ist unser On-Board-Duty-Free-Shop, bei dem wir als Mitarbeiter Rabatt haben. Für Zigaretten lohnt sich das.

Wenn du nicht shoppst, womit verbringst du gerne deine Zeit während der Aufenthalte zwischen zwei Flügen?
Ich sehe mir die Städte an. Ich bin gerne unterwegs und überlege mir immer bereits im Vorfeld, was ich mir anschauen könnte. Für Ausflüge während meiner Aufenthalte gebe ich wohl am meisten Geld aus. Ich versuche aber auch immer irgendjemanden aus der jeweiligen Stadt zu treffen und habe mittlerweile Freunde auf der ganzen Welt. Am liebsten fliege ich nach Tel Aviv, das ist meine absolute Lieblingsstadt. Ich war sicher schon zwanzig Mal dort und habe mittlerweile einen richtigen Freundeskreis, den ich jeweils während meiner Zeit zwischen den Flügen besuche.

Schuhe speziell für Flugbegleiterinnen gibt es in verschiedenen Geschäften am Flughafen. Sonst shoppt die 23-Jährige aber wenig am Flughafen oder im Duty-Free.

Fliegst du überhaupt noch privat?
Ja, sehr viel! Wir kriegen Vergünstigungen auf Flüge und insbesondere letzten Sommer habe ich das intensiv genutzt. Ich war also beispielsweise drei Tage mit der Airline in Sao Paulo, flog am Tag meiner Rückkehr noch privat nach Tel Aviv, kam wieder heim nach vier Tagen, nur um am gleichen Tag wieder nach Singapur zu fliegen. Das tönt vielleicht anstrengend, ich habe dieses Leben aber geliebt. Ich habe aber selber gemerkt, dass ich etwas bremsen muss, weil ich die vielen Eindrücke und tollen Erlebnisse gar nicht mehr richtig verarbeiten und schätzen konnte. Fliegst du Business oder Economy?
Ich buche Economy. Ich muss aber ehrlich sagen, dass ich oft auf Business upgegradet werde – wenn es Platz in der Business hat, werden Kolleginnen und Kollegen gerne mal nach vorne genommen. Ich würde dafür aber nie so viel mehr bezahlen, das Fliegen ist für mich trotz allem nur ein Mittel zum Zweck. Was ist für dich Luxus?
Alles tun können, was ich will, ohne mir überlegen zu müssen, ob ich mir das auch leisten kann. Wofür gibst du nicht gerne Geld aus?
Für Verkehrsbussen. Das ärgert mich immer. Und für die Krankenkasse. Die Prämien sind so hoch und wenn ich zum Arzt gehe, zahle ich doch noch einmal. Wofür gibst du zu viel Geld aus?
Für den Ausgang. Wenn ich nicht unterwegs bin, dann gehe ich gerne mit meinen Freunden feiern. Ich habe ja hier sonst keine Verpflichtungen, muss nicht lernen oder so. Dann feiere ich zwischen meinen Flügen gerne mal drei Tage durch. Und das kostet schon einmal 200 Franken pro Wochenende. Wofür gibst du am liebsten Geld aus?
Für Essen. Ich liebe es, mit Freunden schön und häufig auswärts zu essen. Gerade in Tel Aviv kann man das besonders gut. Sparst du auf etwas Besonderes?
Im Moment spare ich, um mir einen Master-Studiengang in London finanzieren zu können. Ich versuche jeden Monat 1.000 Franken auf die Seite zu legen. Und ein bisschen spare ich auch auf eine Vespa. Das ist aber eher Zukunftsmusik. Ist das Fliegen für dich nur ein Übergangsjob und hoffst du, irgendwann eine Stelle zu haben, bei der du mehr verdienst?
Ich weiss nicht. Ich liebe den Lifestyle über alles. Auch wenn ich eigentlich weiss, dass wir vergleichsweise wenig verdienen und es sehr wenig ist, um sich in der Schweiz ein Leben aufzubauen, lohnt es sich für mich trotzdem. Ich bin gerne so viel unterwegs und ich kann mir meinen Lebensstil mit meinem Lohn gut finanzieren. Ich hoffe deshalb, dass ich auch nach meinem Studium Teilzeit wieder als Flugbegleiterin arbeiten kann. Folge VICE auf Facebook und Instagram.