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Bier direkt aus dem Tank ist der neueste Craft Beer-Trend

Letzen Monat eröffnete die erste ‚Tankbierbar' Großbritanniens in London. Dort wird das Bier direkt von speziellen Tanks ins Glas eingeschenkt, wodurch es besonders frisch bleiben soll.

Der neueste Craft Beer-Trend verspricht vor allem eins: frischeres Bier, als du je getrunken hast.

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Wie der Name verrät, wird das Getränk direkt von speziell angefertigten Tanks, in denen das Bier intakt bleiben soll, ins Glas eingeschenkt. Vergangenen Monat wurde Großbritanniens erste Tankbar im Ostlondoner Stadtteil Hackney Wick von der unabhängigen Mikrobrauerei Howling Hops eröffnet.

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Brauer in der Howling Hops-Mikrobrauerei in London. Alle Fotos von Stephanie Galea.

„Man kann natürlich eine Flasche frisches Lager trinken, aber ein Tankbier ist noch einmal eine ganz andere Erfahrung", sagt Adrian Tierney-Jones, ein Journalist, der über Bier schreibt. „Für mich ist Tankbier eine tolle Art, Bier direkt von der Quelle zu genießen, genau so wie es serviert werden sollte. Es tanzt förmlich auf dem Gaumen. Es ist spritzig und erfrischend. Man fühlt sich einfach näher an der Brauerei dran, als wenn man Bier aus der Flasche oder vom Hahn trinkt."

Anstatt am Brauprozess selbst rumzubasteln, ist das fertige Produkt aufgrund der Art, wie es zur Bar transportiert wurde, so frisch. Sobald das Bier fertig gebraut ist, wird es in den Tank gefüllt, von dem es auch gezapft wird. Es legt also den kürzestmöglichen Weg unter dem geringstmöglichem Eingriff vom Produzenten zum Endkonsumenten zurück.

Tankbier ist das, was in der Welt der Biere am ehesten an Biolandwirtschaft herankommt, weil das Bier nicht behandelt wird und keine chemischen Zusatzstoffe enthält. Darin liegt die Magie.

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Braukontrolle im Howling Hops.

Die meisten von uns haben sich an Bier als fast ewig haltbares Getränk gewöhnt. Man kauft sich eine Kiste im Supermarkt und lagert sie, so lange man möchte. Die für die Massen produzierten Marken pasteurisieren ihr Bier, damit es lange hält. Dafür wird es für Fässer auf 73°C, für Flaschen und Dosen auf 60°C erhitzt. Jegliche Bakterien werden so eliminiert, aber manche finden, dass das für das Aromaprofil wie eine Abrissbirne ist und dem Bier einen „gekochten" Geschmack verleiht.

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„Letzten Endes ist Bier ein lebendes Produkt, das man so frisch wie möglich konsumieren sollte", sagt Tierney-Jones. „Bei einem Lager, beispielsweise, gilt, je frischer es ist, desto mehr Nuancen schmeckt man heraus."

So gesehen ist Tankbier vielleicht die Spitze des Craft-Ethos. Im Fall von Howling Hops befindet sich die Brauerei auf dem gleichen Gelände, wo auch die Kunden bedient werden, alles kommt also aus einer einzigen Quelle. Sobald das Bier fermentiert wurde, wird jede Ladung direkt in einen der zehn Chromstahltanks gefüllt, die sich majestätisch hinter der Bar mit jeweils einem speziellen Logo auftürmen.

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Bei der Umfüllung wird besonders darauf geachtet, dass kein Kontakt mit den Elementen besteht, damit das Produkt so rein wie möglich ist: nicht pasteurisiert, keine chemische Verpackung und minimale Transportzeit (nur ein paar Stunden zwischen Brauerei und Bar).

Wie Tim, einer der Brauer von Howling Hops, erklärt, macht die Nähe den Unterschied aus.

„Bars und Clubs kaufen ihr Bier von woanders und die Schritte dazwischen wirken sich auf das Bier aus. Durch unseren Ansatz ist das Bier so frisch wie möglich. Es wird direkt gemacht und die Kunden trinken es 15 Meter davon entfernt."

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An dem Tag, an dem ich Tim besuche, ist der heißeste Sommertag seit langem. Von der brühend heißen Sonne trete ich in die Bar ein. Die Einrichtung gibt mir das Gefühl, in einem post-industriellen Western gelandet zu sein. Als ich die Tankbiere aber probiere, verschwindet dieses Gefühl aber schnell wieder, stattdessen werde ich in die erlösende letzte Szene von Eiskalt in Alexandrien transportiert.

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Und wie man erwarten würde, schmeckten alle Biere außergewöhnlich frisch.

Wir legen mit dem Rye Wit los, dessen Leichte und Süße den perfekten Kontrast zur Hitzewelle bildet. Das Smoked Porter ist mit seinen Speck- und Schokoladennoten ein bisschen weniger passend, und das Black XX erinnert ein bisschen an kalten Cappuccino—auf positive Art.

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Hinter der Bar im Howling Hops.

Ein oder zwei waren nicht gerade überragend, besonders das Pale Ale Custom Deluxe, das trotz seines exotischen Namens fad und vorhersehbar schmeckte. Aber der Reiz von Tankbier ist unschwer zu erkennen, auch wenn man kein Bier-Connaisseur ist. Howlings Hops' Produkte aus den Tanks haben eine unabweisbare Lebendigkeit. Fast jedes Bier, das ich probierte, war zu allererst erfrischend, bis man die jeweils unterschiedlichen Aromen schmeckt.

Neben der Qualität der Biere lohnt sich ein Besuch in der Tankbar schon nur wegen der Bottiche. Schnickschnack, könnte man argumentieren, aber zumindest Schnickschnack, der ziemlich cool aussieht und zudem eine wunderbare visuelle Darstellung der Philosophie, die hinter all dem steht, ist.

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Tankbier wird zwar immer beliebter, aber gerade in Großbritannien läuft die Sache nur langsam an. Die Meantime Brewing Company und ein paar andere Kleinbrauereien mit Schenken haben das Konzept für sich entdeckt, aber trotzdem ist es noch lange nicht so ein Trend wie beispielsweise in der Tschechischen Republik, wo es überall tankovna (Tankbars) gibt.

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Wenn man Tankbier richtig machen will, ist es eine Herzensangelegenheit, wie auch die Brauer von Howling Hops bezeugen. Man muss alles sehr genau planen und benötigt logistisches Know-How, damit alles klappt. Und Geld.

Deshalb ist es fraglich, ob der Trend sich weiter ausbreiten wird.

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„Wenn man im großen Stil produziert, sehe ich nicht wirklich einen Nutzen, weil die logistischen Kosten einfach nur horrend wären", erklärt der Bier-Journalist Pete Brown. „Ich glaube nicht, dass das das nächste große Ding wird, es wird auf jeden Fall eine Nische bleiben. Es ist eine Seite der Craft Beer-Welle, auf der wir gerade reiten. Für mich ist es eine Stufe über Bars, die ihr eigenes Bier herstellen."

Auch Tim von Howling Hops sieht die Zukunft der Craft Beer-Bewegung eher in der steigenden Anzahl an Bars mit eigenen Brauereien.

„Diese Art des Ausschanks funktioniert nur, wenn man das Bier am gleichen Ort braut und ausschenkt", sagt er. „Es ist eine Herzensangelegenheit, aber das Endresultat ist es wert."