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Studie

Salat ist doch nicht umweltschädlicher als Bacon

Kommando zurück! Anscheinend ist Salat doch nicht so umweltschädlich, wie uns eine Studie letzte Woche weismachen wollte. Egal ob Fleisch, Obst oder Gemüse, die Menge ist entscheidend.
Foto von Jennifer via Flickr

Letzte Woche gab nach dem kürzlichen Wurstgate fast ein Bacongate. Auf jeden Fall war es zunächst ein kleiner Triumph für alle Bacon-Fans. Fast schon zu schön, um wahr zu sein.

Eine Studie der Carnegie Mellon University in Pittsburgh hatte mit einem etwas provokativen Statement für viel Aufsehen gesorgt. In der Presseerklärung zur Studie hieß es: In Bezug auf die Treibhausgasemissionen ist Salat umweltschädlicher als Bacon.

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Einer der Autoren, Paul Fischbeck, sagte sogar: „Durch Salat entstehen drei Mal mehr Treibhausgasemissionen als durch Bacon. Viele Gemüsesorten verbrauchen pro Kalorie mehr Ressourcen, als wir zunächst denken."

In der Studie haben die Wissenschaftler untersucht, inwiefern die Ernährungsweise Einfluss auf die Umwelt hat. Ihren Untersuchungen zufolge würden die Treibhausgasemissionen um 9 Prozent zurückgehen, wenn die Amerikaner 320 Kalorien pro Tag weniger essen würden. Wenn man sich aber an die Ernährungsempfehlungen der US-amerikanischen Behörden halten würde—nämlich mehr Obst, Gemüse und Fisch sowie fettarme oder fettfreie Milchprodukte—dann würden bei gleichem Kalorienverbrauch die Treibhausgasemissionen um 11 Prozent steigen. Selbst bei weniger Kalorien wären es immer noch 6 Prozent mehr.

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Michelle Tom, Doktorandin an der Carnegie Mellon University und Mitautorin der Studie, erklärt: „Laut den Behörden essen die US-Amerika zu viel Zucker und Fett, aber zu wenig Obst, Gemüse und Milchprodukte. Letztere erzeugen pro Kalorie allerdings mehr Emissionen als Zucker, Fett und Öle." Und genau darum geht es den Autoren der Studie: Wenn man die Ernährungsempfehlungen befolgt und auf Zucker, Fett und Öle verzichtet, dann würden die Treibhausgasemissionen steigen.

Doch der Vergleich zwischen Salat und Bacon hinkt, so Brent Kim von der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health. Das Problem: In der Studie wurden Treibhausgasemissionen pro Kalorie verglichen. Jedes Essen hat aber eine unterschiedliche Kaloriendichte.

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Nehmen wir zum Beispiel 100 Gramm Schweinefleisch: Es wäre unwahrscheinlich, dass jemand versuchen würde, dieselbe Kalorienmenge nur mit Salat zu sich zu nehmen. Laut Brent Kim müsste man dafür mehr als zwei Salatköpfe essen.

Wenn man also die CO2-Emissionen von Bacon und Salat vergleicht, ist das wie ein Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen. Brent Kim meint zudem, dass uns verschiedene Produkte mit unterschiedlichen Nährstoffen versorgen: Fleisch mit Eiweiß, Gemüse mit Ballaststoffen. Deswegen kann man beides überhaupt nicht direkt miteinander vergleichen. Für ihn ist das sogar „ein ziemlich unrealistischer Vergleich".

In der Studie der Carnegie Mellon University heißt es, dass „Salat ungefähr drei Mal soviel Emissionen pro Kalorie erzeugt" wie Schweinefleisch. Aber statt Kalorien könnte man sich auch die einzelnen Portionen ansehen. Wenn man das nämlich einmal grob durchrechnet, sagt selbst Michelle Tom, dass Salat „weniger emissionsreich" als Schweinefleisch ist. Sie betont außerdem, dass Gemüse wie zum Beispiel Spinat, Kürbis, Karotten und Brokkoli auf der Emissionsskala weit unten liegen.

Paul Fischbeck stellte zudem klar, dass es in der Studie um Schweinefleisch allgemein, nicht nur um Bacon geht: „Ob Bacon mehr Emissionen erzeugt als Schweinefleisch wäre eine weitere interessante Frage, die auch nach unserer Pressemitteilung aufgekommen ist. Aber da ist sich die Wissenschaft nicht einig."

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Allgemein erzeugt Fleisch von Wiederkäuern—Kühe, Ziegen, Schafe—die meisten Emissionen. Wenn man weniger Fleisch und Milchprodukte konsumiert und seine Ernährung pflanzenbasierter gestaltet, so Brent Kim, ist das auch für das Klima besser. Gemüse insgesamt ist emissionsärmer als Fleisch, selbst wenn man sich die Emissionen pro Kalorie anguckt. Das sagt auch die Studie der Carnegie Mellon University.

Martin Heller, Forscher am Center for Sustainable Systems der University of Michigan beschäftigt sich mit dem Umwelteinfluss unseres Essens. Er stimmt Brent Kim zu: „Studien in diesem Bereich haben alle gezeigt, dass fleischhaltige Produkte die Umwelt stärker beeinflussen als rein pflanzenbasierte." Aber auch mit Fleisch kann man der Umwelt etwas Gutes tun, so Martin Heller, indem man seinen Fleischkonsum allgemein einschränkt und sich für Hühnchen statt Rind entscheidet. So können Treibhausgasemissionen gesenkt werden.

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Umweltschützer David Tilman, Professor an der University of Minessota, untersucht den Einfluss der Landwirtschaft auf die Umwelt. Er sagt, dass die Landwirtschaft insgesamt—also auch Faktoren wie die Aufbereitung der Felder, Wiederkäuer wie zum Beispiel Kühe, der Einsatz von Dünger und der Kraftstoff für die Traktoren—zu circa 30 Prozent aller Treibhausgasemissionen weltweit beiträgt. Er veröffentlichte 2014 eine Studie in der Zeitschrift Nature, die sich mit dem gesundheitlichen Nutzen und dem Umwelteinfluss verschiedener Ernährungsweisen auseinandergesetzt hat. Am wenigsten Emissionen entstanden im Vergleich zur „Standard-Ernährungsweise" bei einer vegetarischen Ernährung.

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Was beim Thema Ernährung schon lange bekannt ist, so Tilman: Ungesundes Essen mit viel Zucker und Fett ist weniger umweltschädlich.

Für ihn ist die Studie der Carnegie Mellon University eine „nette Untersuchung, die gut durchgeführt wurde". Den Bacon-Salat-Vergleich hält er jedoch für unsinnig. Für ihn sind Rindfleisch und Lamm am umweltschädlichsten, wenn man sich die Emissionen anguckt. Gemüse wie Hülsenfrüchte, Erbsen und Bohnen sind hingegen vollkommen OK.

„Wir müssen hier auch vernünftig bleiben", so Tilman. „Wir wollen den Menschen helfen, ein besseres Leben zu führen und sich gesünder zu ernähren. Gleichzeitig wollen wir auch unsere Umwelt schützen.Und das kann man durch verschiedene Ernährungsweisen tun. Aber immer gilt: Man sollte weniger konsumieren, insbesondere rotes Fleisch."

Dieser Artikel erschien zuerst bei VICE NEWS.

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